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Aigner: "Dortmund ist unser großer Bruder"

Aigner:

Die Bundesliga staunt.

Ob der Nervenstärke Eintracht Frankfurts. Ob der Spielstärke der Hessen. Ob der Punktsausbeute des Aufsteigers.

Sieben Spiele hat die Spielzeit 2011/12 bislang auf dem Buckel, die Elf von Armin Veh ist dabei die ganz große Überraschung.

Nur vom FC Bayern überflügelt

Mit 16 Zählern rangiert man in der Tabelle auf Position zwei, lediglich von Rekordmeister Bayern München überflügelt.

Einer der Hauptprotagonisten, Stefan Aigner, spricht nun bei LAOLA1 über den Erfolgslauf.

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Der 25-Jährige, der über Wacker Burghausen, Arminia Bielefeld (5 Bundesliga-Spiele und den TSV 1860 den Weg an den Main fand, über die gepflegte Spielkultur Frankfurts, sein persönliches Highlight und die Gefahr, den Boden unter den Füßen zu verlieren.

LAOLA1: Stefan, die Wiesn-Zeit ist inzwischen vorbei. Hast du denn Zeit gefunden, um auf dem Oktoberfest den tollen Saisonstart mit der Eintracht zu feiern?

Stefan Aigner: Leider nicht. Ich hatte zwar immer vor, auf die Wiesn zu fahren, zeitlich ist es sich dann aber leider nicht ausgegangen. Da ich aber die letzten Jahre immer dort war, ist es nicht ganz so schlimm.

Ein Treffer, ein Assist: Aigner glänzte beim 3:3 gegen Meister Dortmund

LAOLA1: Zuletzt gab es mit dem 0:2 gegen Gladbach die erste Niederlage in der Bundesliga. Hat dies der guten Stimmung in der Mannschaft einen Abbruch getan?

Aigner: Überhaupt nicht. Wir haben natürlich gewusst, dass wir irgendwann auch einmal verlieren. Die Niederlage war allerdings auch unglücklich. Erst sind wir durch einen Sonntagsschuss in Rückstand geraten, dazu kam noch ein individueller Fehler. Danach war es schwer, das Spiel noch zu drehen. Trotzdem ist die Stimmung weiter gut. Wir sind Zweiter, was für einen Aufsteiger nicht ganz so schlecht ist.

LAOLA1: Dabei begann die Saison mit einer herben Enttäuschung, dem 0:3 im Pokal bei Erzgebirge Aue. Ein Weckruf zur richtigen Zeit?

Aigner: Im Nachhinein betrachtet kann man es als Weckruf betrachten. Das Spiel damals war allerdings auch unglücklich, da wir früh eine Rote Karte bekamen. In Aue ist es nicht einfach, das habe ich mit 60 (TSV 1860, Anm.) schon oft genug zu spüren bekommen. Wir haben aber inzwischen in der Liga bewiesen, dass wir eine tolle Mannschaft haben. Einige Spieler sind wie ich aus der zweiten Liga gekommen. Alle haben gezeigt, dass sie auch ganz oben mitspielen können. Zurzeit macht es einfach nur Spaß.

LAOLA1: Die Erwartungshaltung eines Aufsteigers ist für gewöhnlich gering. Wie kommt es, dass die ihr dennoch die Liga aufmischt und die Großen ärgert? Was zeichnet die Eintracht aus?

Aigner: Aufmischen ist vielleicht übertrieben. Was das Ärgern betrifft, was uns auszeichnet: Es ist ein toller Zusammenhalt in der Mannschaft. Wir sind alle sehr jung, keiner nimmt sich was raus und jeder marschiert für den anderen und bügelt auch mal dessen Fehler aus. Wenn man an sich glaubt und wenn jeder Laufwege für andere mitmacht, hat es der Gegner immer schwer. Wenn man beispielweise 0:2 gegen Dortmund zurückliegt und das Spiel noch dreht bzw. einen Punkt holt wie wir es getan haben, zeugt das vom starken Charakter der Truppe.

LAOLA1: In besagtem Spiel hast du einen Treffer beigesteuert und einen weiteren vorbereitet. War das zugleich dein bisheriges Highlight in dieser Spielzeit?

Aigner: Ich denke schon. Wir gingen mit einem 0:2 in die Kabine. Der Trainer gab uns mit auf den Weg, dass wir unbeschwert aufspielen sollen, weil wir nichts zu verlieren hätten. Dann kamen wir raus, ich hatte eine Chance und haute das Ding ins Eck. Das war mein absolutes Highlight.

LAOLA1: Gemessen an erzielten Toren stellt ihr die drittstärkste Offensive nach dem FC Bayern und Meister Dortmund, dabei seid ihr vor der Saison bunt zusammengewürfelt worden. Gab es in der Vorbereitung Sonderschichten für eine bessere Abstimmung oder muss man der sportlichen Leitung schlicht und einfach für ein äußerst glückliches Händchen gratulieren?

Die Eintracht ist bislang das Überraschungs-Team dieser Saison

Aigner: Soweit ich das beurteilen kann, verliert noch keiner die Bodenhaftung. Ich denke, dass jeder von uns alt genug ist, um das einschätzen zu können. Keiner nimmt sich was raus und glaubt, er hätte was Großes erreicht. Bis zu den 40 Punkten ist es schließlich noch weit.

LAOLA1: Ihr spielt einen sehr gepflegten Fußball. Wer dient euch bei den Video-Studien als Lehrbeispiel?

