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"Ich bin Trainer, auch wenn ich keinen Verein betreue"

"Wir sind jetzt gerade dabei, die Mannschaft wieder seelisch auf Vordermann zu bringen", sagt Edi Stöhr im LAOLA1-Interview.

Doch die Zeit drängt. Denn der SCR Altach träumt immer noch vom Aufstieg. Wenngleich die Ausgangsposition nicht die beste ist.

Doch der Trainer glaubt noch an den Aufstieg. Und auch daran, dass sein "Highspeedsoccer" in Österreichs zweithöchster Spielklasse umzusetzen ist.

Zudem spricht der 55-jährige Deutsche über das Scouten von Franck Ribery und eiskalte Winter in Katar.

LAOLA1: Sie haben mit dem knappen Heimsieg gegen Hartberg einen guten Einstand geliefert, dann kamen aber die Niederlagen gegen Austria Lustenau und den LASK. Hat es in den Altach den so genannten „Trainereffekt“ gar nicht gegeben?

Edmund Stöhr: Das kann man sehen, wie man will. Tatsache ist, dass wir uns mehr versprochen hatten, als wir dann geleistet haben. Allerdings muss man auch sehen, dass der Trend in der Rückrunde einfach deutlich war. Die Mannschaft hat weder guten, noch erfolgreichen oder konstanten Fußball gespielt. Das waren drei wesentliche Faktoren, die wir verändern wollten. Das haben wir geschafft. Wir spielen in der Tat wieder besseren Fußball, das hat sich gegen Austria Lustenau und gegen den LASK deutlich gezeigt. Was noch fehlt, ist die Stabilität in der Defensive. Wir machen noch zu viele Fehler und sind im Eins-gegen-Eins noch nicht clever genug. Diese Fehler brechen uns im Moment das Genick, aber noch ist nicht aller Tage Abend.

LAOLA1: Am Freitag wartet das nächste direkte Duell gegen einen Aufstiegskandidaten. Sie haben aktuell sechs Punkte Rückstand auf den WAC. Ist ein Auswärtssieg Pflicht?

Stöhr: Es ist eine verzwickte Angelegenheit. Wir stehen am Schluss der Saison und in der Tat müssen wir, wenn wir die geringe Chance, die zweifellos noch vorhanden ist, nützen wollen, gewinnen. Es ist eben so, dass manche Mannschaften mit solchen Situationen gut umgehen können, und andere weniger. Barcelona hätte am Dienstag auch gewinnen müssen. Manche Teams schaffen einen Sieg gerade deshalb nicht, weil sie gewinnen müssen. Da ist der Druck oft zu groß, man verkrampft, die Leichtigkeit geht verloren, die Fehlerhaftigkeit steigt an. Wir wollten eigentlich vermeiden, in eine solche Situation zu kommen. Wir sind jetzt gerade dabei, die Mannschaft wieder seelisch auf Vordermann zu bringen, damit sie mit großer Freude Fußball spielt.

LAOLA1: Glauben Sie also noch an den Aufstieg?

Stöhr: Natürlich habe ich den Glauben. Ich muss vorbildlich sein und meine Spieler dazu bringen, sich nur auf das nächste Spiel zu konzentrieren. Ich werde aber sicher nicht vor die Medien treten und sagen: „Wir werden aufsteigen!“

LAOLA1: Gegen den LASK hatte man die niedrigsten Zuschauerzahlen dieser Saison. Glauben Ihre Fans noch an den Aufstieg?

Stöhr: In so einer Situation kommt alles zusammen. Das Wetter war ja auch extrem schlecht. Aber es ist klar, dass wir unseren Zuschauern auf Dauer gerne mehr bieten würden als ein mit Mühe und Not herbeigeführter Sieg gegen Hartberg. Es ist aber oftmals nicht so leicht, den Knopf zu finden, der alles, was bisher schlecht gelaufen ist, zum Guten ändert. Das ist halt eine Problematik im Fußball.

LAOLA1: Sie haben einen Vertrag bis Sommer 2013. Haben Sie sich schon eingelebt bei Altach?

Stöhr: Altach ist ja ein Teil von Vorarlberg. Ich bin mehr oder weniger Vorarlberger, habe ja schließlich einen großen Teil meiner beruflichen Laufbahn hier verlebt. Ja, ich habe mich sehr gut eingelebt. Ich glaube, das liegt aber auch daran, dass ich jemand bin, der gerne auf andere Leute zugeht und Aufgaben mit Begeisterung angeht. Ich mache es Leuten einfach, mit mir umzugehen, weil ich offen bin, weil ich nachfrage und zuhöre. Es fällt mir also nicht schwer, mich irgendwo einzuleben.

LAOLA1: Was haben Sie in der Zeit, in der Sie keinen Verein hatten, gemacht?

Stöhr: Ich bin nicht nur Trainer, wenn ich einen Verein betreue. Ich bin immer Trainer. Trainer ist man, wie man auch Maurer oder Professor ist. Das ist man einfach. Daher mache ich alles, was ich sonst auch mache, nur betreue ich keinen Verein. Ich habe journalistisch gearbeitet, habe Kolumnen geschrieben, war viel auf Fußballplätzen und oft im Ausland.

LAOLA1: Sie haben auch eine eigene Homepage - highspeedsoccer.com – und beschreiben darin, warum Sie diesen Namen gewählt haben. Ist Ihre Vorstellung von Highspeed-Fußball in der zweithöchsten österreichischen Liga umsetzbar?

