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"Ich bin offen für jeden Start in ein anderes Leben"

Am 29.10.1994 trat Raúl González Blanco erstmals in der Primera Division für Real Madrid gegen den Ball.

Im Alter von 17 Jahren stand er damals neben Fernando Hierro, Manolo Sanchis, Michael Laudrup, Luis Enrique, Fernando Redondo und Ivan Zamorano in der Startelf. Bei Real Saragossa setzte es für die Königlichen eine 2:3-Niederlage.

Nun, 21 Jahre später, geht die großartige Karriere Raúls zu Ende.

Der mittlerweile 38-Jährige kämpft mit seinem Klub New York Cosmos im Saisonfinish der zweitklassigen North American Soccer League (NASL) noch ein letztes Mal um eine Meisterschaft, eher er seine aktive Laufbahn beenden wird.

"Ich habe das vor zwei Monaten entschieden. Ich hätte zwar noch einen Vertrag für ein Jahr gehabt, aber es fühlte sich an, als wäre es richtig, nach dieser Saison aufzuhören", erklärt der Madrilene. "Ich dachte mir, es ist der richtige Zeitpunkt, um in neue Projekte zu investieren und mehr Zeit mit meiner Familie zu verbringen", so der Vater von vier Söhnen und einer Tochter.

Kampf um die letzte Meisterschaft

Davor geht es mit Cosmos noch ins abschließende Regular-Season-Spiel gegen die Tampa Bay Rowdies und danach, als Gewinner der Frühjahres-Saison, ins NASL-Semifinale. "Ich hoffe, dass wir in den nächsten drei Wochen finalisieren können, was wir uns zu Beginn der Saison vorgenommen haben. Wir haben hart gearbeitet und wollen die Meisterschaft gewinnen", will Raúl seiner imposanten Vita noch einen Titel hinzufügen.

Die Real-Legende blickt wohlwollend auf seine Karriere zurück. Immerhin konnte sie nicht nur unzählige Titel, sondern bei all ihren Stationen auch Sympathien gewinnen.

 

"Ich verlasse das Spiel in dem Wissen, den Traum eines Kindes gelebt zu haben", erläutert der Spanier, der festhält: "Ich habe in jedem Land, in dem ich gespielt habe, Freunde gefunden."

Offene Zukunftspläne

"Ich verlasse das Spiel im Einklang mit mir selbst und glücklich, weil ich eine Menge gewonnen habe. Ich hätte mehr gewinnen können, aber ich hätte auch alle Bewerbe verlieren können, die ich gewonnen habe", sieht es Raúl nüchtern und ist in der Retrospektive froh, von langfristigen Verletzungen verschont geblieben zu sein: "Ich bin dankbar."

Wie es künftig weitergehen wird, weiß das Stürmer-Idol selbst noch nicht. Erst einmal will sich der einstige Atletico-Jugendspieler zurücklehnen. "Ich bin offen für jeden Start in ein anderes Leben als das des Fußballers. Zu allererst heißt mein Projekt, hier mit meiner Familie zu leben", will er es sich zunächst weiterhin im Big Apple gut gehen lassen.

Mit einer Zukunft in einer anderen Fußball-Funktion beschäftigt sich Raúl im Moment nicht, die Nachfragen zu einer möglichen Trainer-Karriere kann er schon nicht mehr hören.

"Ich weiß nicht, warum mich jeder in die Trainer-Rolle drängen will", scherzt er. "Im Moment möchte ich einfach nur Elternteil sein und das Leben genießen. Wenn ich soweit bin, werde ich es sagen. Ich kann aber nicht über etwas sprechen, worüber ich nicht nachdenke."
 
Gemeinsamer Abschied mit Senna

Neben Raúl beendet auch ein langjähriger Weggefährte des Torjägers seine aktive Laufbahn bei Cosmos. Der gebürtige Brasilianer läuft bereits seit 2013 für die New Yorker auf und wird dem Klub weiterhin als Botschafter erhalten bleiben, auch wenn er sich entschieden hat, nach Spanien zurückzukehren.
 
"Ich weiß noch nicht genau, was ich machen werde, aber natürlich etwas, das mit dem Spiel zu tun hat", erklärt der 39-Jährige.
 
Der ehemalige spanische Nationalspieler war auch ein entscheidender Faktor für Raúls Wechsel in die USA. "Als ich entschieden habe, hierher zu kommen, habe ich das wegen zwei Menschen gemacht: Coach Giovanni Savarese und Marcos Senna", gibt Raúl zu. 
 
Senna ergänzt: "Für mich war es ein Privileg erneut mit ihm zusammen zu spielen. Wir hatten schon im Nationalteam die Chance und sind viele Male mit Real Madrid und Villarreal aufeinander getroffen. Wer hätte gedacht, dass wir unsere Karrieren zusammen beenden würden."
 
Auf die letzten Spiele freuen sich die beiden Evergreens jedenfalls noch. "Wir genießen es doch immer noch, richtig?", meint Senna zu seinem Kompagnon, der erwidert: "Das Beste kommt noch."
 
 
Christoph Kristandl