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Die Gruppe D im LAOLA1-Check

Die Gruppe D im LAOLA1-Check

Vor den ersten Gruppenspielen stellt LAOLA1 die Spielarten der einzelnen Mannschaften vor. Welche Systeme erwarten uns? Wo liegen die Stärken, wo die Schwächen? Und welche Spieler stehen bei ihren Teams besonders im Fokus?

Nach Gruppe A, Gruppe B und Gruppe C diesmal an der Reihe: Die Gruppe D mit dem Titel-Mitfavorit Frankreich, sowie England, Schweden und die Ukraine.

Karim Benzema soll Räume aufreißen
Frankreich: Der Rückkehr der Fraternité

Mögliche Aufstellung (4-2-3-1): Lloris (Lyon) - Debuchy (Lille), Rami (Valencia), Mexes (Milan), Evra (ManUnited) - Cabaye (Newcastle), M'Vila (Rennes) - Malouda (Chelsea), Nasri (ManCity), Ribery (Bayern) - Benzema (Real)

Kaum einer hat die Geschehnisse der WM 2010 vergessen. Trainingsboykott, Ausscheiden in der Vorrunde und mediales Chaos - in eindrucksvollster Manier demontierten sich die Solisten der "Grande Nation" selbst. Mit Laurent Blanc kehrte aber eine neue Einheit ein. Gemeinsam sind sie stark - oder wollen das zumindest sein. Prunkstück der "Bleus" ist die Offensivabteilung. Samir Nasri kommt die Rolle des Zehners zu, Franck Ribery sorgt auf Links für Gefahr und Karim Benzemas Qualität ist ohnehin unbestritten. Der rechte Flügel ist allerdings eine einzige Wundertüte. Florent Malouda, Mathieu Valbuena und Jeremy Menez haben allesamt unterschiedliche Qualitäten und ermöglichen verschiedene Spielsysteme. Malouda scheint dem letzten Testspiel zufolge die Nase vorn zu haben. Für den Spielaufbau sind drei Spieler zentral. Mathieu Debuchy legt seine Rolle als Rechtsverteidiger sehr offensiv aus und rückt prinzipiell auf, Cabaye und M'Vila - über dem zumindest für das erste Spiel ein verletzungsbedingtes Fragezeichen schwebt - verteilen den Ball an die drei Kreativspieler. Diese entfernen sich für gewöhnlich nicht sehr weit voneinander und versuchen, lokale Überzahlsituationen herzustellen. Debuchy strahlt mit seinen Läufen auf Rechts permanent Gefahr aus, während Benzema unermüdlich Gegner an sich bindet. Man merkt schon - gegen Frankreich verteidigt es sich nicht leicht.

Joe Hart ist Englands Rückhalt
England: Britische Improvisationskunst

Mögliche Aufstellung (4-4-1-1): Hart (ManCity) - Johnson (Liverpool), Terry (Chelsea), Lescott (ManCity), Cole (Chelsea) - Walcott (Arsenal), Parker (Tottenham), Gerrard (Liverpool), Milner (ManCity) - Young (ManUnited) - Welbeck (ManUnited)

Zwei Dinge prägten Englands Vorbereitung auf die EURO. Verletzungspech und die späte Bekanntgabe des neuen Trainers Roy Hodgson. Dieser musste der Mannschaft in kurzer Zeit ein taktisches System beibringen. Dabei dürfte die Wahl wohl auf ein 4-4-1-1 gefallen sein - denn der 65-Jährige braucht seine zwei Viererketten wie ein Raucher seine Glimmstängel. Da kommt es gelegen, dass auch unter Vorgänger Fabio Capello dieselbe Taktik praktiziert wurde. Auch abseits des Systems hat sich wenig verändert. Der englische Fußball zeichnet sich wie gewohnt durch Zweikampfstärke, schnelle Außenspieler und Stürmer mit bulligen Körpern, die diese auch gekonnt einsetzen, aus. Das Problem: Die "Three Lions" waren in der Qualifikation enorm auf Wayne Rooney angewiesen, der als hängende Spitze immer anspielbar war, Bälle verteilte und auch die Tore selbst schoss. Der Top-Star ist aber für die ersten zwei Spiele gesperrt. Wie die Aufstellung in seiner Abwesenheit aussieht, steht in den Sternen - eine Variante wäre Ashley Young auf Rooneys Position und Andy Carroll als Brecher in der Spitze. Doch nach den letzten Testspielen dürfte wohl ManUniteds Welbeck die besten Chancen auf den Platz ganz vorne haben.

