news

Ein Burgenländer in Favres Trainerteam

Ein Burgenländer in Favres Trainerteam

Klaus Luisser hat einen neuen Job. Und sein erster Arbeitstag hatte es in sich.

„Das ist eine ganz andere Liga. Da haben rund 1000 Leute zugesehen, es waren zig Kamerateams, etliche Journalisten und Fotografen da – das war überwältigend. Ich war der erste, der das Feld betreten hat, weil ich noch aufbauen musste. Es war eine komplett neue Situation – da stehen 1000 Leute und empfangen dich mit Applaus. Ich war aber nicht nervös, sobald das Training begonnen hat, war es Alltag“, erzählt der Burgenländer.

Der 37-Jährige arbeitet seit diesem Sommer als Athletiktrainer der Profis von Borussia Mönchengladbach, ist somit einer der engsten Mitarbeiter von Lucien Favre.

"Es war eine Überraschung"

„Ich habe nicht damit gerechnet. Der Markt in Deutschland ist groß, die Trainer und Athletiktrainer kennen sich untereinander. Es war eine Überraschung, dass sie sich für mich entschieden haben“, freut sich Luisser.

Der Sportwissenschaftler hat in Graz studiert, war in der zweiten Liga beim FC Kärnten, hat das Sportzentrum in Güssing geleitet, einen Diplomlehrgang für internationales Sportmanagement abgeschlossen sowie unter anderem eine Zusatzausbildung zum Sport-Phyiotherapeuten absolviert.

Und er ist seit Jahren im Fußball aktiv. Seit 2006 war Luisser bei Red Bull engagiert, arbeitete unter anderem mit Niko Kovac, Thorsten Fink und Roger Schmidt. Zudem betreute er zuletzt auch das österreichische U21-Nationalteam.

Erster Kontakt vor drei Jahren

Doch wie kommt er zu dem Job in Gladbach? „Der erste Kontakt ist vor drei Jahren entstanden, als ich Martin Stranzl besucht habe. Ich habe im Zuge dessen hospitiert und mich mit dem Athletiktrainer sowie den Physios unterhalten. Danach ist der Kontakt nie abgerissen“, berichtet der Trainer-Legionär.

"Ich habe quasi freie Hand"

Diesen Sommer wurde der Job des Athletiktrainers beim Dritten der abgelaufenen Meisterschaft frei. Christian Weigl, der seit 2007 im Amt war, wechselte nach Hoffenheim. „Ich habe über den Reha-Trainer erfahren, dass der Job frei ist“, sagt Luisser, der daraufhin seinen Lebenslauf an die Geschäftsstelle geschickt hat.

Danach ging alles sehr schnell. Obwohl acht, neun andere Bewerber auch Chancen hatten, kristallisierte sich Luisser rasch als Wunschkandidat der „Fohlen“ heraus, bei einem Termin mit Sportdirektor Max Eberl wurden schließlich Nägel mit Köpfen gemacht. „Letztendlich hatte das auch gar nichts mit Stranzl zu tun, sondern eben mit dem Kontakt, der damals entstanden ist, als ich ihn besucht habe“, hält der Burgenländer fest.

Eberl sagt: „Chris Weigl hat es aus familiären Gründen zurück nach Hoffenheim gezogen. In Klaus Luisser haben wir einen Nachfolger gefunden, bei dem wir überzeugt sind, dass er sehr gut in das Team passt. Er hat die gleiche Idee und Vorstellung des athletischen Programms, was uns sehr wichtig war. Klaus wird jetzt alles kennenlernen und sich mit dem Trainerstab abstimmen und dann seine Qualitäten einbringen.“

Kleine Veränderungen

Wie sieht diese Idee und Vorstellung des athletischen Programms aus? Luisser umreißt seine Philosophie:Der Ansatz ist, dass Krafttraining relativ wichtig ist. Man muss Flexibilität und Krafttraining vereinen. Und die Ausdauer darf nicht fehlen. Wir sehen den athletischen Bereich im Fußball sehr komplex. Wir versuchen, die Bereiche miteinander zu verbinden. Und die Funktionalität ist wichtig – es macht keinen Sinn, sich nur in der Kraftkammer oder am Fußballplatz aufzuhalten, es geht darum, eine Mischform zu finden.“

