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Großklubs in Nöten: Das läuft bei Werder & Co. falsch

Großklubs in Nöten: Das läuft bei Werder & Co. falsch

Auweia, der Saisonstart ging in die Hose.

Nach sechs Spieltagen in der Bundesliga herrscht bei vermeintlichen Großklubs Unmut, nachdem der erhoffte Erfolg entgegen der Erwartungen ausblieb.

Zahlreiche Traditionsklubs taumeln, vor allem die Nord-Größen Hamburger SV und SV Werder Bremen sind nicht aus den Startblöcken gekommen.

Doch woran liegt es? Ist es nur (Verletzungs-)Pech oder Misswirtschaft geschuldet? Welcher Verein hat schlicht kein besseres Spielermaterial? LAOLA1 nimmt die Sorgenkinder unter die Lupe:

HAMBURGER SV

Platz 18

0 Siege, 2 Remis, 4 Niederlagen

Gäbe es im Duden das Wort Chaos-Klub, würde man als Synonym den HSV erhalten. Nach der Horror-Saison 2013/14 dachten die Fans, dass es nicht mehr schlimmer kommen könnte, doch sie haben die Rechnung ohne ihr Team gemacht. Sechs Spiele, zwei Punkte, nur ein Tor - der HSV ist Liga-Schlusslicht.

Die Ursachen sind vielfältig, fehlende Kontinuität ist einer der Hauptgründe. Seit 2009 saßen nicht weniger als zwölf verschiedene Trainer auf der Bank, auch auf dem Posten des Sportchefs gab es ein reges Kommen und Gehen. Mit Dietmar Beiersdorfer wurde im Sommer ein "Heilsbringer" geholt, der jedoch ebenfalls schon einen Trainer (Mirko Slomka) auf dem Gewissen hat.

Neo-Coach Joe Zinnbauer startete zwar mit einem Remis gegen die Bayern, danach folgten allerdings zwei Niederlagen. Die Mannschaft braucht Zeit, speziell die Last-Minute-Transfers Lewis Holtby und Julian Green haben noch Anpassungsschwierigkeiten. Hinzu kommt, dass Topstürmer Pierre-Michel Lasogga, im letzten Jahr die Überlebensversicherung des "Dinos", Ladehemmung hat.

Dem HSV kommt die Länderspielpause in der kommenden Woche entgegen, um Automatismen einzustudieren und Fehlerquellen abzustellen. Vorsichtig optimistisch stimmt auch, dass Investor Klaus-Michael Kühne ein gutes Verhältnis zu Beiersdorfer pflegt und öffentliche Kritik - wie im Fall von Slomka oder Ex-Sportchef Oliver Kreuzer - an der aktuellen Führung bislang ausblieb. Im "Stern" warnt er allerdings: "Wenn mein Geld schlecht bewirtschaftet wird, sage ich einen Satz dazu."

Ausblick

Eine Bundesliga ohne den HSV? Unvorstellbar! Der Kader hat seine Schwächen - vor allem in der Abwehr -, sollte aber stark genug besetzt sein, um das Abstiegsgespenst zu vertreiben. Nicolai Müller, Valon Behrami, Rafael van der Vaart, Holtby oder auch Lasogga haben die Klasse, um die Mannschaft ins Mittelfeld zu führen.

SV WERDER BREMEN

Platz 17

0 Siege, 3 Remis, 3 Niederlagen

Als hätte man sich zu einem Schneckenrennen verabredet, taumelt neben dem HSV auch der zweite vermeintliche Riese aus dem Norden. Der SV Werder hat das Siegen verlernt und wartet noch immer auf den ersten vollen Erfolg in dieser Saison.

Sorgen bereitet vor allem die wacklige Defensive, die sich bereits 15 Gegentreffer einfing - Liga-Höchstwert! Auch Abwehrchef Sebastian Prödl, der nach überstandenen Magen-Darm-Problemen zurückkehrte, konnte die 1:2-Niederlage in Wolfsburg nicht verhindern. Langsam, schwerfällig und in den entscheidenden Situationen nicht auf der Höhe - so präsentierten sich die Bremer am vergangenen Wochenende. Das Umschaltspiel ist eine der größten Schwächen des Teams.

Mangelnde Geduld kann man den Klub-Granden hingegen nicht vorwerfen, Trainer Robin Dutt stand trotz einer schwachen letzten Saison (Rang zwölf in der Liga, Erstrunden-Aus im Pokal) nie zur Debatte. Nachdenklich macht, dass Geschäftsführer die Realität verkennt. "Die Tabelle interessiert mich im Moment nicht, sie ist eine Momentaufnahme."

Ein Irrglaube, denn nach sechs Spieltagen lässt sich durchaus eine Tendenz erkennen. Werder erinnert ein wenig an den 1. FC Nürnberg in der letzten Saison. Auch der "Club" spielte oft gut mit, verlor aber meistens - und stieg am Saisonende ab.