Aigner: Ganz klar Dortmund.  Wir versuchen ihren Spielstil umzusetzen, was ganz gut gelingt. Für einen Aufsteiger spielen wir eine sehr offensive Taktik, die natürlich Gefahr birgt, auch mal in einen Konter zu laufen. Bislang hat es aber gut geklappt, deshalb wollen wir so weiterspielen. Wie unser Trainer schon mal gesagt hat: Dortmund ist unser großer Bruder, da kann man sich noch einiges abschauen.

LAOLA1: Dortmunds letzter Gegner ist euer kommender, nämlich Hannover 96. Die Niedersachsen haben dem Meister in einem tollen Spiel einen Punkt abgetrotzt. Welche Erwartungen hast du an das Duell mit der Slomka-Elf?

Aigner: Hannover hat mit Huszti einen zurzeit überragenden Spieler, der die Scorer-Wertung anführt. Auch allgemein ist die Mannschaft super drauf. Sie sind brutal spielstark und haben tolle Einzelspieler. Es erwartet uns ein sehr schwieriges Spiel.

LAOLA1: Armin Veh gilt als einer der wichtigsten Komponenten für euren Erfolgslauf. Wie schätzt du ihn als Trainer ein?

Aigner: Ich habe schon einiges von ihm gelernt, gerade in der Vorbereitung. Es gab doch große Unterschiede zur zweiten Liga. Ich versuche, seine Laufwege genau umzusetzen. Menschlich ist er natürlich überragend, man kann mit ihm über alles reden. Er hat ein Herz für die Mannschaft und das richtige Gefühl für die Spieler.

LAOLA1: Mit Jimmy Hoffer steht auch ein Österreicher im Kader der Eintracht. Wie kommst du mit ihm klar?

Aigner: Ich verstehe mich super mit ihm. Aus meiner Sicht ist er ein toller Stürmer – super schnell und mit tollem Abschluss, der eine echte Waffe ist. Er ist völlig zu Recht österreichischer Nationalspieler.

LAOLA1: In Frankfurt muss er sich mit der Rolle der Nummer zwei hinter Olivier Occean begnügen. Was fehlt ihm zur Nummer eins?

Aigner: Das ist eine Frage, die ich nicht beurteilen kann. Es zeichnet uns aus, dass jeder Spieler ersetzt werden kann. Wenn ein guter Spieler rausgeht, kommt er ein ebenso guter Spieler rein. Es gibt keinen Unterschied. Wir sind als Kollektiv stark.

Aigner: Nach dem Aue-Spiel wird jeder gesagt haben: Mit der Truppe schaffst du nicht mal den Klassenerhalt. Bei uns stimmt aber einfach die Chemie. Wir sind offensiv gut besetzt und mit Inui, Meier und Occean ist es so, dass jeder von uns für ein Tor gut ist und wir dadurch schwer ausrechenbar sind. Es ist aber nicht nur die Offensive, sondern die gesamte Mannschaft, die unheimlich gut zusammenarbeitet.

LAOLA1: Der Wechsel nach Frankfurt bedeutete für dich: Neuer Klub, neues Umfeld, neue Liga. Bist du abgesehen von der sportlichen Seite bereits in Hessen angekommen?

Aigner: Auf alle Fälle. Die Zeit bei Bielefeld war damals nicht so leicht für mich. Ich war erst 18, das war wohl zu früh. Ich habe mich überhaupt nicht wohl gefühlt. In Frankfurt ist es genau andersrum. Mir gefällt es und der sportliche Teil trägt natürlich seinen Teil bei. Mir ist bewusst, dass auch mal schlechtere Zeiten kommen werden, aber ich setze mich nicht unter Druck. Eigentlich spiele ich meine erste Saison in der ersten Liga, bislang mache ich meine Sache ganz gut.

LAOLA1: Verspürst du dennoch hin und wieder auch Heimweh?

Aigner: Ja und nein. Ich fühle mich wirklich wohl in Frankfurt, freue mich aber immer, wenn ich nach München komme.

LAOLA1: Es gab auch in der Vergangenheit regelmäßig Überraschungsteams, die zum Teil auch am Ende der Saison noch auf einem der internationalen Plätze zu finden waren. Wenngleich die Saison noch sehr jung ist – geistert das nicht irgendwo bereits im Hinterkopf herum?

Aigner: Nein, auf keinen Fall. Wir haben 16 Punkte und sind vorne dabei. Das erste Ziel ist aber der Klassenerhalt. Die Fans wissen es am besten, sie waren doch vor zwei Jahren auch ganz gut …

LAOLA1: … Siebenter nach der Hinrunde ...

Aigner: … genau. Danach stieg Frankfurt leider ab. Daher ist der Klassenerhalt erstes Ziel und zugleich das wichtigste.

LAOLA1: Durch den aktuellen Erfolg wächst das Interesse an euch, Sebastian Rode wird beispielsweise beim FC Bayern gehandelt. Besteht die Gefahr, dass der eine oder andere den Boden unter den Füßen verliert?

LAOLA1: Dein Heimatverein, der TSV 1860, weist einen ähnlichen Saisonverlauf wie Frankfurt auf und kassierte gegen die Hertha die erste Niederlage. Wie nah bist du noch dran am Geschehen und was ist für die 60er möglich?

Aigner: Ich schaue mir jedes Spiel an und war erst kürzlich am Trainingsgelände. 60 ist mein Verein, er liegt mir am Herzen. Ich habe dort 17 Jahre gespielt und hoffe, dass sie rauf gehen in die erste Liga. Der Verein hat es verdient und ich halte es in dieser Saison auch für möglich.

LAOLA1: Abschließend bitte ich dich um deinen Meister-Tipp. Wer macht das Rennen?

Aigner: Nur nicht die Bayern! (lacht) Ich tippe auf Dortmund.

LAOLA1: Vielen Dank für das Gespräch.

 

Das Interview führte Christoph Nister