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Die Gruppe B im LAOLA1-Check

Die Gruppe B im LAOLA1-Check

Vor den ersten Gruppenspielen stellt LAOLA1 die Spielarten der einzelnen Mannschaften vor. Welche Systeme erwarten uns? Wo liegen die Stärken, wo die Schwächen? Und welche Spieler stehen bei ihren Teams besonders im Fokus?

Nach Gruppe A diesmal an der Reihe: Die Gruppe B mit den Titel-Mitfavoriten Deutschland, Niederlande, Portugal und Dänemark.

Die Debatte: Mertesacker oder Hummels?

Deutschland: Die pure Unberechenbarkeit

Mögliche Aufstellung (4-2-3-1): Neuer (Bayern München) - Boateng (Bayern), Badstuber (Bayern), Mertesacker (Arsenal), Lahm (Bayern) - Khedira (Real Madrid), Schweinsteiger (Bayern) - Müller (Bayern), Özil (Real), Podolski (Arsenal) - Klose (Lazio Rom)

Die unbestrittene Stärke der Deutschen ist ihre Flexibilität. Jogi Löw testete in der Qualifikation und in Testspielen unzählige Taktiken und Besetzungen. Auch ein 4-1-4-1 mit noch mehr Kreativität wäre denkbar, als Favorit gilt aber das klassische 4-2-3-1. Früher noch stark auf schnelle Gegenstöße ausgerichtet, setzen die Deutschen mittlerweile mehr auf eigenen Ballbesitz und Dominanz, um auch tief liegende Abwehrriegel durchbrechen zu können. Die Doppelsechs aus Khedira und Schweinsteiger (als dritte Option scharrt ein gewisser Toni Kroos in den Startlöchern) besitzt Weltklasse-Format. Davor bewiesen Müller, Özil, Podolski und Klose schon mehrfach blindes Verständnis. In der Innenverteidigung ist Badstuber gesetzt, viele wollen neben ihm aber Double-Gewinner Hummels statt des Langzeitverletzten Mertesacker sehen. Ansonsten scheinen die Plätze klar vergeben zu sein, vor allem in der Offensivabteilung liest sich die Bank trotzdem exquisit. Götze, Reus und Gomez - drei der besten Spieler der abgelaufenen Bundesliga-Saison warten auf ihre Einsätze.

Van Persie soll für Tore sorgen

Niederlande: Schönheit im Pragmatikerkostüm

Mögliche Aufstellung (4-2-3-1): Stekelenburg (AS Roma) - van der Wiel (Ajax), Mathijsen (Malaga), Heitinga (Everton), Willems (PSV Eindhoven) - van Bommel (PSV), de Jong (Manchester City) - Robben (Bayern), Sneijder (Inter), Afellay (FC Barcelona) - van Persie (Arsenal)

Unter Bert van Marwijk brach für die Elftal eine neue Ära an. Wurde das Dauer-Abo auf 4-3-3 schon von dessen Vorgänger Marco van Basten beendet und auf 4-2-3-1 umgestellt, perfektionierte der aktuelle Bondscoach den neu gewonnenen Pragmatismus. In der Defensive wandelt sich das System zu einem 4-4-2 mit Sneijder als zweiter Pressing-Spitze. Die zwei Viererketten machen den Raum eng, gegen schnelle Gegenstöße ist man durch die zwei defensiven Sechser gewappnet. Mit der Aufstellung des 18-jährigen, offensiv-orientierten Dribblanskis Jetro Willems als Linksverteidiger muss van Marwijk einiges riskieren. Aufgrund der Verletzung von Stammkraft Erik Pieters bleibt ihm aber nichts anderes übrig. Die taktische Ausrichtung der Offensive wird in hohem Maße von der Besetzung abhängen. Hier hat der Bondscoach ein Luxusproblem: Mit Robin van Persie und Klaas-Jan Huntelaar stehen ihm zwei der profiliertesten Goalgetter der Welt zur Verfügung. Das System der Niederlande ist aber unweigerlich auf nur eine Sturmspitze ausgelegt. Zumindest das erste Spiel wird van Marwijk mit van Persie an der Front in Angriff nehmen. Hinter ihm sollen Afellay, Spielmacher Sneijder und Arjen Robben für Impulse sorgen. Hier sind Rochaden aber durachaus denkbar. Van Persie könnte bei einem Huntelaar-Einsatz auf den rechten Flügel rutschen und Kuyt stellt ernstzunehmende Konkurrenz für Afellay dar.

