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"Ich werde im Training jetzt anders wahrgenommen“

Mit großen Ambitionen startete Georg Margreitter Ende August 2012 das Abenteuer Wolverhampton Wanderers.

Doch der Traum, seine Laufbahn auf der Insel weiter in Schwung zu bringen, entpuppte sich schnell als kleiner Albtraum.

Statt in der englischen Championship durchzustarten, warf den Vorarlberger eine Hüftverletzung aus der Bahn.

Zudem schlitterten die „Wolves“ in den Abstiegskampf, was zur Folge hatte, dass Trainer Stale Solbakken entlassen wurde.

Der nächste Rückschlag, war doch der Norweger ein Mitgrund, warum der 24-Jährige im Sommer seine Zelte bei der Wiener Austria abbrach und sich dem Premier-League-Absteiger anschloss.

Unter dem neuen Chefcoach Dean Saunders sah der Innenverteidiger zunächst kein Land, konnte aber aufgrund eines neu installierten Individual-Trainers seine Hüftprobleme in den Griff bekommen.

„Ich war noch nie so fit wie jetzt“, gesteht Margreitter und spricht im großen LAOLA1-Interview über die ersten Monate in England, die persönlichen Rückschläge, seine neue Hoffnung und seinen Ex-Verein Austria.

LAOLA1: Georg, wie geht es dir auf der Insel?

Georg Margreitter: Ich habe mich super eingelebt. Das Leben in England ist mittlerweile ganz normal für mich. Ich habe mich auch an die komischen Steckdosen und ans Linksfahren gewöhnt (lacht). Privat ist alles in Ordnung.

LAOLA1: Ist das Leben in England tatsächlich so, wie du es dir vorgestellt hast? Schließlich bist du ein großer Fan der englischen Kultur?

Margreitter: Ich war ja schon vor meinem Transfer öfters in Großbritannien. Daher wusste ich, was mich erwartet. Ich wohne jetzt so richtig englisch am Richmond Drive. Das ist eine ewig lange Straße, in der jedes Backsteinhaus so aussieht, wie das andere.

LAOLA1: Sportlich läuft es dafür alles andere als nach Wunsch. Bereits vor deiner Hüftverletzung im Herbst hattest du wenig Einsatzzeit (11 Minuten in der Liga, 180 im Cup). Zuletzt bist du überhaupt nicht mehr zum Zug gekommen. War deine Verletzung so etwas wie ein Knackpunkt?

Margreitter: Ich habe die Verletzung leider aus Wien mitgebracht, konnte bei der Austria zum Schluss auch nur mehr mit Schmerzmitteln spielen. Es ist schleichend gekommen und wurde immer schlimmer. Irgendwann habe ich dann gesagt, dass es nicht mehr geht. Der führende Hüftspezialist in England hat sich die Sache dann angesehen und mir seine Meinung mitgeteilt. Und bis jetzt ist alles so eingetroffen, wie wir das besprochen haben. Mittlerweile fühle ich mich topfit und habe keine Probleme mehr. Dafür mache ich aber auch jeden Tag meine Übungen und lasse mich behandeln.

LAOLA1: Ist es einfach so, dass man sich in England erst Stück für Stück einen Namen erarbeiten muss?

Margreitter: Definitiv. Ich habe am Anfang recht häufig mit Johnny Ertl telefoniert. Und er hat nur gelacht und mir geraten, ruhig zu bleiben. Er kennt die Situation. Bei ihm war es im ersten Jahr auf der Insel genauso. Es ist am Anfang ein Kulturschock. Der Fußball wird ganz anders wahrgenommen, als bei uns. Es war nicht einfach, sich auf das Ganze einzustellen. Aber wie schon erwähnt, ich komme damit immer besser zurecht.

LOALA1: Du klingst recht zuversichtlich. Was ist aber, wenn sich an deiner Reservistenrolle bis Sommer nichts ändert?

Margreitter: Vor zehn Tagen hätte ich wahrscheinlich auch noch ganz anders geklungen. In den letzten Tagen hat sich einfach viel verändert. Ich werde auch im Training ganz anders wahrgenommen. Daher mache ich mir natürlich Hoffnungen. Ausschließen möchte ich aber auch nichts. Es kann gut sein, dass ich im Sommer auf Leihe gehe. Das wird sich in den nächsten Monaten entscheiden. Fakt ist aber auch, dass dafür jetzt keine Zeit ist, sondern der Abstiegskampf oberste Priorität genießt. Und da ist jeder im Klub gefordert.

LAOLA1: Dein Ex-Klub Austria Wien nimmt indes Kurs auf den Meistertitel. Informierst du dich noch über die Bundesliga?

Margreitter: Ja natürlich, ich habe auch noch Kontakt zu dem einen oder anderen Spieler aus Wien. Ich fiebere auch noch mit, schließlich habe ich zu Beginn der Saison noch Spiele für die Veilchen absolviert. Ich kenne jeden einzelnen bei diesem Verein. Ich weiß, dass dort super gearbeitet wird. Alle arbeiten seit Jahren auf diesen Titel hin. Es ist noch ein langer Weg, aber verdient hätte es sich der Verein auf jeden Fall. Ich hoffe, dass alle locker bleiben und nicht verkrampfen und Ende Mai den Teller in die Höhe stemmen.

LAOLA1: Hat der Klub das Zeug, Meister zu werden?

