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"Mit kühlem Kopf und heißem Herzen"

„Vier Siege noch und die Wiener Viktoria spielt in der Europa League!“

Der Platzsprecher des Wiener-Liga-Klubs war völlig aus dem Häuschen.

Aber nicht nur er. Unmittelbar nachdem der Aufstieg ins Achtelfinale des ÖFB-Cups feststand, brachen in Wien-Meidling alle Dämme.

„Alkbottle“ und Bier

Soeben hatte der Viertligist den klaren Favoriten Kapfenberg niedergerungen. 2:2 nach regulärer Spielzeit, 3:3 nach Verlängerung, 4:1 im Elferschießen. Was am Dienstag-Nachmittag im 12. Bezirk geboten wurde, war ein Cup-Krimi wie er im Buche steht.

Und am Ende waren die vermeintlich Kleinen die ganz Großen.

Der Vorstand, angeführt von Klub-Präsident und „Alkbottle“-Frontmann Roman Gregory feierte am Rasen mit der Mannschaft, von der sich der ein oder andere schon den hochverdienten Schluck Bier gönnte.

„Mit kühlem Kopf und heißem Herzen“

Umringt von Fans, Nachwuchsspielern und den anwesenden Journalisten wurde indes der Trainer – Toni Polster. „Dieses Spiel war ein Wellental der Gefühle. Jetzt bin ich überglücklich“, sprach er.

Der Coach wurde gar philosophisch: „Man muss eine Sensation mit den Füßen und dem Herzen, nicht mit dem Mund schaffen. Die Jungs haben heute ihre Herzen in beide Hände genommen und sind vom Fußballgott dafür belohnt worden. Mit kühlem Kopf und heißem Herzen ist alles möglich.“

„Seine Ansprachen sind unglaublich“

Weniger gefasst wirkte da schon Bernhard Ungerböck. Der Mittelfeldspieler hatte im Spiel der Gastgeber die Fäden gezogen.

„Die spielen zwei Ligen über uns, sind letztes Jahr aus der Bundesliga abgestiegen. Da spielen ein Babangida, ein Standfest, ein Wolf. Das sind teilweise Kicker, die schon im Nationalteam gespielt haben“, so der Blondschopf mit stolzgeschwellter Brust.

Er hob Polsters Anteil an der Sensation heraus: „Seine Ansprachen sind unglaublich. Er impft uns wirklich Leidenschaft und Herzblut ein, sodass wir hinausgehen und Vollgas geben. Vielleicht haben wir spielerische Mängel oder sind nicht so kraftvoll wie die, aber wir haben einfach mit Herz gespielt. Und das ist der Anteil des Trainers. Natürlich trainiert er auch sehr gut und mit neuesten Methoden, aber das Größte, das er uns gibt, ist die Motivation und die Leidenschaft.“

KSV-Coach von Heesen entspannt

Während die Wiener feierten, wirkten die Gäste aus Kapfenberg bisweilen konsterniert. „Das war eine katastrophale Leistung von uns“, gab Joachim Standfest unumwunden zu.

Sein Trainer, Thomas von Heesen, nahm es lockerer: „Ich bin relativ entspannt.“ Der Deutsche hob hervor, dass sein Team – vor allem nach der ersten Spielhälfte – weitaus mehr Spielanteile hatte.

In seinen Augen war einzig die Chancenauswertung der „Falken“ das große Problem: „Wenn du zehn Tausendprozentige verballerst, brauchst du dich nicht zu wundern.Wenn wir unsere Chancen nutzen, gewinnen wir hier 7:2.“

Kein Geld für Altstars

Dem war aber nicht so, weshalb die Wiener Viktoria gespannt der Auslosung für die nächste Runde entgegenblicken darf. Wunschlos? Polster: „Ich würde mir für den Verein wünschen, dass es ein Erstligist wird, damit gute Einnahmen gemacht werden. Wir wollen das Geld nicht in Altstars, sondern in die Jugend investieren.“

Der Trainer des Viertligisten verabsäumte es bei all der Euphorie aber auch nicht, an das Tagesgeschäft zu erinnern. Dort steht am Wochenende der Post SV auf dem Programm.

Das wollte an diesem Dienstag aber niemand hören. Denn: „Vier Siege noch und die Wiener Viktoria spielt in der Europa League!“

Harald Prantl/Christian Eberle