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Rückbesinnung zum Neustart

Rückbesinnung zum Neustart

Dieser Mann bringt einen ordentlichen Vertrauensvorschuss mit nach Barcelona.

Wenn Luis Enrique am Mittwoch offiziell als neuer Trainer der Katalanen präsentiert wird, kann er sich sicher sein, dass ihm nicht nur die Klub-Verantwortlichen, sondern auch die Spieler und die Fans wohlgesonnen sind.

Nach einer überaus enttäuschenden Saison, in der der Trophäenschrank verschlossen blieb, hat sich Barca für einen Neustart auf der Trainerbank entschieden. Das kommt nicht weiter überraschend und war eigentlich schon vor dem Herzschlagfinale am letzten Spieltag fix.

Vertrag für zwei Jahre

Noch am Tag, an dem der Meistertitel mit dem 1:1 gegen das Sensationsteam von Atletico Madrid verloren wurde, erklärte Tata Martino seine Zeit in Katalonien für beendet. Am Montag wurde schließlich offiziell, dass Enrique einen Zweijahres-Vertrag als neuer FCB-Coach unterschrieben hat.

Der Neustart ist gleichzeitig eine Rückbesinnung. Martino konnte nie aus dem langen Schatten, den Pep Guardiola immer noch auf die Barca-Bank wirft, treten. Die Impulse von außen, die der Argentinier geben sollte, verpufften bzw. gingen in die falsche Richtung.

Nun soll ein Mann, der den Klub, seine Identität und Philosophie schon jahrelang gelebt hat, Barca wieder in die Spur bringen.

Schon einmal aus Peps Schatten getreten

Als Enrique noch aktiver Mittelfeldspieler war, stellte er im Sommer 1996 erstmals eindrucksvoll unter Beweis, dass er schwere Aufgaben nicht scheut – er wechselte ablösefrei von Real Madrid zum Erzrivalen nach Barcelona, wo er schließlich 2004 seine Karriere beendete.

2008 kehrte er als Trainer zum Klub zurück, um das B-Team vom beförderten Guardiola zu übernehmen.

Seine Erfolge mit den Barca-Talenten können sich sehen lassen: In der zweiten Saison führte der mittlerweile 44-Jährige die Truppe nach elf Jahren Absenz zurück in die zweite Liga, wo er im ersten Jahr mit Platz drei prompt zur Teilnahme am Aufstiegsplayoff berechtigt gewesen wäre, hätte es sich nicht um die zweite Mannschaft eines Profi-Klubs gehandelt.

Schwere Tage in Rom

Dass sich der 62-fache Internationale bei seiner ersten Aufgabe im Profi-Bereich schwer tat, sollte nicht überbewertet werden. 2011/12 verpasste der Spanier mit der AS Roma einen internationalen Startplatz.

In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass die Erwartungen an den jungen Coach und seine Römer Truppe nach der Klub-Übernahme einer US-Investmentgruppe rund um Thomas DiBenedetto im Nachhinein als völlig überzogen gelten müssen.

Enrique rieb sich in einer taktisch schwierigen Liga auf, kam in einer nicht gerade homogenen Truppe mit Superstar Francesco Totti nicht übermäßig gut zurecht und nahm teilweise mehr Schuld auf sich, als nötig gewesen wäre.

Ausrufezeichen in Galicien

Nach einem Jahr Auszeit engagierte schließlich Celta Vigo den Trainer. In Galicien bewies Enrique, dass er während seiner Zeit in der Serie A viel gelernt hat. Celta galt in der abgelaufenen Saison als ganz heißer Abstiegskandidat, doch das Gespenst konnte sehr rasch vertrieben werden.

Als der Verein in der neunten Runde das Heimspiel gegen Levante 0:1 verlor und unter den Strich rutschte, wurden zum einzigen Mal Spekulationen über eine mögliche Trainerablöse laut.

Die Mannschaft feierte in der darauffolgenden Runde einen eindrucksvollen 5:0-Sieg in Malaga und gab somit ein deutliches Statement für ihren Coach ab. Fortan galt Enrique de facto als unantastbar und beendete die Saison auf einem starken neunten Platz. Das letzte Ausrufezeichen war der 2:0-Heimsieg gegen Real Madrid am vorletzten Spieltag, womit die Titelchancen der „Königlichen“ begraben wurden.

Nun soll er frischen Wind in die Barca-Bude bringen. Das ist Enrique zuzutrauen. Zumal er als Trainer, der keine Innovationen scheut, gilt.

Dass ihm diese Aufgabe mit so mancher Neuverpflichtung noch zusätzlich erleichtert wird, gilt als ziemlich sicher.

Harald Prantl