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"Dieser Anzug ist den Spielern ganz gut angepasst"

Schlüsselspiele sind besonders schön, wenn sie gewonnen werden.

Deswegen freute sich der FC Red Bull Salzburg nach dem 4:2-Heimsieg gegen Dinamo Zagreb am dritten Spieltag der Europa-League-Gruppenphase nicht einfach nur über den sechsten Sieg en suite.

Dieser bedeutete zugleich einen großen Schritt Richtung Einzug ins Europa-League-Sechzehntelfinale, Salzburg kann diesen mit einem Sieg in zwei Wochen in Zagreb aus eigener Kraft schaffen.

Schlüsselsieg im Schlüsselspiel

„Es ist nicht nur für mich ein schöner Tag, sondern für die ganze Mannschaft. Es ist ein wichtiger Sieg für uns“, wusste Alan, der Matchwinner mit drei Toren, um die Bedeutung dieses Erfolgs Bescheid.

Celtic mühte sich im Parallelspiel der Gruppe D gegen Astra Giurgiu zu einem 2:1-Sieg und lacht wie Salzburg mit sieben Punkten von der Spitze. Da zeigte sich auch Trainer Adi Hütter sehr zufrieden.

„Es war ein absolut tolles Spiel, ein Schlüsselspiel in dieser Gruppe gegen einen Mitfavoriten auf den Aufstieg. Es war auch ein mit vier Toren verdienter Sieg, wobei die Chancen da waren, das Spiel noch viel klarer zu gewinnen. Das einzig Ärgerliche waren die Gegentore, im speziellen das zweite.“

„Meine Mannschaft war klar besser“

So fasste der Salzburg-Coach das „interessante, laufintensive“ Spiel für sich zusammen. Bis rund zwei Stunden vor Anpfiff stand die Partie noch wegen der massiven Regenfälle im Raum Salzburg auf der Kippe, ehe kurz nach 19 Uhr grünes Licht gegeben werden konnte. Zu Recht, wie sich später erwies.

Hütter: „Wir haben uns darauf eingestellt, dass das Spiel stattfinden wird. Es waren absolut reguläre Verhältnisse, auch wenn der Boden schwierig zu bespielen war. Man musste an die Grenze gehen.“

So konnte der Ersatztermin am Freitag mit möglichen Anpfiffzeiten um 13, 19, 21 Uhr umgangen, eine daraus resultierende Verschiebung des Derbys am Sonntag gegen Grödig abgewendet und vor allem ein verdienter Sieg eingefahren werden.

„Meine Mannschaft war klar besser“, zeigte sich Hütter stolz.

Für Simunic war es eine Katastrophe

Das musste wohl auch sein ehemaliger Trainer und Augenzeuge Otto Baric, der noch vor Tagen die vermeintlich größere Klasse Zagrebs hervorhob, zugeben. Dinamo – wie auch zuvor Celtic – zeigten sich in der Mozartstadt nicht so stark wie noch in jüngerer Vergangenheit.

„Wir hatten nach dem billigen 0:1 eine große Chance durch Soudani. So etwas wird bestraft. Kurz vor der Pause kriegen wir das 0:2, das war ein Knacks. Dann weiß ich nicht, was los war. Da haben wir total die Ordnung verloren, das war eine Katastrophe“, meinte Dinamo-Kapitän Josip Simunic.

Sein Trainer Zoran Mamic legte noch einen drauf: „Ich habe selten so eine schlechte Dinamo-Mannschaft erlebt. Da waren zu wenig Engagement und zu wenig Laufbereitschaft. Die Mannschaft war unerklärlich müde. Hätte Soudani das 1:1 gemacht, wäre das Spiel vielleicht anders verlaufen. Aber wäre gibt es nicht, Salzburg hätte auch sechs oder sieben Tore machen können. Sie waren ganz einfach besser.“

Die „Bullen“ zeigten an diesem nasskalten Abend vor 12.872 Zuschauern wie schon gegen Ried zwei Gesichter. Vor allem jenes schöne der Offensive und ab und an das weniger schöne der Defensive.

Erfolgreicher Plan B

„Vielleicht hat uns, weil wir sehr viel gelaufen sind, am Ende etwas die Kraft gefehlt, dass wir nicht mehr so kompakt waren. Trotzdem sind vier Tore gegen Dinamo auch nicht alltäglich“, sprach Joker Tino Lazaro die beiden Gegentore sowie die offensive Spielfreude in einem Atemzug an.

Letztere wiederzuentdecken war das Ziel der jüngeren Vergangenheit.

„Wir haben im Team viel diskutiert, uns mit dem Trainer hingesetzt, wie wir dort wieder hinkommen. Ich denke, das werden wir step by step schaffen. Es ist sicher noch anders als letzte Saison, aber dorthin wollen wir. Das braucht Zeit.“

Defensiv wurden dem Gegner Chancen teilweise durch schwere individuelle Fehler ermöglicht.

