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"Jeder Präsident soll in die Kabine kommen können"

Es gibt einfachere erste Trainer-Stationen im Profifußball als jene von Mladen Posavec.

Vergangenen Oktober trat der Kroate das Erbe von Helgi Kolvidsson an, der zuvor über drei Jahre Austria Lustenau geprägt hat. Jenen Verein, der am besten Weg dazu war, als Vorarlbergs Aushängeschild in die Bundesliga zurückzukehren. 

Der sicher geglaubte, aber verpasste Aufstieg im Jahr 2013 hat bis heute seine Spuren hinterlassen. Das Jahr des hundertjährigen Bestehens schließt der Klub mit einem Minus von 172.000 Euro ab, die sportliche Realität heißt Abstiegskampf statt Aufstiegstraum.

Nach dem 2:4 zum Auftakt ins Frühjahr gegen Liefering liegt die Austria gerade noch drei Zähler vor der Abstiegszone der Ersten Liga. Wie bringt man ein Team aus dieser misslichen Lage?

Möglicherweise mit ungebremstem Optimismus. Diesem hat sich Posavec zumindet verschrieben.

Und das, obwohl es nach einem überraschenden Besuch in der Kabine beim letzten Meisterschaftsspiel im Herbst schon wilde Gerüchte um seine vorzeitige Ablöse gab. 

Doch die sind vergeben und vergessen. "Positive Gedanken sind die Generalprobe für unsere Handlungen", sagt Posavec und öffnet seine Kabinentür weiterhin gerne, wie er im LAOLA1-Interview erzählt:

LAOLA1: Wie haben Sie sich und Ihre Mannschaft im Winter auf den Abstiegskampf eingestellt?

Mladen Posavec: Das war die große Herausforderung für mich, als ich gekommen bin. Die Erwartungen des Vereins zur Beginn der Saison waren ganz andere. Wir waren ein Aufstiegskandidat, dann haben wir uns durch die schlechten Ergebnisse im unteren Teil der Tabelle wiedergefunden. Diese Situation war nicht leicht in die Köpfe der Spieler zu bekommen. Man muss die Vergangenheit zwar analysieren, aber hinter sich lassen und sich nur mit der Gegenwart beschäftigen, und das ist nun einmal purer Abstiegskampf. 

LAOLA1: Sie haben nach Ihrem Engagement im Oktober erstmals Zeit gehabt, eine Vorbereitung mit der Mannschaft zu durchlaufen. Wie sehr hat das Team schon verinnerlicht, was Sie von ihm verlangen?

Posavec: Ich bin davon überzeugt, dass die Mannschaft und jeder einzelne im Verein es verstanden haben, dass wir das nur durch Zusammenhalt und positiven Gedanken schaffen werden. Wenn ich es nicht als Trainer glauben würde, wer sollte es dann tun? Ich bin der, der die positive Energie verbreitet. Jeder einzelne soll das am Platz zeigen.

LAOLA1: Wo haben Sie in taktischer und spielerischer Hinsicht den Hebel angesetzt?

Posavec: Grundsätzlich haben wir die Vorbereitung dafür genützt, um uns im konditionellen Bereich zu verbessern. In den letzten zwei, drei Wochen lag der Fokus darauf, dass unsere Abwehrlinie kompakt ist. Wir haben viele Gegentore erhalten, also war es vor allem sehr wichtig, sich defensiv besser zu präsentieren. Das heißt konkret, gegen den Ball zu arbeiten und danach schnell umzuschalten. Wir waren immer gut für ein Tor, aber die vielen Gegentreffer waren ein Problem.

LAOLA1: Es war aber schon zu hören, dass Sie die Unterstützung des Vorstandes und der Fans vermissen.

Posavec: Mir war einfach wichtig, dass wir alle zusammenarbeiten. Da gab es interne Gespräche. Immerhin bin ich auch erst nach der 13. Runde gekommen und habe nicht alles gekannt. Jetzt haben wir uns kennengelernt. So ist es eben in der Arbeit. Man soll sich zunächst kennenlernen und dann weiterarbeiten.