Stöhr: Das ist überall umsetzbar. Leider ist meine Homepage nicht immer Up-to-Date, weil das ein riesiger Aufwand ist. Sie heißt highspeedsoccer, weil ich in meinem Leben zu der Überzeugung gekommen bin, dass die Idee im Fußball nur darin liegt, mit voller Hingabe und allem, was Fußball betrifft, auf dem bestmöglichen Niveau zu agieren. Highspeedsoccer ist in Österreich auch in der zweiten Liga möglich. Entscheidend ist derjenige, der vorne steht und den Spielern erklärt, dass diese Spielidee die richtige ist. Das geht nicht von heute auf morgen. Ich glaube, dass das beste Beispiel für Highspeedsoccer im deutschsprachigen Raum die Borussia aus Dortmund ist. Der Kloppo hat lange gebraucht, um dort Fuß zu fassen, aber das ist jetzt einfach sehr stabil. Meine Idee von Fußball ist aus den vielen Reisen und theoretischen Überlegungen entstanden.

LAOLA1: Sie haben die Reisen angesprochen: Auf Ihrer Homepage haben Sie eine Spielerbeobachtung des damals 23-jährigen Franck Ribery. Damals waren Sie als Scout für Wolfsburg und Hertha BSC tätig. Für wen haben Sie ihn beobachtet?

Stöhr: Es war eigentlich nicht Ribery, den ich beobachtet habe. Es waren je ein Spieler von Nantes und einer von Marseille. Aber wenn ein Spieler derart hervorsticht, dann macht man sich natürlich auch da Notizen. Es war aber damals schon klar, dass Ribery weder für Wolfsburg, noch für Hertha ein Thema wäre. Dafür war er einfach zu gut.

Edi Stöhr hat sich in den drei Wochen bei Altach gut eingelebt

LAOLA1: Sie waren selbst auch in Katar tätig, wo die WM 2022 stattfinden wird. Es gab die Diskussion, ob diese WM im Sommer, oder doch lieber im Winter stattfinden sollte. Wie ist das Klima in Katar?

Stöhr: Ich bin damals Ende November hinuntergekommen. Damals war es derartig arschkalt, dass ich einen Wintermantel gebraucht habe. Es hat wochenlang nur geregnet. Man hat mir im Nachhinein gesagt, dass das nach 50 Jahren der erste kalte Winter war. Im Laufe des Frühjahres wurde es dann so warm, dass man beim Öffnen der Türe dachte, man läuft gegen eine Wand. Wir waren bis Juni in Katar, da hatte es 45 Grad. Man konnte kaum noch atmen. Da braucht man täglich mindestens fünf Liter Wasser, weil man schon schwitzt, wenn man nur steht. In Räumen ohne Klimaanlage ist es für einen Zentraleuropäer nicht aushaltbar. Ich weiß nicht, wie das gehen soll. Das kann eigentlich nur in vollklimatisierten, überdachten Stadien funktionieren.

LAOLA1: Ist es gut für den Fußball, eine Veranstaltung dieser Größe in einem solchen Land abzuwickeln?

Stöhr: Wer bin ich, dass ich Entscheidungen der FIFA kommentiere? Da sind bestimmt klügere Leute am Werk. Als Zuschauer aus der Distanz würde ich aber sagen, dass es eine Entscheidung mit vielen Fragezeichen ist.

LAOLA1: Der Formel-1-Grand-Prix in Bahrain am vergangenen Wochenende sorgte für viel Aufsehen und viele Diskussionen. Katar ist das Nachbarland von Bahrain. Auch wenn die WM erst in zehn Jahren stattfindet: Ist es aus politischer Sicht sicher, eine WM an ein solches Land zu vergeben?

Stöhr: Katar nimmt eine neutrale und vermittelnde Position innerhalb der Weltgemeinschaft ein. Da würde ich sagen, sind solche Dinge wie in Bahrain fast ausgeschlossen. Das gesamte Gebiet da unten ist allerdings hochexplosiv. Die FIFA wird ihre Gründe gehabt haben, warum sie die WM dorthin vergibt.

LAOLA1: Gibt es einen Verein, den Sie nie bzw. besonders gerne trainieren würden?

Stöhr: Nein, ich wüsste keinen, der mir da einfällt. Es kann durchaus sein, dass man ein Angebot bekommt und bei den Recherchen draufkommt, dass die Zielsetzung und die Vorgehensweise nicht ganz entspricht. Ich bin in einem Alter, in dem man nicht mehr verträumt ist. Natürlich würde man sich einen international tätigen Verein wünschen, der beste Möglichkeiten bietet und einen Trainer in seinen Überzeugungen über längere Zeit arbeiten lässt. Von Herzen bin ich Berliner, das gebe ich offen zu. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht gerne bei der Hertha Trainer gewesen wäre. Aber die Wege sind verschlungen.

LAOLA1: Kann es irgendwann eine Rückkehr zu Austria Lustenau geben?

Stöhr: Ich bin Trainer, und als solcher bin ich offen für alles. Wie gesagt, die Wege sind verschlungen. Ich bin nicht im Bösen von Lustenau gegangen und wir haben auch einiges erreicht.

 

Das Gespräch führte Rainer Liebich