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"Musste mich nie entscheiden, für wen ich spiele"

"Ich muss zugeben, mein Deutsch habe ich ein bisschen vergessen", sagt Mateo Kovacic und schmunzelt.

Kein Wunder, ist der Austro-Kroate doch nur mehr selten in heimischen Gefilden unterwegs.

Kovacic steht bei Inter Mailand in der Serie A unter Vertrag und ist mit seinen 20 Jahren bereits fixer Bestandteil der kroatischen Nationalmannschaft, mit der er sich aktuell auf die Weltmeisterschaft in Brasilien vorbereitet.

Anfang in Oberösterreich

Dort könnte sich der allseits hochgelobte „Wunderknabe“ ins Rampenlicht spielen.

Seinen Anfang nahm alles in Oberösterreich.

Kovacic, dessen Eltern 1991 vor dem Krieg nach Österreich flüchteten, ist in Linz geboren und aufgewachsen. Dort spielte er unter anderem im Nachwuchs des LASK.

Das Talent verschlug es aber recht bald nach Kroatien. Kovacic wechselte 2007 in die Jugend von Rekordmeister Dinamo Zagreb, wo er 2010 auch den Sprung in den Profi-Kader schaffte.

Dort feierte er einen Einstand nach Maß: Gleich bei seinem Debüt erzielte der damals 16-Jährige seinen ersten Treffer. Damit war er zu diesem Zeitpunkt der jüngste Torschütze in der Geschichte der höchsten kroatischen Spielklasse.

„Ich musste mich nie entscheiden“

Auch wenn ihn seine Fußball-Karriere früh ins Ausland verschlug, fühlt sich Kovacic Österreich immer noch verbunden.

„Das ist meine Heimat, dort bin ich geboren. Meine Eltern leben noch immer in Linz, meine beiden Schwestern gehen dort in die Schule und ich habe viele Freunde in Linz. Ich bin dankbar dafür, was mir Österreich gegeben hat und bin froh, dort aufgewachsen zu sein“, sagt der 20-Jährige.

Dennoch zog es den Mittelfeldakteur bereits in jungen Jahren in die Heimat seiner Eltern. In Österreich hinderte ihn niemand daran.

„Ich musste mich nie entscheiden, ob ich für Kroatien oder Österreich spiele. Die Österreicher haben mich nie gerufen. Ich war zwar in der Linzer Auswahl, bin dann aber mit 12 Jahren nach Kroatien gewechselt. Von da an habe ich immer für Kroatien gespielt. Entscheiden musste ich mich nie“, erklärt Kovacic.

WM als „einzigartige Möglichkeit“

Der Mittelfeldspieler durchlief alle Nachwuchsnationalteams Kroatiens und feierte schließlich am 22. März 2013 beim WM-Qualifikationsspiel gegen Serbien sein Debüt im A-Nationalteam.

Auch nach dem Trainerwechsel von Igor Stimac zu Niko Kovac, der im Oktober 2013 übernahm, spielt der 20-Jährige ein wichtige Rolle bei den „Feurigen“. Mit seinem Assist im entscheidenden Playoff-Rückspiel gegen Island trug er maßgeblich zur Teilnahme der Kroaten an der WM in Brasilien bei.

Das Turnier in Südamerika könnte für den Youngster eine Gelegenheit sein, sich ins Rampenlicht zu spielen. „Es ist für uns alle eine einzigartige Möglichkeit“, weiß Kovacic, der das Vertrauen von Teamchef Niko Kovac genießt.

Konkurrenz als Vorteil

Obwohl sein derzeitiger Coach Walter Mazzarri eher auf Routine als auf Jugend setzt, empfahl sich der 20-Jährige nicht zuletzt auch durch gute Leistungen bei seinem Klub Inter Mailand, zu dem er im Jänner 2013 für die stolze Summe von 15 Millionen Euro wechselte, für das Nationalteam.

„Ich habe sehr viel gelernt in Mailand. Ich bin wirklich froh, dort zu sein. Es kann nur von Vorteil für mich sein, bei solch einem Klub zu spielen“, sagt der Youngster, der bereits von Manchester United und Liverpool beobachtet wurde.

Ähnlich wie beim italienischen Traditionsklub hat Kovacic in der Nationalmannschaft mit Luka Modric und Ivan Rakitic harte Konkurrenten um einen Platz im Mittelfeld. Für den 20-Jährigen ist das jedoch kein Nachteil, im Gegenteil.

„Konkurrenz kann nur von Vorteil sein. Dadurch wird man gefordert und man entwickelt sich weiter“, findet Kovacic.

„Können bei der WM viel erreichen“

Gemeinsam mit seinen Teamkollegen hat sich der 20-Jährige für das Turnier in Brasilien viel vorgenommen.

„Wir haben eine technisch gute und junge Mannschaft und einen guten Trainer. Wir haben uns gut vorbereitet und können uns auf die anstehenden Spiele einstellen. Wir wissen alle, was wir können. Es ist einiges möglich, wir können bei der WM viel erreichen“, glaubt Kovacic.

Der Mitteldfeldakteur weiß die bevorstehenden Aufgaben trotz des vorherrschenden Optimismus aber auch realistisch einzuschätzen: „Uns erwartet eine sehr schwere Weltmeisterschaft. Die Gruppe mit Mexiko, Kamerun und Brasilien ist alles andere als leicht“.

„In Österreich wird hart gearbeitet“

Obwohl sein Fokus seit geraumer Zeit voll und ganz auf der kroatischen Mannschaft und dem Turnier am Zuckerhut liegt, verfolgt Kovacic nebenbei auch die Entwicklung des österreichischen Nationalteams.

„Sie haben gute Spieler wie David Alaba, der für mich einer der besten Linksverteidiger der Welt ist, oder Marko Arnautovic. Es ist eine gute Mannschaft, aber sie haben noch viel Arbeit vor sich. Ich hoffe, sie werden bei der EM 2016 dabei sein. Ich wünsche ihnen natürlich viel Glück“, sagt der Youngster.

In einem Punkt, so glaubt der 20-Jährige, können die Kroaten von den Österreichern sogar noch etwas lernen.

„In Österreich wird hart und mit sehr viel Professionalität gearbeitet. In Kroatien ist es nicht so professionell. Vielleicht sind sie technisch nicht so gut wie wir, aber sie arbeiten hart“, meint Kovacic.

Österreichische Disziplin gepaart mit kroatischer Spielanlage – eine gute Mischung, wie Mateo Kovacic beweist.

Daniela Kulovits