LAOLA1: Sind Sie eigentlich täglich mit dem Präsidenten in Kontakt?

Posavec: Wenn es etwas zu besprechen gibt, treten wir in Kontakt. Täglich nicht, aber wöchentlich bestimmt ein- oder zweimal. Wie in jedem Betrieb eigentlich. 

LAOLA1: Mit welchen Themen kommt er da auf Sie zu?

Posavec: Das ist ganz verschieden. Er erkundigt sich nach dem Klima in der Mannschaft, fragt, was es alles Neues gibt. So wie Sie mich jetzt fragen, fragt auch er mich.

LAOLA1: Sie durften mit Adnan Secerovic und Sebastian Strandvall auch zwei Neuzugänge begrüßen. Was war der Hintergedanke bei diesen Verpflichtungen? 

Posavec: Es sind zwei Spieler, die wir uns ganz gezielt ausgesucht haben. Adnan ist ein Spieler mit Perspektive und ein Spielgestalter. Und Sebastian Strandvall ist ein erfahrener, 28-jähriger Spieler, der uns die notwendige Schnelligkeit bringen und auch für Torgefahr sorgen soll. Neben Jailson, Tadic und Aschauer haben wir jemanden aus der Mitte gebraucht, der diese Aufgabe erfüllen soll. Ich bin davon überzeugt, dass wir im Verlauf des Frühjahrs seine Qualitäten noch sehen werden. 

LAOLA1: Secerovic ist also ein klassischer Sechser und damit auf jener Position zuhause, auf der im Herbst Mario Bolter zumeist gesetzt war. War es Ihnen dort besonders wichtig, mehr Konkurrenzkampf zu haben?

Posavec: Konkurrenzkampf ist immer gut. Wir haben 20 Spieler, von denen alle bereit sein sollen. Fast jede Position ist doppelt besetzt. Meine Aufgabe ist es, die gute Stimmung beizubehalten. Ich bin zuversichtlich, dass mir das auch gelungen ist. Aber erst die kommenden Runden werden zeigen, wo wir wirklich stehen.

LAOLA1: Für Sie war der Herbst alles andere als einfach. Speziell die letzte Partie im Herbst gegen Wacker Innsbruck, als in der Pause Präsident Hubert Nagel in die Kabine kam und es danach hieß, Sie würden wohl nicht mehr Trainer sein. Wie sehr war Ihre Ablöse eigentlich wirklich ein Thema?

Posavec: In der Situation, in der sich Austria Lustenau befindet, ist jeder Punkt wichtig. Nach diesem Spiel sind die Emotionen hochgegangen. Davon lebt aber auch der Fußball. Danach haben wir genug Zeit gehabt, uns zu besprechen. Wir haben uns ein Ziel gesetzt und das lautet Klassenerhalt. Und dahinter stehen wir alle. Der Verein steht im Vordergrund, nicht Mladen Posavec oder irgendjemand anderer.

 
Geboren am:
  1. August 1971
Geboren in:
Koprivnica (Kroatien)
Spieler-Karriere:
NK Varazdin, SW Bregenz (2000-2003), Feldkirch (2003)
  SV Lochau (2003-2005), Viktoria Bregenz (2005), SV Lochau (2005-2006) 
Trainer-Karriere:
SV Lochau (2005-2006/Spielertrainer), SC Bregenz (2006-2007/Co-Trainer)
  SW Bregenz II (2008-2010), SC Bregenz (2010-2013), Viktoria Bregenz (2014),
  Austria Lustenau II (2014), Austria Lustenau (seit 10/2014) 

Posavec hat als Trainer in Österreich noch viel vor

LAOLA1: Und er hat auch sehr hohe Ambitionen. Bei der letzten Jahreshauptversammlung hat er gesagt, dass man Altach nicht nur einholen, sondern auch wieder überholen wird. 

