news

"Es war an der Zeit, dass wir auch einmal Glück haben"

Ganz England bejubelt nach dem Einzug ins EM-Viertelfinale die Rückkehr des so lange schmerzlich vermissten Turnierglücks. Nach dem schmeichelhaften 1:0-Erfolg über die Ukraine träumen die "Three Lions" nun sogar vom ersten Titel seit dem WM-Triumph 1966 im eigenen Land.

"So gut habe ich mich noch nie nach einem Tor für England gefühlt", betonte Goldtorschütze Wayne Rooney nach dem Sieg in Donezk. "Ich habe lange Zeit nicht mehr in einem Turnier getroffen, und es gab so viel Gerede über mein Comeback vor diesem Spiel."

673 Turnierminuten ohne Tor

Vor acht Jahren bei der EURO in Portugal war Rooney, der die ersten beiden englischen Partien der EURO 2012 wegen einer Sperre verpasst hatte, sein bisher letzter Teamtreffer bei einer EM oder WM gelungen.

673 Minuten musste er auf dieses Erfolgserlebnis warten. Selbst die klare Fehlentscheidung über das nicht gegebene Tor für die Ukraine schmälerte seine Freude in keiner Weise.

"Jeder sagt, dass der Ball hinter der Linie war", meinte Rooney zum vermeintlichen Ausgleich von Marko Devic (62.), "aber es war an der Zeit, dass wir auch einmal ein bisschen Glück haben."

Ausgleichende Ungerechtigkeit nach der WM 2010

Ein "gewisses Maß an Gerechtigkeit" erkannte die BBC in der meist diskutierten Szene dieser EM.

Nachdem Frank Lampard im WM-Achtelfinale in Südafrika gegen Deutschland (1:4) vor zwei Jahren ein klarer Treffer zum 2:2 versagt geblieben war, wähnt sich der Ex-Weltmeister bei dieser EURO endlich auf der richtigen Seite des Schicksals.

"Vor zwei Jahren hatten wir das Glück nicht, heute war es zu unseren Gunsten", meinte der erneut souverän spielende Kapitän Steven Gerrard.

Haarspray für Rooneys neue "Matte"

Bei großen Turnieren war auch Rooney zuletzt glücklos geblieben, seit dem 4:2-EM-Erfolg am 21. Juni in Lissabon gegen Kroatien hatte er nicht mehr getroffen.

Die Erleichterung war nun so groß, dass der bullige Stürmer - ein Jahr nach einer Haartransplantation - beim Torjubel in der 48. Minute scherzhaft die Nutzung von Haarspray andeutete.

Rooneys Kopfballabstauber aus knapp einem Meter macht den Engländern Mut. "Er wird mit jedem Spiel stärker, bekommt mehr Selbstvertrauen. Er ist so wichtig für uns", pries ihn etwa Gerrard.

Lob gab es auch von Teamchef Roy Hodgson, der davon sprach, dass Rooney Charakter gezeigt habe: "Wir kennen seine Qualitäten. Diese 80 Minuten heute werden ihm erlauben, das nächste Spiel mit noch mehr Zuversicht anzugehen."

Glaube wächst

Nach zahlreichen Verletzungen von Schlüsselspielern war England in diese EM mit so niedrigen Erwartungen wie lange nicht mehr gestartet. Doch inzwischen ist der Glaube des jungen Teams an die eigene Stärke so groß geworden, dass auch ein Viertelfinalsieg über die Italiener möglich scheint.

"Wir wollen dieses Turnier so lange wie möglich genießen und so gut wie möglich spielen - wer weiß, wie weit uns das bringen kann?", meinte Hodgson, der nach dem fünften Spiel seit seinem Amtsantritt weiter ohne Niederlage (vier Siege, ein Remis) ist.

Dank des Gruppensieges blieb England auch das gefürchtete Duell mit Titelverteidiger Spanien vorerst erspart, erst im Finale könnte es zu diesem Aufeinandertreffen kommen. "Italien wird aber genauso schwer wie Spanien, das ist die K.o.-Phase", betonte Innenverteidiger Joleon Lescott.