news

"Es muss eine Win-Win-Situation sein"

Weit mehr als 20 Jahre saß Volker Finke auf der Trainerbank.

Die meiste Zeit auf jener des SC Freiburg, den er 2007 nach 16 Saisonen verließ.

Ein Jahr später wäre der 63-Jährige beinahe in Österreich gelandet.

Als ÖFB-Teamchef war der nunmehrige Sportdirektor des 1. FC Köln mehr als nur ein heißer Kandidat.

Warum daraus letztlich nichts wurde, der Österreich-Bezug nun in Ried vorhanden ist und er nicht mehr als Trainer arbeiten würde, erklärt Finke beim Interview-Termin mit LAOLA1.

LAOLA1: Herr Finke, es ist Ihre erste Vorbereitung als Sportdirektor. Verspüren Sie in ihrer neuen Funktion mehr Stress, als früher als Trainer?

Volker Finke: Ich sag mal so: Bis man ins zweite Trainingslager fährt, ist es schon erheblich anstrengender. Da ist es angenehmer, Trainer zu sein. Im Trainingslager selbst ist es das erste Mal seit Wochen, dass ich etwas entspannter bin.

LAOLA1: Würden Sie den Sportdirektor-Posten generell stressiger sehen, als den Trainer-Job?

Finke: Es gibt einfach unterschiedliche Zeiten, wo es stressig ist. Wenn Trainer und Spieler auf Urlaub sind, dann ist beim Sportdirektor „Big Season“. Da bist du rund um die Uhr am machen und tun. Man kann auch privat auf keinen Rücksicht nehmen. Nach dem 31. August gibt es dann sicher die Möglichkeit, mal ein paar Tage Urlaub zu machen.

LAOLA1: Mit Sascha Riether hat Köln einen namhaften Neuzugang bekommen. Ist Ihr Motto in dieser Saison: Mehr Qualität als Quantität?

Finke: Die Wahrheit ist, dass wir momentan kaum wirtschaftliche Möglichkeiten haben. Beim 1. FC Köln gibt es zwar immer einen großen Umsatz, weil die Stadt fußballverrückt ist. Aber das Budget ist trotzdem sehr eng bemessen. Wir haben mit viel Kraftanstrennung Sascha Riether verpflichtet, dazu Mato Jajalo, der bislang ausgeliehen war, fix geholt.

LAOLA1: Es gibt seit kurzem auch eine Kooperation mit der SV Ried. Wie ist es dazu gekommen?

Finke: Ich hatte schon vor Monaten Kontakt zu Herrn Reiter (Ried-Manager, Anm.). Wir haben im benachbarten Ausland gute und seriös geführte Vereine gesucht, wo wir unsere Talente parken können. Uns war wichtig, dass beide Klubs davon profitieren. Es muss eine Win-Win-Situation sein.

LAOLA1: Was genau stellen Sie sich da vor?

Finke: Es geht nicht darum, durch eine Ausleihe Geld zu verdienen, sondern dass die Spieler Spielpraxis kriegen. Mit Basala-Manzana ist jetzt ein Spieler in Ried, der U17-Europameister war, vielfacher Junioren-Nationalspieler ist und eine große Begabung hat. Er hat bei uns vergangene Saison den Sprung in die erste Mannschaft nicht reibungslos geschafft, aber trotzdem gehört er entsprechend gefördert.

LAOLA1: Und das trauen Sie speziell Ried zu?

Finke: Absolut. Ried hat einen sehr guten Trainer und auch die anderen Leute im Hintergrund liefern schon seit Jahren gute Arbeit ab. Der Verein ist das richtige Fahrwasser für talentierte Spieler.

LAOLA1: Für wie lange soll diese Kooperation gehen?

Finke: Wir machen daraus jetzt kein großes Vertragswerk. Es soll aber schon dauerhaft eine feste Anlaufstelle für unsere Talente sein. Und vielleicht gibt es auch in Zukunft einen Spieler, der von Ried nach Köln wechselt. Es kann da durchaus einen Gegenverkehr geben.

LAOLA1: Sie selbst wären fast einmal österreichischer Teamchef geworden. Warum ist daraus letztlich nichts geworden?

Finke: Ich kann mich noch gut daran erinnern – es war kurz nach der EURO 2008. Die Situation war damals sehr interessant. Ich habe mich einige Male mit dem damaligen Präsidenten Stickler ausführlich unterhalten. Es wäre durchaus möglich gewesen, eine gemeinsame Basis zu finden.

LAOLA1: Aber?

Finke: Aber es war aus meiner Sicht richtig, dass ich das nicht vorangetrieben habe. Es gab damals eine riesige Euphorie um die Fußball-Nationalmannschaft, alles war sehr emotional. Und da finde ich es nicht richtig, wenn man einen Mann von außen holt. Das macht man eher, wenn eine Mannschaft gerade den absoluten Tiefpunkt erreicht hat.

LAOLA1: Haben Sie mit dem Trainerjob endgültig abgeschlossen oder wäre eine Teamchef-Tätigkeit denkbar?

Finke: Als Vereinstrainer würde ich definitiv nicht mehr arbeiten. Ich habe vor zwei, drei Jahren für mich beschlossen, dass ich nicht mehr täglich am Platz stehen will und nicht jeden Tag erklären will: warum, wieso, weshalb. Nach 20 Jahren wird man irgendwann müde. Jetzt habe ich mehr eine beratende Tätigkeit, wo ich im Hintergrund planen kann. Das macht mir Freude.

Das Interview führte Kurt Vierthaler