Große Veränderungen werde er vorerst nicht vornehmen: „Die Mannschaft war zuletzt sehr erfolgreich, weshalb wir nicht sehr viel verändern werden. Wenn ich Kleinigkeiten verändern will, muss ich das natürlich mit ihm und seinen Co-Trainern absprechen, aber ich habe quasi freie Hand. Favre ist keiner, der beim Aufwärmen oder so sagt: ‚Nein, diese Übung gefällt mir nicht.‘“

"Hatte nie Probleme mit Spielern"

Eine jener Kleinigkeiten, die der 37-Jährige neu einbringen will: „Ich will im Krafttraining individueller arbeiten. Ich habe es immer so gehandhabt, dass ich sehr individuell mit den Spielern gearbeitet habe. Wenn ich 20 Spieler im Kraftraum habe, kann ich die schwer alle betreuen. Ich gehe lieber nur mit fünf Spielern in die Kraftkammer.“

"Mir ist lieber, die Spieler fragen nach"

Fortan machen Granit Xhaka, Patrick Herrmann, Raffael und Co. ihre Fitnessübungen also nach Luissers Vorstellungen. Dass diese schweißtreibend und anstrengend sind, ist ihm bewusst: „Natürlich ist der Athletiktrainer nicht gerade der Beliebteste im Betreuerteam. Am beliebtesten sind immer der Zeugwart und die Physios. Aber ich habe es in der Vergangenheit immer geschafft, bei den Spielern relativ beliebt zu sein. Das liegt wohl daran, dass ich ihnen immer plausibel erkläre, warum wir etwas machen und welchen Vorteil sie daraus ziehen. Ich hatte nie Probleme mit Spielern.“

Kommunikation sei ihm wichtig: „Mir ist lieber, die Spieler fragen nach, als sie machen einfach alles, was man ihnen sagt. Dann merkt man, dass sie mitdenken.“ Das sei vor allem bei gestandenen Profis der Fall.

Luisser vergleicht die Arbeit von Spielern aus Österreichs zweithöchster Spielklasse mit jener des CL-Starters aus Deutschland: „Es macht für mich keinen Unterschied, ob das große Stars oder Spieler vom FC Kärnten sind. Allerdings kann man sich bei den Stars weniger Hoppalas erlauben. Die Jungs sind richtige Profis, haben schon viel erlebt, haben ihr ganzes Leben danach ausgerichtet. Die Übungen bleiben im Großen und Ganzen gleich, die Intensität unterscheidet sich aber.“

"Favre ist immer offen für Neues"

Doch nicht nur für die Spieler steigt die Intensität. Der Athletikcoach beginnt seinen Arbeitstag um 8 Uhr in der Früh. „Und er endet nie vor 19 Uhr. Trainingsvorbereitung, Training, Analyse, Protokolle,… Es ist viel zu tun“, berichtet er.

Die ersten Eindrücke von der Zusammenarbeit mit Favre sind durchaus positiv: „Er ist immer offen für Neues. Favre ist selten zufrieden, er will immer den nächsten Schritt machen. Er macht die Trainingsplanung immer acht bis zehn Wochen im Voraus, was sehr angenehm ist. Ich fühle mich im Trainerteam sehr wohl. Es wird viel gesprochen, läuft alles sehr harmonisch und ruhig ab.“

Zudem habe er genügend Zeit, um mit der Mannschaft zu arbeiten: „Es gibt Cheftrainer, die dem Athletiktrainer zwei, drei Einheiten geben – egal, was er damit macht. Es gibt auch welche, die dem Athletiktrainer fast gar keine Zeit geben. In Gladbach habe ich in der Woche drei bis vier eigene Einheiten, die 20 bis 30 Minuten dauern und ins Training eingebettet sind.“

Harald Prantl