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Stoppen Verletzungen die Mission Champions-League?

Stoppen Verletzungen die Mission Champions-League?

"Vielleicht sollten wir das Trainingslager nur noch zwei oder drei Tage machen."

Nein, Schalke-Torjäger Klaas-Jan Huntelaar gilt keineswegs als trainingsfaul. Vielmehr begegnet der 31-jährige Niederländer der verzwickten Personalsituation beim Revierklub mit Galgenhumor.

Zuvor musste mit U-19-Spieler Maurice Multhaup der dritte Spieler nach Linksverteidiger Dennis Aogo und Tormann Ralf Fährmann verletzungsbedingt seine Zelte im Trainingslager in Doha abbrechen.

Und die Königsblauen reisten ohnehin bereits stark ersatzgeschwächt nach Katar: Gleich acht Akteure (Draxler, Matip, Farfan, Kolasinac, Obasi, Kirchhoff und Uchida lädiert; Choupo-Moting für Kamerun beim Afrika-Cup) traten den Flug in den Wüstenstaat erst gar nicht an.

Alles andere als eine ideale Vorbereitung für den Bundesligaauftakt am kommenden Wochenende gegen den Tabellenachten Hannover 96.

Suboptimale Trainingsbedingungen

Dabei hätte gerade Schalke 04 die Ligauszeit gut gebrauchen können.

Nachdem Trainer Roberto di Matteo den Posten mitten in der Saison übernahm, installierte er in der Länderspielpause Mitte November ein 3-5-2-System. Pikanterweise, um dem Verletzungsteufel zu trotzen, der ihm einen Engpass auf den Außenstürmer-Positionen (Draxler, Farfan, Obasi) bescherte.

Der Plan, der Mannschaft die neue Philosophie in der Winterpause noch mehr einzuimpfen oder gar Neues einzuüben, ging aufgrund des Personalmangels nur mäßig auf.

Wie Kapitän Benedikt Höwedes gegenüber LAOLA1 eingesteht: "Ja, natürlich ist das sehr ärgerlich für uns, dass wir die Vorbereitung nicht mit der kompletten Mannschaft spielen konnten. Da haben wir auf viel Potential verzichten müssen. Dadurch kann man viele taktische Formen einfach nicht einstudieren bzw. eintrainieren, weil die Hälfte des Stammpersonals nicht zur Verfügung steht."

Doch Letzteres birgt ebenfalls Chancen für den Nachwuchs der Knappenschmiede. So gilt der 20-jährige Marcel Sobottka als Gewinner der Vorbereitung.

Kein Zufall, dass er ausgerechnet auf einer der Problempositionen im defensiven Mittelfeld aufzeigen konnte. In der Schaltzentrale weisen die Gelsenkirchener schon länger spielerische Defizite auf.

Nutznießer des Schalker Systemwechsels: ÖFB-Kapitän Christian Fuchs

Dann müsste ÖFB-Kapitän Christian Fuchs, der im neuen System als traditionell offensiv starker Verteidiger als linker Wing-Back aufblüht, um seinen Platz bangen, den er laut di Matteo im Herbst "wieder in der Mannschaft gefunden hat."

Und auch an hinterster Front findet eine Personalrochade statt: Nachdem Stammtorhüter Ralf Fährmann aufgrund einer Kreuzbandzerrung sechs Wochen ausfällt, hat Fabian Giefer, erst im Sommer aus Düsseldorf gekommen, kurzfristig als neue Nummer eins übernommen.

Nach der einen oder anderen Unsicherheit in der Vorbereitung, der mangelnden Spielpraxis und dreimonatigen Adduktorenverletzung geschuldet, bleibt abzuwarten, ob der 24-Jährige seine Chance nutzen kann.

Champions League im Visier

All diesen Unsicherheiten und Fragezeichen zum Trotz fühlen sich die Verantwortlichen des FC Schalke 04 für den harten Rückrundenauftakt (Bayern und Gladbach warten nach Hannover) gerüstet.

Der Revierklub hat als Tabellenfünfter (27 Punkte) den Dritten Leverkusen (29 Pkt) in Reichweite, aber durch die enge Konstellation selbst den Siebenten Hoffenheim (26 Pkt) im Nacken.

Die Marschroute bleibt dabei unverändert, wie Kapitän Höwedes klarstellt: "Wir werden die Verletzten nicht als Ausrede gelten lassen. Die Leute, die am Platz stehen, müssen es richten. Wir halten am ausgesteckten Ziel Champions-League-Platz fest."

Daran ändern auch die drei Testspielniederlagen (0:2 gegen Ajax, 1:2 gegen Rapid und eine "gefühlte" beim 2:2 gegen den sudanesischen Klub Al Merrikh SC) nichts. Vielleicht in Gedanken an die letzte Wintervorbereitung, als nach der Abschlusspleite gegen Köln die beste Rückrunde der Vereinsgeschichte folgte.

Oder wie Christian Fuchs ausdrückt: "Ich sehe überhaupt keinen Grund zur Besorgnis für das Spiel gegen Hannover."

 

Andreas Gstaltmeyr

Dies war ein weiterer Grund für die Systemumstellung, da hier die weit aufrückenden Außenverteidiger das Aufbauspiel als zusätzliche Anspielstation erleichtern.

City-Neuzugang als fehlendes Puzzlestück?

Aber Schalke ging dieses spielerische Handicap auch anderweitig an: Innenverteidiger Matija Nastasic wurde, mit Kaufoption im Sommer, von Manchester City ausgeliehen. Der 21-jährige serbische Linksfuß soll der Abwehr Stabilität verleihen und vor allem in der Spieleröffnung helfen.

Sein zukünftiger Defensivpartner Höwedes sieht das nach den ersten Eindrücken ähnlich: "Matija bringt seine Stärken sehr gut ein. Auf der linken Abwehrseite hilft er uns mit seinem Aufbauspiel mit Sicherheit weiter."

Im Auftaktspiel in Hannover werden die beiden voraussichtlich von Jan Kirchhoff als Mittelsmann in der Dreierkette unterstützt, solange Matip noch nicht voll einsatzfähig ist.

Weitere Verstärkungen sind in der letzten Woche grundsätzlich nicht ausgeschlossen, wie Sportdirektor Horst Heldt analysiert: "Traditionell kommt kurz vor Ende der Frist nochmals Bewegung auf den Transfermarkt. Das ist auch bei uns möglich - in beide Richtungen." Und fügt mit einem schelmischen Grinsen an, "selbst gespannt zu sein, was sich noch tut."

Lazarett lichtet sich

Jedenfalls wird Schalke "Neuzugänge" willkommen heißen dürfen, wenn die verletzten Spieler allmählich zurückkehren.

Innenverteidiger Matip gab vergangenes Wochenende gegen Rapid ebenfalls wie der japanische Rechtsverteidiger Uchida sein Comeback. Aogo und Goretzka befinden sich im Aufbautraining.

Das Lazarett wird sich also langsam lichten und mehr taktische Möglichkeiten bieten. Das neu eingeführte 3-5-2 hat zwar starke 13 von 18 möglichen Punkten geholt, doch könnte bei Rückkehr der Außenstürmer durchaus ein Defensivmann geopfert und auf Viererkette umgestellt werden.