Margreitter: Auf jeden Fall. Das haben sie in dieser Saison bereits mehrmals eindrucksvoll bewiesen. Ich traue es ihnen zu und drücke ihnen ganz fest die Daumen.

LAOLA1: Du hast zwei volle Saisonen in Wien-Favoriten verbracht. Ein Titel ist dir verwehrt geblieben. Wäre es für dich ironisch, wenn es ausgerechnet jetzt mit der Meisterschaft für die Violetten klappt?

Margreitter: Sie sollen den Titel holen. Ich habe im Sommer eine Entscheidung getroffen und stehe mit voller Überzeugung dahinter. Es sind jetzt erst sieben Monate von meinem Vier-Jahresvertrag verstrichen. Es kann noch so viel passieren.

LAOLA1: Würdest du bei einer etwaigen violetten Meisterfeier nach Wien kommen. Immerhin hast du deinen Beitrag geleistet und drei Partien absolviert?

Margreitter: Natürlich. Ich hoffe nur, dass es sich ausgeht, denn ich weiß nicht, wie es terminlich aussieht. Aber ich würde alles dafür tun, um dabei zu sein.

Das Gespräch führte Martin Wechtl

LAOLA1: In der Zwischenzeit wurde jedoch mit Stale Solbakken jener Trainer entlassen, der dich geholt hat.

Margreitter: Richtig. Und es war keine einfache Situation. Denn Trainer Solbakken war ein Grund, warum ich in die zweite englische Liga gewechselt bin. Er war der erste ausländische Trainer bei den Wolves und hat eine gewisse Spielphilosophie mitgebracht. Mir hat sein Stil getaugt, weil ich seine Art und Weise aus Kopenhagen und Deutschland gekannt habe. Deswegen war seine Entlassung bitter für mich.

LAOLA1: Wie ging es dann weiter?

Margreitter: Dean Saunders wurde recht schnell als neuer Chefcoach präsentiert. Und das war schon eine Umstellung. Ich hatte in meiner ganzen Profi-Karriere noch nie so ein hartes Training – und das tagtäglich. Er hat einen eigenen Fitnesstrainer mitgenommen, einen ehemaligen britischen Soldaten einer Eliteeinheit. Mit ihm arbeite ich auch noch nach dem Training eine Stunde lang zusammen. Ich bin also topfit. Der Coach hat aber ziemlich zu Beginn seiner Amtszeit gesagt, dass er in der Innverteidigung Leute sucht, die mindestens zwei Meter groß sind und die Bälle einfach aus dem Sechzehner schießen. Nur so stellt er sich einen Innenverteidiger in der Championship vor.

LAOLA1: Was ist dir danach durch den Kopf gegangen?

Margreitter: Das war natürlich ein Schock für mich. Es war ein richtiger Kulturschock und die Rückkehr zum alten Kick and Rush - das genaue Gegenteil zu Solbakkens Spielphilosophie. Es gab zuletzt aber ein einstündiges Gespräch mit  Saunders. Er sieht meine Qualität und überlegt, ob er mich zukünftig vor der Abwehr als „Sechser“ einsetzen wird. Er sagt offen und ehrlich zu mir, dass ich in der aktuellen Situation besser in der Premier League aufgehoben wäre. Ein Innenverteidiger in der zweiten Liga muss seiner Meinung nach fußballerisch nichts können. Ich bin also gespannt, was er in den nächsten Spielen machen wird. Momentan geht es bei uns aber nicht mehr um einzelne Personen, sondern um den Klub. Wir stecken hinten drinnen. Damit hat vor der Saison niemand nur annähernd gerechnet. Daher gilt, dass alle an einem Strang ziehen und wir Punkte sammeln. Es gibt nur noch zwölf Spiele. Niemand soll sich jetzt Gedanken machen, was im Sommer passiert.

LAOLA1: Deine Einstellung ist sehr löblich und loyal dem Verein gegenüber. Aber du bist sicher nicht nach England gegangen, um auf der Tribüne zu sitzen. Gibt dir das Gespräch mit Trainer Dean Saunders Hoffnung, dass du doch noch bei den Wolves durchstarten wirst?

Margreitter: Auf jeden Fall. Er hat mir versichert, dass er meine Entwicklung mitbekommt, dass er sieht, wie ich Woche für Woche robuster und stärker werde. Und so fühle ich mich auch. Das harte Training zahlt sich aus. Der Coach hält mich für einen sehr guten Fußballer. Er hat Zeit gehabt, mich genau unter die Lupe zu nehmen, denn er hat auch gesagt, dass er mich nicht gekannt hat, weil ich verletzt war und er mich dadurch auch nie spielen gesehen hat. Mittlerweile sucht er das Gespräch. Du hast es aber schon angesprochen: Ich bin nicht mit der Einstellung hierher gekommen, dass ich sowieso nicht spielen werde. Ich bin hier, weil ich früher oder später Premier League spielen will. Ich bin auch davon ausgegangen, dass Wolverhampton ein Wort um den Aufstieg mitreden wird. Aber gut, so ist das Fußballgeschäft. Für mich ist es auch das erste Mal, dass es gegen den Abstieg geht. Schlimm ist, dass ich nicht aktiv eingreifen kann, sondern von der Bank mitverfolgen muss, wie wir ein Tor nach dem anderen bekommen. Jetzt kommt es darauf an, wie ich mit der Situation umgehe und was ich daraus mache.