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So tickt Rapids EL-Playoff-Gegner HJK Helsinki

So tickt Rapids EL-Playoff-Gegner HJK Helsinki

So nah und doch so fern.

Beim Auswärtsspiel im Europa-League-Playoff gegen HJK Helsinki betritt der SK Rapid unbekanntes Terrain.

Noch nie führte eine Europacupreise nach Finnland, erst zum zweiten Mal nehmen die Grün-Weißen die letzte Hürde auf dem Weg in die Gruppenphase als gesetztes Team in Angriff.

Welche Berührungspunkte hat Österreich mit dem finnischen Fußball? Wer sind die Stars? Welche Rolle spielt der Kunstrasen? Und warum hat Fußball einen untergeordneten Stellenwert?

LAOLA1 verrät, wie HJK Helsinki tickt und warum die Finnen spinnen:

  • Berührungspunkte mit Finnland

Für Rapid kommt es im Europa-League-Playoff zu einer Premiere. Noch nie duellierten sich die Grün-Weißen mit einem finnischen Kontrahenten. Auch die österreichischen Erfahrungen mit den Suomi liegen schon länger zurück. Auf Klubebene setzte sich zuletzt 1998/99 der GAK in der UEFA-Cup-Quali gegen Vaasa PS durch. Insgesamt entschieden die rot-weiß-roten Vertreter vier von sechs Europacup-Duellen mit finnischen Vertretern für sich, in zwölf Spielen gab es acht Siege, ein Remis und drei Niederlagen. Torverhältnis: 25:12. Das Nationalteam kreuzte zehn Mal die Klingen mit der nordischen Auswahl. Zu Buche stehen acht Siege, ein Remis und eine Niederlage. Vier Finnen hinterließen sogar in der Bundesliga ihre Spuren: Kimmo Lipponen (Vienna, 1988/89, 14 Einsätze, 1 Tor), Mika Pulkkinen (SW Bregenz, 2000/01, 11 Einsätze, 0 Tore), Petri Pasanen (RB Salzburg, 2011/12, 18 Einsätze, 0 Tore) und Markus Heikkinen (SK Rapid, 2007-2013, 173 Einsätze/5 Tore).

  • Das sind Helsinkis Stars

Mit acht Spielern über 30 Jahren offenbart Helsinki einen für österreichische Verhältnisse sehr alten Kader. Die Karrieren einiger Routiniers, die auch außerhalb Finnlands ihre Spuren hinterließen, neigen sich dem Ende zu. Allen voran Mikael Forssell. Der mittlerweile 33-jährige Stürmer hat das Toreschießen nie verlernt. Selbst Markus Heikkinen warnte bei LAOLA1 vor dem 86-fachen Nationalspieler (29 Tore): „Auf ihn muss Rapid auf jeden Fall aufpassen.“ In seiner Karriere, die bei HJK startete, kam er durchaus herum. Chelsea, Gladbach und Hannover 96 waren nur einige seiner Arbeitgeber. Der 32-jährige Mittelfeld-Akteur Mika Väyrynen streifte satte 60 Mal das Team-Trikot über (5 Tore) und erlebte die besten Zeiten in den Niederlanden, wo er lange Jahre sowohl für Heerenveen als auch für PSV im Einsatz war. Kapitän Teemu Tainio hat bereits 34 Lenze auf dem Buckel, blickt auf 61 Einsätze (6 Tore) für Finnland zurück und verdiente sich seine Sporen u.a. bei Tottenham, Ajax und den NY Red Bulls. Heikkinen (35), bestens bekannt von Rapid, verbuchte 60 A-Team-Einsätze und hielt sich vor seiner Station in Wien etwa auch bei Portsmouth, Aberdeen und Luton Town auf. Der aktuell torgefährlichste Mann im Kader ist der 26-jährige Gambier Demba Savage, der es in 15 Spielen auf 7 Tore brachte.

  • Der Trainer

Mika Lehkosuo ist auf der internationalen Bühne eher als Nobody einzustufen, bei HJK Helsinki machte er sich jedoch bereits zu seiner aktiven Zeit einen Namen. Insgesamt schloss sich der mittlerweile 44-Jährige drei Mal als Spieler und nun auch als Trainer dem Hauptstadt-Klub an. Nach neun Jahren als Chefbetreuer des Erstligisten FC Honka betreut er seit April Rapids Europa-League-Gegner. Bisher mit Erfolg, zumindest auf nationaler Ebene. Unter ihm wurden in 19 Spielen 14 Siege, fünf Remis und noch keine Niederlage eingefahren.

