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"Solche Erlebnisse vergisst man nicht so schnell"

An Tagen wie diesen.

Vor dem Spiel schallte der Song der „Toten Hosen“ als Gipfel der Vorfreude auf die Rückkehr des Oberösterreich-Derbys durch die Lautsprecher. Nach 120 packenden Minuten zwischen der SV Ried und dem LASK durfte diese Hymne auch sinnbildlich für den ÖFB-Samsung-Cup wiederholt werden.

„Wir haben für eine riesengroße Cup-Werbung gesorgt“, hielt Georg Harding nach dem 1:2 nach Verlängerung bei den Innviertlern fest. Und der Mittelfeldspieler sprach damit allen aus der Seele.

Während die Viertelfinal-Paarungen am Dienstag noch unter dem Motto „Bonjour Tristesse“ standen – 1512 Fans bei Wacker-Salzburg – zeigte vor allem diese Partie, was im „Problem-Bewerb“ steckt.

Emotion und Spannung

Freilich half die Wiederkehr des Duells der Lokal-Rivalen mit, dass die Rieder Arena mit 7000 Fans zum ausverkauften Hexenkessel mutierte. Doch auch das Spiel hätte sich den Zuspruch verdient.

Nicht des Niveaus, sondern der typischen Eigenschaften wegen: Der Underdog kämpfte heroisch und kratzte gegen den haushohen Favoriten in Unterzahl an der Riesen-Sensation. Was will man mehr?

„Es war ein Wahnsinns-Fight“, brachte es Harding, der 120 Minuten unermüdlich lief, auf den Punkt. Der Drittligist brachte den Tabellensechsten der Bundesliga mit einem Mann weniger zum Wanken.

Der LASK spielte deswegen in Unterzahl, weil Takougnadi früh Gelb-Rot (28.) sah, kämpfte aber bis zuletzt erbittert, um Sekunden vor Ende der regulären Spielzeit den Ausgleich zu erzielen.

„Das ist Fußball!“

Der Top-Torschütze der Regionalliga Mitte, Radovan Vujanovic (Hier zu seiner Story), hatte die letzte Chance genützt. Der Stürmer, vorne zumeist alleine auf weiter Flur, stand für die Unermüdlichkeit.

„Ich liebe es einfach, vor vollem Stadion zu spielen. Das ist Fußball! Und mir wäre es lieber, wenn auch mehr Fans zu uns kommen. Das hat sich diese Mannschaft einfach verdient“, so der 31-Jährige.

Mario Hieblinger schlug in dieselbe Kerbe: „Das ist wirklich eine tolle Truppe.“ Der LASK-Kapitän fiel rund um die 100. Minute wegen einer Oberschenkel-Verletzung aus, Trainer Karl Daxbacher konnte nicht mehr wechseln. So musste der Außenseiter die restlichen 20 Minuten gar zu neunt bestreiten.

„Und beim 1:2 wäre eigentlich Hieblinger dort gestanden, das ist natürlich ganz bitter“, merkte Vujanovic zum Siegtreffer von Marco Meilinger an. Die viele Arbeit blieb am Ende unbelohnt.

„Letztendlich bin ich enttäuscht, weil auch ich hoffte, ins Elferschießen zu kommen. Mir hat es aber innerlich Freude bereitet, wie die Jungs gekämpft und daran geglaubt haben“, meinte Daxbacher, der in der allerletzten Minute auch noch Keeper Pavao Pervan mit einem Lächeln nach vorne beorderte.

Daxbacher lobte Team und Fans

„Es war ein tolles Auftreten der ganzen Mannschaft. Und das sind Erlebnisse im Fußball, die man nicht so schnell vergisst“, erhielt der LASK-Trainer trotz Niederlage doch irgendwie ein Geschenk zu seinem 60er am vergangenen Montag (Hier zum Interview). Die Fans dankten es dem Team würdig.

„Sie haben das Team nach einer Niederlage super gefeiert, das sieht man selten“, freute sich der Coach, der (im Gegensatz zu einem anderen Trainer) ob wichtigeren Aufgaben in der Liga ganz und gar nicht schonte.

„Warum soll man in dem Spiel nicht erfolgreich sein und dann wieder? Man spielt des Erfolges wegen und deswegen soll man es auch in jedem Spiel versuchen“, erklärte Cup-Liebhaber Daxbacher.

Ähnlich wie Wacker, das gegen den Abstieg in Liga zwei kämpft, haben auch die Linzer im Alltag eine existenziell-wichtige Aufgabe vor sich, geht es doch um den Wiederaufstieg ins Profigeschäft.

„Wir haben ein großes Ziel und das ist für den Verein natürlich wichtiger. Den Cup hat man jedes Jahr, aber ein zweites Jahr in der Regionalliga ist immer schwer“, spricht es Harding an, der das in Ried erworbene Selbstvertrauen aber sicherlich auch am Samstag in Klagenfurt gebrauchen kann.

Ried bleibt das Cup-Team der Stunde

An diesem scheitert es bei der SV Ried nicht, vor allem wenn es um den ÖFB-Cup geht. Zum vierten Mal en suite stehen die Innviertler in einem Cup-Halbfinale, die dritte Finalteilnahme in Folge winkt.

Die „Wikinger“ bleiben damit das Cup-Team der jüngeren Vergangenheit. „Es sieht ganz so aus, als wären wir das“, konnte Trainer Michael Angerschmid nach dem Zittersieg wieder lächeln.

„Wir nehmen den Cup auch sehr ernst, wir bereiten uns immer wie auf ein Bundesliga-Spiel vor. Auch wenn wir das eine oder andere Mal Glück hatten, das braucht man aber“, so der Ex-Profi.

An diesem Mittwochabend lag es aber weniger am Glück als mehr am sprichwörtlichen Verstand, dass sich die Innviertler das Leben selbst schwer machten. „Es geht einfach nicht, dass wir zwei Mal alleine vor dem Tor stehen und nicht treffen“, wies Angerschmid auf vergebene Riesenchancen hin.

„Immer dasselbe im Cup“

„Es ist immer dasselbe im Cup. Nach einer Führung wird nachgelassen und keiner weiß warum. Wir hatten die Chancen auf den Sieg nach 90 Minuten, kriegen aber ein dummes Gegentor“, ärgerte sich 1:0-Torschütze Robert Zulj, der früher in der Fußball-Akademie Linz spielte. Ried schnappte sich ihn.

„Ich freue mich über jedes Tor“, blieb der 20-Jährige anfangs diplomatisch, aber: „Ich wollte ihnen zeigen, dass die Linzer einen Fehler gemacht haben, mir damals keinen Vertrag zu geben.“

Auch wenn die Rieder schon bessere Partien boten, sie haben es einmal mehr in die nächste Runde geschafft. Da könnten sie als Los mit Pasching ein weiteres Top-Team der Regionalliga Mitte ziehen, allerdings auch die beiden Spitzenklubs der Bundesliga, Austria Wien und Red Bull Salzburg.

Während andere sich bei ihren Wunschgegnern zurückhalten, sagt es Manager Stefan Reiter in seiner rationalen Denkweise ganz offen: „Heimspiel gegen Pasching.“ Vielleicht kommt es wieder zu einem hochdramatischen Match mit einem Regionallisten, so wie am Mittwochabend.

Es wäre einmal mehr Werbung für einen spannenden Bewerb.

 

Bernhard Kastler