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Frankreich blickt nach WM-Aus auf Heim-EM

Frankreich blickt nach WM-Aus auf Heim-EM

Von der "großen Sache" hatten die Franzosen bei jeder Gelegenheit gesprochen. Mit dem Vertrauen in die eigenen Stärken sollte Deutschland im WM-Viertelfinale aus dem Turnier gekickt werden.

Am Ende stand am Freitag im Maracana von Rio ein 0:1 und erneut das Aus gegen den ungeliebten Nachbarn. Die Mission Wiedergutmachung endete in der berühmtesten Fußball-Arena der Welt unspektakulär.

Didier Deschamps wirkte dennoch gefasst. Mehr als ein "bisschen durchgeschüttelt", wie Frankreichs Trainer in einer ersten Analyse zusammenfasste, habe man die Deutschen nicht.

Zwar war "Les Bleus" das Bestreben, erstmals seit 2006 wieder unter die Top-Vier einer WM vorzustoßen, nicht abzusprechen. Es fehlten nach dem frühen Gegentor durch Mats Hummels (13.) jedoch die Mittel und auch die Vehemenz, Deutschland in die Bredouille zu bringen.

Deschamps analysiert nüchtern

"Wir fahren zurück mit großer Trauer, Enttäuschung und Frust. Aber wir dürfen all die guten Dinge, die wir hier erreicht haben, nicht vergessen", betonte Deschamps nach seiner ersten WM-Niederlage als Spieler und Betreuer.

Frankreich habe auf diesem Niveau die Effizienz gefehlt, meinte der Weltmeister von 1998. Er verzichtete auf Klagen: "Wir hatten unsere Chancen. Aber sie hatten mehr Erfahrung, sie hatten uns unter Kontrolle."

Frankreich musste kapitulieren, weil Deutschland - wie Deschamps mehrmals betonte - seine Erfahrung auf Top-Niveau ausspielte. Und im Treibhaus von Rio von Minute zu Minute die Kräfte schwanden. Einige Akteure wie Jungstar Paul Pogba blieben im Maracana unter ihrem Wert. Am Ende wirkte es, als ob Frankreich auch die letzte Überzeugung fehlte, die Partie noch einmal herumreißen zu können.

Es mangelte in dieser Situation an einem Antreiber wie Zinedine Zidane. Von der zumindest medial im großen Stil angekündigten Revanche für die Niederlagen in den WM-Halbfinalspielen 1982 und 1986 war kaum etwas wahrzunehmen.

Selbst in der Heimat überraschte das Aus gegen Deutschland nicht wirklich. "Frankreich hat verloren - wie jedes Mal gegen Deutschland während einer Weltmeisterschaft" schrieb die Zeitung "Liberation".

"Können stolz auf unsere WM sein"

Einzig Karim Benzema stellte den deutschen Torhüter Manuel Neuer vor das eine oder andere Problem. "Wir waren sehr nah dran, es hat nicht viel gefehlt. Wir können stolz auf unsere WM sein", meinte der 26-Jährige von Real Madrid.

Auf ihn wird Deschamps auch in Zukunft bauen. Ein ähnliches Desaster wie 2010, als das chaotische Out in Südafrika den Neuaufbau der "Equipe tricolore" nach sich zog, wird es nicht geben. Als Nahziel ist die Heim-EM 2016 im Visier.

"Wir müssen diesen Geist beibehalten. Es wartet Arbeit auf uns, aber die Qualität und die Bereitschaft sind vorhanden", betonte der bis dahin als Teamchef bestätigte Deschamps. "Wir müssen dieses Momentum aufrechterhalten", forderte auch Kapitän und Torhüter Hugo Lloris.

Bis 2016 sollten junge Kräfte wie Pogba (21), Antoine Griezmann (23) oder Mamadou Sakho (24) auch weitere Schritte gemacht haben.

Was tun mit Ribery?

Mit Spannung ist zu erwarten, wie die Personalie Franck Ribery gelöst wird. Der Star von Bayern München fehlte in Brasilien wegen seiner Rückenverletzung. Hinter nicht einmal vorgehaltener Hand wurde diskutiert, dass seine Absenz der Stimmung im Team nicht nachhaltig geschadet habe.

Auch die abgelehnte Einladung des auf Ibiza urlaubenden Ribery zum Deutschland-Spiel war ein Indiz, dass sich die Sehnsucht beiderseits in Grenzen hält.

Doch der 31-jährige Ribery hat, was Frankreich noch fehlt: Erfahrung in den großen Spielen. Seine Ausbootung scheint daher unwahrscheinlich. Dass der Nachfolger schon bereit steht, bewies der nach Schlusspfiff bittere Tränen vergießende Griezmann. Er hat sich längst in die Herzen der Franzosen gespielt.

"Liberation" brachte die Gefühlslage der Grande Nation auf den Punkt: "Die Freude am Fußball ist zurück." Auch Sportministerin Najat Vallaud-Belkacem sah die Grundlage für eine erfolgreiche Heim-EM gegeben. Nach dem beschämenden Auftritt vor vier Jahren bedankte sie sich nun ausdrücklich bei den "Bleus" um Deschamps: "Sie haben unseren Farben alle Ehre gemacht."