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Hamburger Neustart: Chance und Risiko zugleich

Hamburger Neustart: Chance und Risiko zugleich

Frank Rost, Joris Mathijsen, Ze Roberto, Ruud van Nistelrooy, Piotr Trochowski.

Alles Namen, die den Hamburger SV in den letzten Jahren geprägt haben.

Und alles Namen, die künftig am Spielberichtsbogen der Norddeutschen nicht mehr aufscheinen.

Ersetzen sollen sie junge Talente ohne große Namen. Der HSV vollzieht den Umbruch.

Architekt dieser Groß-Umgestaltung ist Michael Oenning. Der 46-Jährige erhält das volle Vertrauen, nachdem er am Ende der vergangenen Saison schon interimistisch tätig war.

Im LAOLA1-Interview spricht er über die Notwendigkeit, Risiken und Möglichkeiten des Umbruchs.

LAOLA1: Herr Oenning, die Vorbereitungszeit ist vorbei, die Bundesliga geht wieder los. Kribbelt es schon?

Michael Oenning: Auf jeden Fall. Wir haben hart trainiert und sind bereit. Fußball hat viel mit Arbeit zu tun, und die haben wir in der Vorbereitung gut erledigt.

LAOLA1: Der HSV hat den Kader radikal umgebaut, viele Führungsspieler sind gegangen, viele Junge gekommen.

Oenning: Daher ist es auch wichtig, dass wir schnell zueinander finden und als Mannschaft funktionieren. Aber es ist auch unsere Aufgabe, dass wir die jungen Spieler dementsprechend ausbilden. Bei den Jungen hast du oft den Vorteil, dass sie unbekümmert und ohne große Vorbelastung an die Sache herangehen.

LAOLA1: Das könnte aber auch ein Nachteil sein.

Oenning: Eben. Die Jungen haben das Problem, dass sie oft ungestüm sind und eben nicht die nötige Erfahrung mitbringen. Aber das macht den Reiz aus. Wenn wir es schaffen, sie gut auszubilden, werden wir noch viel Freude haben.

LAOLA1: Haben Sie nicht Bedenken, dass der Aderlass zu groß war?

Oenning: Das werden wir sehen. Wir haben gleich zum Auftakt ein schwieriges Programm, da wird sich schon zeigen, wo die Reise hingeht. Allerdings verfügen wir über einige routinierte Spieler, die wissen, was zu tun ist. Daran können sich die jungen Spieler orientieren.

LAOLA1: Von welchen ihrer Neuzugänge erwarten Sie besonders viel?

Oenning: Ich will da keinem einen Rucksack aufbinden. Wir haben mit den Neuverpflichtungen ein Zeichen gesetzt, viele talentierte Spieler geholt. Mancienne und Bruma gehören sicherlich zum Stamm, auch Skjelbred soll Verantwortung übernehmen. Allgemein gilt: Jeder erhält die Chance, jeder muss sich beweisen, dann werden wir sehen, wer sich durchsetzt.

LAOLA1: Holland-Star Eljero Elia wird immer wieder mit einem Abgang in Verbindung gebracht. Ist dieses Thema für Sie erledigt?

Oenning: Wir mich war das nie ein Thema. Er fühlt sich bei uns sehr wohl und ist auch bemüht, eine führende Position einzunehmen. Darum gehe ich davon aus, dass er kommende Saison für uns spielen wird.

LAOLA1: War der radikale Umbruch in dieser Form nötig?

Oenning: Er war zumindest gewünscht. Mit der alten Art und Weise sind wir nicht mehr weitergekommen. Dazu gab es auch finanzielle Sachzwänge. Wir haben uns als Verein dazu entschieden, uns neu aufzustellen. Wenn man sich dann dafür entscheidet, muss man es auch ganz machen.

LAOLA1: Zur alten Art und Weise gehörten auch immer einige Nebenkriegsschauplätze. Haben Sie das Gefühl, dass jetzt mehr Ruhe im Umfeld herrscht?

Oenning: Ich habe schon den Eindruck, dass wir uns in einer ruhigen Phase befinden. Es gibt eine Vorfreude und eine Anspannung, weil alles neu ist. Natürlich müssen wir jetzt auch Ergebnisse liefern, damit das positive Gefühl bleibt.

LAOLA1: Sie waren zuvor beim 1. FC Nürnberg Cheftrainer. Spüren Sie in Hamburg, dass der Druck größer ist?

Oenning: Druck haben wir immer. Druck hast du auch in Nürnberg. Deutschland ist ein fußballverrücktes Land, da ist die hohe Erwartungshaltung immer präsent. Natürlich ist der HSV noch einmal eine Stufe höher, weil Hamburg eine Fußball-Hauptstadt ist. Die Begeisterung ist enorm, aber dieser Druck kann auch positiv sein.

LAOLA1: Ihre Vorgänger waren nicht besonders lange im Amt. Warum soll es ausgerechnet bei Ihnen anders sein?

Oenning: Weil jeder seines Glückes Schmied ist. Jeder kann die Dinge so regeln, wie er es möchte. Warum muss man in die Vergangenheit schauen? Man kann auch in die Zukunft blicken. Wir haben einen gemeinsamen Weg vorgegeben, mal sehen, wie lange wir ihn gehen.

LAOLA1: In der letzten Saison gab es viele Überraschungen. Glauben Sie, dass sich das dieses Jahr wiederholen könnte oder wird sich alles wieder einpendeln?

Oenning: Ich glaube schon, dass uns dieses Phänomen noch länger begleiten wird. Die arrivierten Mannschaften müssen sich noch mehr strecken, da die kleineren Teams aufgeholt haben. Die aktuelle Saison wird wieder einige Überraschungen parat haben – da bin ich mir sicher.

LAOLA1: Wo sehen Sie den HSV in dieser Saison?

Oenning: Am liebsten so weit vorne wie möglich. Aber vor dem Start kann man das ganz schlecht einschätzen. Wir müssen die ersten Spiele gut überstehen, dann kann die Reise auch nach vorne gehen.

Das Interview führten Kurt Vierthaler und Christoph Nister