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"Es ist für dieses Jahr vielleicht die beste Lösung"

Ralf Rangnick wirkt entspannt. Lächelnd erfüllt er Autogrammwünsche der Fans, geduldig beantwortet er Fragen der wenigen anwesenden Journalisten.

RB Leipzig befindet sich im Trainingslager im Salzburger Leogang und hat gerade ein Testspiel gegen Rubin Kasan mit 1:0 gewonnen. Die Partie gegen den russischen Erstligisten war kein Leckerbissen, trotzdem merkt man dem Neo-Trainer der Leipziger Bullen die Freude am Beruf an.

Knapp vier Jahre nach seinem Burnout-bedingtem Abgang bei Schalke ist der „Professor“ seit wenigen Wochen zurück an der Seitenlinie, zurück in seinem Element: „Es macht Spaß. Wir haben einen tollen Stab und auch das Team dahinter macht einen super Job. Auch mit den Jungs macht es jeden Tag Freude zu arbeiten“, so der 57-Jährige.

Ungeplantes Comeback

Zu „den Jungs“ gehört seit dieser Vorbereitung auch Stefan Ilsanker. Der ÖFB-Teamspieler bekommt mit, wie sein Coach in neuer, alter Funktion aufblüht:

„Das merkt man sicher. Wenn man unserem Trainer dabei zusieht, wie er die Ansprachen hält, wie er am Platz agiert, wie er sich freut, wenn etwas gut läuft, dann merkt man die ganze Freude und Energie, die er mitbringt“, meint „Ilse“ gegenüber LAOLA1.

Geplant war das Comeback auf der Trainerbank keinesfalls. „Es war bis vor sechs Wochen nicht meine Absicht. Aber nachdem der letzte Kandidat, mit dem wir es uns gut vorstellen konnten, abgesagt hat, war es schon so, dass ich gesagt habe, dass es vielleicht besser ist, wenn ich es dieses eine Jahr selber mache“, gibt der Fußball-Lehrer zu Protokoll.

Nichts verlernt

Verlernt haben will der gebürtige Schwabe nichts. „Es ist kein fremder Job für mich. Ich habe das knapp dreißig Jahre lang gemacht.“

Seine Schützlinge sind vollends überzeugt. „Er lebt den Fußball und versteht, worauf es ankommt. Er entwickelt seine Philosophien und möchte diese auch konsequent umsetzen. Das klappt dann auch, das hat man schon damals bei Hoffenheim gesehen“, sagt etwa Ilsanker.

Georg Teigl streut seinem Chef ebenfalls Rosen. „Er geht auf jeden Spieler zu und sagt, was er von ihm verlangt. Er redet und bespricht viel. Die eine oder andere Videositzung dauert vielleicht einmal länger, aber das ist auch wichtig. Er ist ein Perfektionist und hat in der Vergangenheit gezeigt, dass er ein guter Trainer ist. Ich bin froh, dass wir mit ihm zusammenarbeiten.“

Name Rangnick übt Strahlkraft aus

Der Name Rangnick übt eine große Strahlkraft aus, dessen ist sich der 57-Jährige auch bewusst. So betonte etwa Marcel Sabitzer mehrmals, dass die Trainer-Wahl bei ihm den entscheidenden Ausschlag pro Leipzig gegeben habe.

„Das schmeichelt mir nicht, aber es war schon auch einer der Gründe, weswegen ich, entgegen meiner ursprünglichen Absicht, gesagt habe, dass ich für dieses Jahr vielleicht doch die beste Lösung bin. So konnten wir den einen oder anderen Spieler mit Überzeugung zu uns holen, bei dem das vorher vielleicht nicht so gewesen wäre. Da gehört Sabitzer sicher dazu“, versucht Rangnick im Gespräch mit LAOLA1 nüchtern zu analysieren.

Keine Angst vor der Doppelfunktion

Rangnick denkt nicht, dass ihn seine Doppelfunktion als Sportdirektor und Trainer überlasten wird. „Ich habe mich in den letzten drei Jahren um zwei Vereine gekümmert. Zwar in einer Funktion, aber Salzburg und Leipzig liegen doch über fünfhundert Kilometer auseinander. Ich bin ja jetzt für Salzburg gar nicht mehr zuständig. Insofern ist es eine Frage der Prioritäten. Wenn wir die gut setzen, und das habe ich schwer vor, dann glaube ich nicht, dass es mehr Arbeit sein wird als in den letzten drei Jahren.“

Viele Experten halten das Trainer-Comeback Rangnicks und damit auch die Personalunion ohnehin nur für ein einjähriges Intermezzo. Bei einem Aufstieg scheint ein Rückzug von der Trainerbank für ihn auch durchaus plausibel. "Jetzt, wo Sie mich fragen, glaube ich das ganz klar", meint er auf eine Frage des "kicker".

"Aber ich unterstelle damit natürlich auch, dass wir mit einem Aufstieg deutlich attraktiver werden für Trainer, die sich das jetzt noch nicht vorstellen konnten oder es einfach nicht fertiggebracht haben, ihre aktuellen Mannschaften zu verlassen."

Bei einem weiteren Jahr in der zweiten Liga könne es Rangnick aber nicht ausschließen, weiterhin in einer Doppelfunktion tätig zu sein. Sein Ziel sei dies freilich nicht: "Ich glaube nach wie vor, dass es für Leipzig einen Tick besser wäre, wenn ich mich nur um die Weiterentwicklung der strukturellen Dinge kümmere", sieht er sich unter anderem auch als "Coach für meine Coaches".

 

Máté Esterházy/Christoph Kristandl