Hütter packte erstmals auch international seinen Plan B aus, der vom System her ein 4-1-2-1-2 vorsieht, also eine Raute beinhaltet und wie beim "Debüt" gegen Ried mit gleicher Startelf in einem 4:2-Sieg resultierte.

„Jetzt könnte man sagen, es hat in beiden Fällen alles super funktioniert, aber es ist noch nicht alles rund“, sah auch Hütter wie schon gegen die Innviertler, dass der Gegner eben hochkarätige Chancen vorfand.

„Wir dürfen aber eines nicht vergessen: Wir haben dieses neue System erst seit zwei Wochen. Dass wir da fehleranfällig sind, ist normal. Die versuchen wir natürlich so schnell wie möglich abzustellen. Wenn man aber das Verhältnis der Torchancen hernimmt, habe ich nicht so viele Möglichkeiten von Dinamo gesehen. Wir selbst waren am Anfang noch sehr effizient, aber wenn man dann später fünf klare Chancen nicht verwertet, ist das einfach ärgerlich und sicherlich das, was es zu kritisieren gibt.“

„Das geht nicht von heute auf morgen“

Tatsächlich hätte Salzburg, das sich bis zum 4:0 im Gegensatz zu früher sehr effizient zeigte, dieses Spiel noch viel höher gewinnen, auf der anderen Seite aber auch vor der Pause zwei Treffer kassieren können.

Die folgten, als die Partie schon entschieden war. Nichtsdestoweniger trübten sie die gute Vorstellung etwas.

„Das zweite Gegentor war ja nicht einmal eine herausgespielte Chance des Gegners, das macht es ärgerlich“, wartet Hütter nun schon bereits elf Spiele darauf, dass seine Mannschaft endlich wieder zu Null spielt.

Das letzte Mal geschah dies beim 5:0 gegen Altach, das war noch vor dem CL-Aus in Malmö.

Der Vorarlberger Coach wird die Umsetzung seines Plan Bs weiter verfolgen. „Jeder Trainer hat unterschiedliche Ansichten und wir sind ja immer dafür kritisiert worden, dass die Mannschaft nur ein System spielen kann. Da war es schon irgendwo auch mein Ziel, die Mannschaft mit einem anderen System vertraut zu machen. Dass das nicht von heute auf morgen geht, ist klar“, bittet der 44-Jährige um Geduld.

Denn: „Ich habe die Spieler lange Zeit beobachtet und bin der Auffassung, dass sich Spieler wie Lazaro, Kampl, Bruno, Keita und Leitgeb im Zentrum sehr wohl fühlen. Vom Personal her finde ich, dass uns dieses System entgegenkommen kann. Aber das werden wir erst über Wochen sehen.“

„Ändert nichts an der Spielphilosophie“

Und es ist für ihn nicht auszuschließen, dass das alte, so erfolgreiche System wieder zum Tragen kommt. Zumal es nicht um die grundsätzliche Spielidee geht, die weiter den Fokus auf das Spiel gegen den Ball legt.

„Für mich ist entscheidend, dass eine gute Mannschaft variabel und flexibel ist und nicht nur ein System spielen kann. Wenn wir auf das alte zurückgreifen würden, bin ich überzeugt, dass es innerhalb von zwei Trainingstagen implementiert ist. Aber ich bin als Trainer überzeugt, dass es wichtig ist, seinen Spielern ein zweites Gesicht mitzugeben, eine andere Systematik kennenzulernen. Das Wichtigste ist aber, dass sich unsere Spielanlage und unsere Spielphilosophie deswegen überhaupt nicht ändert.“

Einen Vorteil sieht der Trainer auch darin, dass mehrere Spieler mehrere Positionen spielen können.

Kampl auf der Zehn?

So könnte etwa nicht nur Bruno, dem diese Position besser liegt, an der Spitze der Raute fungieren. „Kampl oder Soriano können dort auch spielen. Wir haben auch einige Sechser, die die drei Positionen dahinter spielen können. Der Anzug ist diesen Spielern ganz gut angepasst.“

In zwei Wochen kann Salzburg die Weiterentwicklung in Zagreb präsentieren. Für Dinamo geht es da schon um alles.

„Dort wartet auf Salzburg sicher ein schwierigeres Spiel als heute. Da geht es für uns um alles und wir werden alles daran setzen, dass wir dort gewinnen“, verspricht Simunic.

„Dinamo steht sicher mehr unter Druck als wir, sie müssen gegen uns gewinnen. Uns wird eine heiße Atmosphäre erwarten und eine Mannschaft, die auf Revanche aus ist. Da müssen wir sicher wieder an unsere Grenzen gehen, wenn wir gewinnen wollen“, erwidert Hütter.

Und Lazaro erinnert zumindest in diesem Kontext an das Selbstbewusstsein aus der vergangenen Saison: „Wir werden dort auf Sieg spielen und alles daran setzen, dass wir den Aufstieg fixieren.“

 

Bernhard Kastler