Posavec: Ich will auch Bundesliga-Trainer werden. Nur Profi-Trainer zu sein, reicht mir sicher nicht. Ob das jetzt bei Austria Lustenau oder Austria Wien ist - wie auch immer. Diese Vorstellungen sind doch legitim. Wir alle sollen uns hohe Ziele stecken, aber wichtig ist, dass man in der Gegenwart bleibt. Wir sind jetzt im Abstiegskampf und daran müssen wir zum aktuellen Zeitpunkt denken. Mittelfristig denken auch wir daran, uns im Sommer weiterzuentwickeln. 

LAOLA1: Jetzt hat man aber einen Jahresverlust in der Höhe von 172.000 Euro nur durch das Abtreten von Transferrechten auffangen können. Wie sehr erschwert das Ihre Arbeit?

Posavec: Da muss ich ganz ehrlich sagen, dass ich mich nur auf den Bereich konzentriere, für den ich zuständig bin. Es ist nicht so, dass es mich nicht interessiert, aber ich habe genug zu tun. Jene Leute im Verein, die dafür zuständig sind, werden hier die beste Lösung finden. 

LAOLA1: Ihre Gedanken sind schon jetzt mittelfristiger Natur, das heißt, Sie rechnen nicht nach den nächsten Runden mit der nächsten Trainer-Diskussion?

Posavec: Wir Trainer sind alle abhängig von unseren Leistungen. Ich denke nicht negativ. Ich will eine Trainer-Diskussion im positiven Sinne. Man soll davon reden, dass Mladen Posavec eine sehr gute Leistung gebracht hat. Davon gehe ich aus. So denke ich. 

LAOLA1: Wenn der Klassenerhalt geschafft ist, wird es wohl auch so sein.

Posavec: Ich hoffe, dass dann Angebote aus ganz Österreich kommen. Ich denke einfach positiv. Es soll ja nur meine erste Station im Profi-Bereich sein. 

LAOLA1: Eine Einstellung, die im Abstiegskampf sicher hilfreich ist.

Posavec: Nicht nur ich, sondern jeder Mensch sollte so denken. Positive Gedanken sind die Generalprobe für unsere Handlungen. Das versuche ich meinen Spielern zu vermitteln. Das können wir auch beeinflussen.

 

Das Interview führte Andreas Terler

LAOLA1: Aber mit konkreten Maßnahmen, die auch die Trainerarbeit betrifft, kommt er nicht. Oder doch?

Posavec: Das sind auch die Themen, die wir besprechen. Ich bin Arbeitnehmer, der sich mit seinem Arbeitgeber austauschen soll. Jeder hat seinen Aufgabenbereich. Meiner liegt eben am Trainingsplatz. Es geht um Mannschaftsführung und Übungen auf dem Platz und die Aufstellung. Aber da tausche ich mich nicht nur mit dem Präsidenten aus, sondern mit jedem, der im Verein tätig ist. Egal, wer mich fragt, ob das ein Fan ist, oder ein Medienvertreter, dann werde ich mich mit ihm unterhalten. So wie das in jedem Verein sein sollte. 

LAOLA1: Und wenn Herr Nagel noch einmal in die Kabine möchte, werden Sie ihm öffnen?

Posavec: Ja sicher! Das ist gar keine Frage!

LAOLA1: Also hat er die richtigen Worte gefunden. Immerhin hat man das Spiel noch gewonnen. 

Posavec: Nicht nur Hubert Nagel, sondern jeder Präsident soll in die Kabine kommen können, um positive Worte zu finden. Wieso nicht? Sie sind unsere Arbeitgeber, also die Personen, die im Verein etwas zu sagen haben. Wie man trainiert und aufstellt ist die Sache des Trainers. Aber wenn mir jemand helfen möchte, warum sollte ich die Hilfe nicht wahrnehmen? Ich persönlich sehe da keine Probleme. 

LAOLA1: Hubert Nagels Verdienste um den Verein sind ja auch unbestritten.

Posavec: Genau das meine ich. Ohne ihn wäre der Verein keine 15 Jahre im Profigeschäft. Er hat hohe Verdienste um diesen Klub, sodass er das eine oder andere Mal auch etwas zu sagen hat. Das ist für mich überhaupt kein Problem.