Ausblick

So traurig es auch für die Fans sein mag, der Abstiegskampf dürfte zur bitteren Realität werden. Der Kader der Bremer ist bestenfalls durchschnittlich besetzt, Ausnahmekönner sucht man vergeblich. Das Motto kämpfen, kratzen und beißen ist angesagt - nimmt die Mannschaft das an, ist der erste Sieg nur eine Frage der Zeit. Dem Verein steht wohl dennoch eine schwierige Saison bevor.

VFB STUTTGART

Platz 15

1 Sieg, 2 Remis, 3 Niederlagen

"Dieser Schritt war keine Reaktion auf die Proteste, denn die gab es auch schon vor meinem Amtsantritt vor einem Jahr", erklärte Präsident Bernd Wahler im "Doppelpass" die Entlassung von Sportchef Fredi Bobic. Dem 56-Jährigen wird vorgeworfen, damit nur seinen eigenen Hintern retten zu wollen, steht er doch selbst schwer in der Kritik.

Der VfB Stuttgart steckt im Dilemma. Die finanzielle Lage ist angespannt, große Investitionen sind auch in naher Zukunft nicht drin. Bobic hatte kein leichtes Sein, musste zu Beginn seiner Ära den Spieleretat von 60 auf 40 Millionen Euro senken. "Aber andere Vereine, die deutlich weniger Etat haben, haben uns überholt", kritisierte Aufsichtsratsvorsitzender Joachim Schmidt.

Die Schwaben haben den Anschluss an die Spitze längst verloren, seit dem überraschenden Meistertitel 2007 ging es kontinuierlich bergab. Zahlreiche Neuzugänge erwiesen sich seither als Flop, man denke u.a. an Mohammed Abdellaoue, Johan Audel oder Mauro Camoranesi. Aktuell kommt eine frappierende Torflaute der vermeintlich kaltschnäuzigsten Akteure hinzu.

Vedad Ibisevic, Timo Werner und Martin Harnik blieben zuletzt weit unter ihren Möglichkeiten und sind noch ohne Torerfolg. Mit vier Punkten aus den letzten beiden Spielen - einem 2:2 in Dortmund sowie dem 1:0-Sieg über Hannover 96 - konnte der VfB dennoch Selbstvertrauen tanken und die Abstiegsränge verlassen.

Ausblick

Es war unrealistisch, von Meister-Trainer Armin Veh Wunderdinge zu erwarten. Unter dem 53-Jährigen ist jedoch schön langsam eine positive Entwicklung zu erkennen, die Mut macht. Wenn er es jetzt noch schafft, seinen Angreifern den verlorenen gegangenen Torinstinkt wieder einzuimpfen, wird sich Stuttgart Stück für Stück vom letzten Tabellendrittel entfernen.

BORUSSIA DORTMUND

Platz 12

2 Siege, 1 Remis, 3 Niederlagen

Vorab sei festgehalten, dass die aktuelle Dürreperiode des BVB in der Bundesliga nicht mit jenen der anderen Teams zu vergleichen ist. Im Gegensatz zu den oben erwähnten Klubs sind es bei der Borussia auch und vor allem unglückliche Umstände, die zur aktuellen Lage führten. Der Verletzungsteufel meinte es - wie schon im Vorjahr - nicht gut mit den Schwarz-Gelben.

Mkhitaryan, Reus, Gündogan, Sahin - die Liste der verletzten Kreativköpfe ist lang und prominent. Kein Wunder, dass der Motor daher ins Stocken geriet. Was auffällt: Die beste Saisonleistung, das 2:0 gegen Arsenal, resultierte aus einem Spiel, in dem man selbiges nicht machen musste.

Verlagern sich die Gegner aufs Kontern, wird's eng für den BVB. Klopp muss sich dringend einen Plan B einfallen lassen, denn sieben Punkte Rückstand auf Leader FC Bayern sind "ein Brett" (Stefan Effenberg). "Glaubt mir eins: Wir kommen. Es kann noch einen Moment dauern, aber wir kommen", erklärte er nach der 1:2-Derby-Pleite auf Schalke. Allein die Ankündigung, dass sein Team schon bald durchstarten werde, ist allerdings zu wenig.

Dortmund muss liefern - und zwar jetzt, sonst ist der Titelzug schon im Herbst abgefahren. Shinji Kagawa ist noch nicht soweit, konstant Verantwortung zu übernehmen und das Spiel zu machen. Die Abwehr wird dieser Bezeichnung nicht gerecht und "glänzt" mit haarsträubenden Fehlern. Elf Gegentore sind der drittschlechteste Wert der Liga.

Ausblick

Es ist naiv, die Parallelen zur Saison 2010/11, als der BVB nach sechs Spieltagen sogar acht Zähler hinter den Bayern lag und noch Meister wurde, immer wieder auszugraben. Seinerzeit schieden die Westfalen sang- und klanglos in der CL-Gruppenphase aus - kaum anzunehmen, dass sie das in Kauf nehmen würden. Dortmund wird sich nach dem Länderspiel-Break und der Rückkehr des einen oder anderen Leistungsträger wieder von seiner besseren Seite präsentieren. Ob man allerdings ein Wörtchen um den Titel mitreden kann, darf mehr als nur bezweifelt werden.


Christoph Nister