"Ibra" ist der Trumpf der Schweden

Schweden: Der verkehrte Ibrahimovic

Mögliche Aufstellung (4-2-3-1): Isaksson (PSV Eindhoven) - Lustig (Celtic), Mellberg (Olympiakos), J. Olsson (West Brom), M. Olsson (Blackburn) - Svensson (Elfsborg), Källström (Lyon) - Larsson (Sunderland), Ibrahimovic (Milan), Toivonen (PSV) - Elmander (Galatasaray)

Mit der Entlassung von Lars Lagerbäck fand der schwedische Fußball 2009 seinen Offensivdrang wieder. Sein Nachfolger Erik Hamren baut in erster Linie auf Kontrolle des Mittelfelds und seinen Topstar Zlatan Ibrahimovic. Dieser übernimmt im Nationalteam eine völlig andere Rolle als bei Milan. Irgendwo zwischen hängender Spitze und Zehner bewegt sich der 1,95-Hüne im Team als Freigeist über das Feld. Das Spiel der Schweden steht und fällt mit dem Mittelfeld. Källström und Svensson stehen relativ tief, wobei Källström mehr Freiräume hat, da ihm die Aufgabe des Spielmachers zukommt. Das Sorgenkind der Skandinavier ist die Verteidigung. Durch die Verletzung des Celtic-Innenverteidigers Majstorovic rutscht wohl Olsson in die Startaufstellung. Rechtsverteidiger Lustig gilt als gesetzt, hat bei Celtic aber wenige Einsätze vorzuweisen. Desweiteren bereitet Hamren die Verletzung von Elmander Kopfzerbrechen. Er sollte zum Start zwar fit werden, wenn nicht, gäbe es zwei Änderungen: Toivonen würde vom linken Flügel in die Spitze rutschen, statt ihm dürfte Rasmus Elm beginnen.

Andriy Shevchenko ist wohl nur Ersatz
Ukraine: Mehr als nur drei Fragezeichen

Mögliche Aufstellung (4-4-2): Pjatow (Shaktar Donezk) - Butko (Mariupol), Khacheridi (Dynamo Kiew), Mykhalik (Dynamo Kiew), Selin (Vorskla Poltava) - Yarmalenko (Dynamo Kiew), Tymoshchuk (Bayern), Rotan (Dnipro Dnipropetrowsk), Konoplyanka (Dnipropetrowsk) - Devic (Metalist Charkiw), Voronin (Dinamo Moskau)

Kaum einer weiß, was man von der Ukraine erwarten soll. Teamchef Oleg Blochin experimentierte in den Testspielen mit der Aufstellung wie ein übereifriger Chemiker. Obige mögliche Aufstellung ist nur eine von unzähligen. Das ist zugleich Stärke wie Schwäche des Gastgebers. Die Unberechenbarkeit macht es gegnerischen Coaches in der Vorbereitung nicht leicht, allerdings wissen die Spieler selbst nicht so recht, was sie zu erwarten haben. Die Taktik wird wohl eine Mischung aus 4-2-3-1 und 4-4-2 sein, das Spiel der Ukraine basiert auf dem klassischen Außenseiter-Schema: Eine gesicherte Defensive ist das Wichtigste, Tore sollen durch schnelles Umschalten und effektives Konterspiel erzielt werden, das Spiel machen wollen und werden die Gelb-Blauen auch vor Heimpublikum nicht. Einer der zwei Stürmer lässt sich im Angriff oft zurückfallen, um die Lücke zwischen Abwehr und Angriff zu schließen. Auf den Flanken machen die zwei Offensiv-Trümpfe der Gastgeber ihre Meter: Konoplyanka und Yarmalenko sind nach Tymoshchuck wohl die stärksten Akteure in der Blochin-Elf. Der Bayern-Sechser ist noch hinter Rotan der Abräumer vor der Viererkette, übernimmt aber auch den Spielaufbau zu großen Teilen. Auch Torgefahr soll der zum Tausendsassa umfunktionierte Hoffnungsträger ausstrahlen - namentlich mit seiner Schusskraft aus der Distanz. Letztlich bleibt die Erkenntnis, dass sich die Ukrainer gegenüber dem Testspiel gegen Österreich gewaltig steigern müssen, um bei der EURO zu bestehen.

 

Martin Schauhuber