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"Wir können überhaupt nicht an Fußball denken"

Nach den blutigen Krawallen mit über 70 Toten und rund 1.000 Verletzten nach einem Ligaspiel in Ägypten zwischen Al-Masry und Al-Ahli (3:1) am Mittwochabend verharrt die Fußballszene des Landes im Schockzustand.

Wie Premierminister Kamal El-Ganzouri bei der Krisensitzung des Regierungskabinetts am Donnerstag verkündete, wurde die gesamte Spitze des ägyptischen Fußballverbandes entlassen.

Spieler wie Al-Ahli-Stürmer Fabio Junior erhoben indes schwere Vorwürfe gegen die Sicherheitskräfte, andere wollen nicht länger Profi sein.

"Nie wieder Fußball"

Viele Spieler des Spitzenclubs Al-Ahli wollen sich nach den Ausschreitungen offenbar aus dem Profisport zurückziehen.

"Es ist vorbei. Wir haben alle den Entscheid getroffen, dass wir nie mehr Fußball spielen werden", erklärte Goalie Sharif Ikrami gegenüber dem privaten Fernsehsender ONTV.

Tote und Verwundete seien am Mittwochabend in die Umkleidekabine getragen worden.

"Da sind Leute vor unseren Augen gestorben", so Ikrami, der selbst bei den Krawallen verletzt wurde. Wie könne es möglich sein, da wieder Fußball zu spielen. "Wir können überhaupt nicht daran denken."

Brasilien als Zufluchtsort

Im Telefoninterview des Senders "SportTV News" berichtete der 29-Jährige Fabio Junior am Donnerstag von bedrohlichen Szenen.

"Wir waren in den Umkleidekabinen. Die Fans wollten rein, und es gab fast keine Sicherheitsvorkehrungen. Die ägyptische Polizei kümmert sich um nichts, für sie ist alles in Ordnung", kritisierte der Brasilianer, der nach den Ausschreitungen über eine vorzeitige Rückkehr in seine Heimat nachdenkt.

Er glaube, dass die Gewalt den ägyptischen Fußball zerstöre, sagte Fabio Junior. "Die Fans sind fanatisch, aber nicht wie in Brasilien, wo es auch Gewalt gibt, aber nicht mit so vielen Toten wie hier."

Spieler unter Attacke

Der Fußball-Profi schilderte, wie die Fans des gegnerischen Clubs Al-Masry in der zweiten Halbzeit immer wieder aufs Spielfeld rannten.

Nach dem Abpfiff hätten sie dann jeden angriffen, auch den Vereinsarzt und den Physiotherapeuten.

"Sie versuchten, in die Umkleidekabinen einzudringen und attackierten unseren Torwart." An den Krawallen waren Fans beider Clubs beteiligt.

Er habe Angst gehabt und dabei zuerst an seine Familie gedacht. "Aber Gott sei Dank, mir ist nichts passiert."

Er fügte hinzu: "Manchmal macht es Angst, in einem solchen Land zu leben. Ich hatte mich für hier entschieden, weil ich an die Zukunft meiner Familie dachte. Aber mit dieser Gewalt kann man nicht leben."

Afrika trägt Trauer

Der Präsident des afrikanischen Fußballverbands CAF, Issa Hayatou, zeigte sich indes geschockt über die Stadion-Krawalle.

"Afrikas Fußball ist in Trauer", sagte Hayatou laut dem Nachrichtendienst der südafrikanischen Regierung.

Beim Afrika-Cup in Äquatorialguinea und Gabun wird deswegen während der Viertelfinalspiele am Samstag und Sonntag jeweils eine Schweigeminute zum Gedenken an die Opfer von Ägypten eingelegt werden.