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Die neuen Standard-Könige

Die neuen Standard-Könige

Freistoß Kroos, Kopfballtor Hummels.

Deutschlands Nationalspieler überraschen in Brasilien plötzlich als neue Standard-Könige.

Fünf von zehn Toren der Deutschen auf dem Weg ins Halbfinale gegen Brasilien sind Standardsituationen entsprungen - drei Eckbällen, einem Freistoß und einem Elfmeter.

Vor allem Joachim Löws "Air Germany" um Kopfballschreck Mats Hummels funktioniert bestens.

"Damit werden Spiele entschieden"

"Standards sind eine gute Waffe für eine Mannschaft. Damit werden Spiele entschieden", betonte Löw. Ein Zufallsprodukt ist die neue Effizienz der DFB-Elf nach ruhenden Bällen nicht.

"Wenn man lange übt, klappt das. Wir haben allgemein viel Standardtraining gemacht", verriet Stürmer Miroslav Klose nach dem 1:0-Viertelfinalerfolg gegen Frankreich, bei dem Hummels in Rio de Janeiro eine Freistoßflanke mit dem Kopf zum Siegtor ins Netz lenkte.

Schon beim 4:0 im Auftaktspiel gegen Portugal war der Innenverteidiger ebenfalls nach maßgenauem Eckball von Kroos mit dem Schädel erfolgreich gewesen.

"Ein paar Dinger machen"

"Die Standardsituation hat uns in diesem Turnier schon das eine oder andere Mal geholfen", kommentierte Philipp Lahm. "Offensiv haben wir viele Spieler, die brandgefährlich sind."

Beim Treffer zum 2:2 gegen Ghana staubte Klose ab, nachdem Benedikt Höwedes wiederum eine Ecke des Standard-Spezialisten Kroos mit dem Kopf verlängert hatte.

Beim 1:0 gegen die USA war es Thomas Müller, der nach einer Ecke den abgewehrten Kopfball von Per Mertesacker aus dem Rückraum ins Tor schlenzte. "Es freut uns, dass wir auch mal bei Standards ein paar Dinger machen", sagte Müller nach dem Frankreich-Spiel.

"Bin ein Freund vom Einstudieren"

"Wenn man sich die gesamte WM anschaut, fallen einfach viele Tore aus Standards", bemerkte Torjäger Klose. Vier der lediglich fünf Tore in den Viertelfinal-Partien waren Standardtreffer. "Gott sei Dank haben wir da eine große Stärke", betonte Klose.

Diese lag bei den bisherigen Turnieren unter Löw weitgehend brach, auch weil dem Bundestrainer die Trainingszeit oft zu kostbar für das langwierige Einüben war. Andere Dinge hatten in der Vergangenheit Priorität.

"Ich bin schon ein Freund vom Einstudieren", sagte Löw in Brasilien zum Dauerthema Standards.

"Drei bis vier richtig gute Zielspieler"

Bereits im Trainingslager in Südtirol war in den vielen geheimen Trainingseinheiten auch auf Drängen der Spieler und von Co-Trainer Hansi Flick Corner- und Freistoßvarianten einstudiert worden. "Wir haben es intensiv trainiert, Trainingszeit dafür geopfert", verriet Löws Assistent in Rio.

Das Produkt der Arbeit kann sich sehen lassen. "Früher hatten wir manchmal Probleme mit Standards. Jetzt sind wir offensiv stark", sagte Jerome Boateng. Da Löw in Brasilien in vier der fünf WM-Partien vier Innenverteidiger in der Abwehr aufbot und auf Ergebnisfußball umgeschaltet hat, werden die Standards noch bedeutsamer.

"Wir haben uns das vorher auch ausgemalt mit drei bis vier richtig guten Zielspielern. Das hat sich voll ausgezahlt", meinte Mertesacker, mit 1,98 Metern der Riese unter den Standard-Spezialkräften.

"Haben schon einen anderen Trick"

Boateng ist 1,92 m, Hummels 1,91 m und Höwedes 1,87 m groß. Gewünschter Nebeneffekt: Auch beim Verhindern von Standardtoren gibt es eine neue Lufthoheit.

Das goldene Tor von Hummels gegen Frankreich sei "nichts besonders Einstudiertes" gewesen, meinte Müller. Andere Tricks dagegen schon, etwa der fehlgeschlagene gegen Algerien, als er sich zu Boden warf, der Plan hinter der kuriosen Idee aber nicht aufging.

Weiterer Versuch gegen Brasilien oder gar im großen WM-Finale? "Nee, da haben wir schon einen anderen Trick", bemerkte Klose augenzwinkernd.