Bewerb Saison Runde Paarung Ergebnisse
Meister-Cup 1962/63 1 AUSTRIA - HIFK Helsinki 5:3 (h), 2:0 (a)
1990/91 1 FC TIROL - Kuusysi Lahti 5:0 (h), 2:1 (a)
UEFA-Cup 1970/71 1 STURM GRAZ - Ikissat Tampere 2:4 (a), 3:0 (h)
1987/88 1 Admira Wacker - TPS TURKU 1:0 (a), 0:2 (h)
1988/89 1 Vienna - TPS TURKU 2:1 (h), 0:1 (a)
1998/99
  1. Quali
GAK - Vaasa PS 0:0 (a), 3:0 (h)

Teemu Pukki im Helsinki-Dress gegen Schalkes Fuchs
  • Ehemalige Größen

HJK Helsinki diente dem einen oder anderen durchaus als Sprungbrett. So war es zum Beispiel beim 101-fachen National-Torhüter Antti Niemi. Von 1991 bis 1995 schnürte er sich die Fußballschuhe in seiner Heimat, ehe er bei Kopenhagen, den Glasgow Rangers, Heart of Midlothian, Southampton, Fulham und Portsmouth für Furore sorgte. Auch der 42-fache Teamspieler Janne Saarinen kurbelte seine Karriere bei Helsinki an, ehe er u.a. bei Rosenborg Trondheim und 1860 München landete. 2010/11 kehrte er noch einmal zu seinem Stammverein zurück. Aki Riihilahti schaffte es nach seinen Anfängen in der finnischen Hauptstadt etwa zu Crystal Palace und Kaiserslautern, auch er kehrte schlussendlich zurück. Teemu Pukki ist das aktuellste Beispiel. Nach einem misslungenen Anlauf beim FC Sevilla kehrte der Stürmer in seine Heimat zurück, um sich von Helsinki aus für Schalke und aktuell Celtic Glasgow interessant zu machen. Zumindest erwähnt werden muss auch Finnlands Rekord-Internationaler Jari Litmanen, der sich bei HJK zwar 2011/12 nur eine Saison bewährte, jedoch mit 40 Jahren noch einen finnischen Meistertitel zu seiner Trophäensammlung hinzufügen konnte.

  • Bisherige Erfolge und Europacup-Anläufe

National macht HJK Helsinki keiner etwas vor. Mit 26 Meistertiteln ist das Team aus der Hauptstadt der unangefochtene Rekord-Titelhamster. Zuletzt wurde eine Serie von fünf Liga-Titeln am Stück hingelegt. Außerdem konnte Helsinki elf Mal den finnischen Pokal und vier Mal den Ligapokal für sich entscheiden. International bleiben die Erinnerungen an die Saison 1998/99 haften. Denn damals schaffte es HJK als erste und bisher einzige finnische Mannschaft in die Gruppenphase eines Europacup-Bewerbs, zudem auch noch in die Champions League. In den Saisonen 1974/75, 1982/83 und 1985/86 war nach den K.o.-Duellen im Achtelfinale des Europapokals der Landesmeister Endstation. In den letzten Jahren scheiterte man immer wieder spätestens in den Playoffs für die Europa League bzw. in der Qualifikation für die Königsklasse. Auch dieses Jahr ging der Anlauf in der Champions League schief. Die Hoffnungen wurden gegen APOEL Nikosia nach einem 2:2 im Hinspiel mit einem 0:2 auf Zypern begraben. Als letzter Ausweg bleibt nun das EL-Playoff.

Das Sonera-Stadion in Helsinki
  • Das Kunstrasen-Stadion

Knapp über 40.000 Zuschauer beherbergt das Olympiastadion Helsinki und erinnert mit der Laufbahn ein wenig an das Happel-Oval. Dieses Stadion wird Rapid allerdings nur von außen zu Gesicht bekommen, denn das benachbarte Sonera-Stadion ist die wirkliche Heimstätte des HJK Helsinki. Hier finden gerade einmal an die 11.000 Zuschauer Platz, nur für wenige große internationale Auftritte weicht man in die weitaus größere Sportstätte aus. Das Besondere daran: Aufgrund der Wetterbedingungen in Finnland wird auf einen Kunstrasen vertraut, der im Zusammenspiel mit einer Rasenheizung die Pflege um einiges erleichtert. In der erst 2000 eröffneten Heimstätte genießt man auf dem für europäische Verhältnisse ungewohnten Terrain einen leichten Vorteil, während sich Rapid mit Extraschichten auf Kunstrasen auf diese Herausforderung vorbereitete. Zur Erinnerung: Den letzten Rapid-Auftritt auf „Artifical Grass“ gab es erst vergangene Saison. Im ersten EL-Gruppenspiel unterlagen die Grün-Weißen dem FC Thun 0:1 - kein gutes Omen.

  • Der Stellenwert des Fußballs

Finnland und den Fußball verbindet keine große Liebe, viel mehr eine untergeordnete. Eishockey ist der Nationalsport Nummer eins, der die Massen in die Hallen lockt und zudem auch äußerst erfolgreich betrieben wird. Wintersport zieht im Hohen Norden ebenfalls. “Der Stellenwert ist leider nicht so groß, wie in den anderen Ländern, wo ich gespielt habe“, musste selbst Heikkinen zugeben. In puncto Sport scheiden sich in Finnland ohnehin die Geister. Denn abseits der gängigen Betätigungen finden auch zum Leidwesen des Fußballs skurrile (Sport-) Veranstaltungen statt. Ob als Austragungsort der Weltmeisterschaft im Ehefrauentragen oder jener im Luftgitarre spielen, beim Handy-Weitwurf, Eisschwimmen, Melkschemmel- oder Stiefel-Werfen, Tisch-Trommeln, Beeren-Pflücken, Sitzen im Ameisen-Nest oder Schlamm-Fußball. Kein Wunder, dass immer wieder behauptet wird: Die spinnen die Finnen.


Alexander Karper