Ronaldo und Bento verstehen sich prächtig

Portugal: Außen geht die Star-Post ab

Mögliche Aufstellung (4-3-3): Patricio (Sporting) - Pereira (Sporting), Alves (Zenit), Pepe (Real), Coentrao (Real) - Veloso (FC Genua), Meireles (Chelsea), Moutinho (Porto) - Nani (ManUnited), Postiga (Saragossa), Ronaldo (Real)

Das Spiel der Portugiesen steht und fällt mit den Superstars Cristiano Ronaldo und Nani. Dementsprechend ist es auch voll auf sie ausgelegt. Die sehr zentral agierenden "Flügelstürmer" sind für die Tore zuständig. Haben sie den Ball, ist es das Ziel ihrer Teamkollegen, mit Läufen abseits des Balles Verteidiger zu beschäftigen. Das soll für Ronaldo und Nani Platz für Dribblings und Distanzschüsse - die Spezialitäten der beiden Stars - schaffen. Mittelfeldmann Raul Meireles soll die Gegner mit seiner Schusstärke in Verlegenheit bringen. Das Problem ist jedoch die mangelnde Kreativität im Mittelfeld - die beiden Achter Moutinho und Meireles fühlen sich in der schnellen Vorwärtsbewegung wohler als im statischen Räume öffnen. Damit ist das große Problem oft die Frage, wie der Ball zu den beiden Ballkünstlern an der Front kommt. Die Sturmspitzen - Helder Postiga bzw. Hugo Almeida - besitzen keine EURO-reife Qualität, die Innenverteidigung bilden mit Pepe und Bruno Alves zwei erfahrene, aber ständig Rot-gefährdete Akteure. Zu Problemen für Paulo Bentos Elf könnte außerdem die mangelnde Defensivarbeit der drei Stürmer und das langsame Umschalten bei Ballverlusten führen.

Seit 2000 ist Morten Olsen Trainer der Dänen
Dänemark: Kollektiv als Weltanschauung

Mögliche Aufstellung (4-2-3-1): Andersen (Evian) - Jacobsen (Kopenhagen), Kjaer (AS Roma), Agger (Liverpool), Poulsen (Alkmaar) - Zimling (FC Brügge), Kvist (Stuttgart) - Rommedahl (Brondby), Eriksen (Ajax), Krohn-Dehli (Brondby) - Bendtner (Arsenal)

Dänemark steht für Kollektiv. Egal, wer den Ball hat, jeder versucht, sich ins Spiel einzubringen. Man kennt sich und das System in- und auswendig - nicht zuletzt, da Teamchef Morten Olsen schon zwölf Jahre lang am Werk ist und dementsprechend für enorme Kontinuität steht. Von hinten wird das Spiel unberechenbar aufgebaut. Der Innenverteidiger Daniel Agger ist ungewohnt spiel- und passstark und bringt damit eine weitere Möglichkeit außer klassischem Aufbauspiel durch die Doppelsechs bzw. die Außenverteidiger. Für Geniestreiche - unter anderem bei ruhenden Bällen - soll Jungstar Christian Eriksen sorgen. Der klassische Zehner harmoniert blendend mit der gesetzten Sturmspitze Bendtner und produziert mit seiner Übersicht nicht zu knapp Chancen. Hinter ihm agieren Kvist und Zimling sehr defensiv und sichern bei Ballverlusten verlässlich ab. Auf Rechts wird mit Dennis Rommedahl ein bekanntes Gesicht seine Meter abspulen, hier kann man mit vielen Flankenläufen rechnen. Sein Partner auf der linken Seite, Michael Krohn-Dehli, ist mehr eine Mischung aus Flügelstürmer und Ballverteiler und bringt eine weitere schwer berechenbare Facette in das Allround-Spiel der Dänen.

 

Martin Schauhuber