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Der Spätstarter

Der Spätstarter

Er sei ein bisschen verrückt, sagen sie in Italien über Alessandro Diamanti.

„Ich mache das ja nicht extra, ich bin seit der Geburt so. Es liegt in meiner Natur“, lacht er.

Wenn der Bologna-Profi mit dem pinken Fiat 500 seiner Frau am Trainingsgelände vorfährt und seinen „Tattoo-Fleckerlteppich“ auf den Unterarmen präsentiert, ist schnell klar, dass der 29-Jährige kein 08/15-Typ ist.

Seine Vorliebe für schnelle Autos – normalerweise fährt er einen Porsche – und seine extravaganten Frisuren werden oft kritisch beäugt. Zudem wird ihm vorgeworfen, nicht immer hart genug zu arbeiten.

„Am Feld war ich immer ruhig. Abseits davon habe ich stets getan, was zum Teufel ich wollte“, sagte er einmal.

Der erste Versuch in Bologna

Ganz so stimmt das allerdings nicht. Schon der Offensivspieler noch ein Teenager und aufstrebendes Talent beim AC Prato war, wäre er fast bei seinem aktuellen Arbeitgeber, dem FC Bologna, gelandet.

Im Nationalteam ist er hinter Montolivo "Trequartista" Nummer zwei

Die Kritiker verstummen

In Bologna, wo der Offensivmann seit Sommer 2011 kickt, ist er nun angekommen. Diamanti ist Kapitän und lässt vor allem in der laufenden Saison seine Kritiker verstummen.

Mit sieben Toren und zehn Assists ist er nicht nur an fast der Hälfte aller Bologna-Treffer beteiligt, er ist in der Scorer-Liste der Serie A auch auf dem fünften Platz zu finden.

Mit fast 30 Jahren scheint der meistgefoulte Spieler der Liga (durchschnittlich 4,4 pro Spiel) sein großes Potenzial tatsächlich regelmäßig abrufen zu können.

Doch noch zu einem Top-Klub?

Auch im Nationalteam ist der Teamkollege von ÖFB-Legionär György Garics Stammgast, auf der „Trequartista“-Position hinter Riccardo Montolivo aber die klare Nummer zwei.

Spät, aber doch, könnte der Mann mit dem Smiley-Tattoo auf der Wade und dem brillanten linken Fuß im Sommer doch noch bei einem Top-Klub seines Heimatlandes ankommen.

Inter Mailand hat bereits Interesse bekundet.


Harald Prantl

Der Klub organisierte extra ein Testspiel, um den Youngster ein letztes Mal unter die Lupe zu nehmen. Weil kein Schiedsrichter zugegen war, pfiff Alessandro Guidi, ein hochrangiger Offizieller des Klubs, die Partie.

Diamanti war über einige Fehlentscheidungen des Mannes aus der Bologna-Führungsetage derart erbost, dass er dem Transfer eine Absage erteilte.

„Jeder hat, wenn er jung ist, so seine drei, vier Jahre, in denen er in manchen Dingen ein bisschen übertreibt. Und ich habe sehr übertrieben“, meint er Jahre später.

Erst mit 24 in der Serie A

Sein Hang zum Divenhaften hat dem Toskaner einige Jahre auf hohem Niveau gekostet. Empoli, Fucecchio, Florentia Viola, AlbinoLeffe und wieder Prato – erst 2007, mit 24, lief er mit Livorno erstmals in der Serie A auf.

2008/09 bewies Diamanti dann, dass er richtig gut kicken kann. Mit 16 Toren schoss er Livorno zum sofortigen Wiederaufstieg, im Sommer schlug West Ham zu und bezahlte fast sieben Millionen Euro Ablöse.

In London wurde der Freistoß-Spezialist zwar zu einem der Publikumslieblinge, seine genialen Momente waren jedoch mit zu viel Leerlauf verbunden. Also ging es nach einem Jahr auf der Insel wieder zurück nach Italien – zu Brescia.