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Neustart nach der spielerischen Schule der Holländer

Neustart nach der spielerischen Schule der Holländer

Er kommt, er kommt nicht. Er kommt, er kommt nicht – bis Darko Bodul bei Sturm Graz unterschrieben hatte, musste viel Wasser die Mur hinunterfließen.

Dafür könnte es jetzt schnell gehen für den Austro-Kroaten. Anlässlich der Verletzungsmisere im Kader des österreichischen Meisters, steht der Offensivallrounder schon jetzt vor seinem Debüt.

Möglicherweise gleich im Hinspiel der Champions-League-Qualifikation gegen Zestafoni am Dienstag.

Guter Eindruck in der Probephase

Im Fußball gibt es selten reibungslose Transfers, aber bis die Unterschrift von Darko Bodul unter seinem Sturm-Vertrag war, hatten Trainer, Management und der Spieler selbst einige schlaflose Nächte.

Schon beim Trainingsauftakt der Blackies am 13. Juni (!) war der gebürtige Bosnier mit von der Partie. Schnell konnte Bodul die Verantwortlichen von seinem technischen und spielerischen Können überzeugen. Es schien, als sollte der 22-Jährige länger mit Muratovic, Haas und Co. trainieren.

Doch kurz darauf wurde Bodul heimgeschickt, ehe er ab 30. Juni wieder zur Probe mit den Grazern trainierte. Nach Lobeshymnen von Trainer Franco Foda und dem spielentscheidenden Treffer im Testspiel gegen Zeljeznicar Sarajevo war Bodul schon gefühlter Sturm-Kicker. Auch das nötige Kleingeld war durch den Abgang Gordon Schildenfelds vorhanden. Alles war angerichtet.

Kein Wechsel für schwache Nerven

Doch erstens kommt es anders, zweitens als man denkt. Der Austro-Kroate verließ das Grazer Trainingsgelände und trat beim nächsten Klub, Lechia Gdansk aus Polen, zum Probegalopp an. Dort wiederholte sich das Spiel: Mehreren Medienberichten zufolge war sich der Edelzangler bereits mit dem polnischen Klub einig, als die Grazer kurz darauf die Transferbestätigung ausschickten.

Ein wirklich kurioser Wechsel. Das bestätigt auch sein Bruder und Manager Dragan Bodul im Gespräch mit LAOLA1: „Das war wie im Film. Er war zwei Wochen bei Sturm und war zufrieden, aber der Vertrag den sie uns vorgelegt haben war nicht ganz okay. Sie haben gesagt, dass es derzeit nicht so gut ausschaut, aber wenn sie gegen Videoton weiterkommen, kann man nochmals reden.“

„Dann hat Gdansk angerufen und er ist raufgefahren. Er war für zwei Spiele dort, hat zwei Tore gemacht und der Trainer war zufrieden. Sie haben uns ein Angebot gemacht, aber auch Sturm hat nach dem Videoton-Spiel noch einmal ein Angebot geschickt, was wir letztlich angenommen haben. Das war eine Katastrophe, denn alle in Polen waren böse auf uns“, erzählt der ehemalige Bundesligaspieler der Admira weiter aus dem Kuriositätenkabinett.

Verletzungsmisere bei Sturm

Der zugezogene Unmut könnte sich schon bald auszahlen. Denn die Schwarz-Weißen timten die Vertragsunterzeichnung letztlich so, dass sie die Neuverpflichtung, wie auch Milan Dudic, noch für die nächste Quali-Runde der Champions-League melden konnten.

Glücklicherweise, denn beim amtierenden Meister wütet gerade der Verletzungsteufel. Neben den fixen Ausfällen von Haris Bukva (verletzt), Christian Klem (U20-WM) und Dominic Pürcher (gesperrt) bleiben nun auch Joachim Standfest und Andreas Hölzl in Graz. Zudem ist der Einsatz von Imre Szabics gegen Zestafoni fraglich.

Erster Einsatz gleich in der Champions League?

Personalsorgen, die Foda schon zu einem ersten Einsatz von Bodul zwingen könnten. Problem sieht der Coach dabei aber keines: „Beide (Anm: Bodul und Dudic) werden mitfliegen, wobei, wenn überhaupt, Bodul ein Thema ist, weil er schon einige Zeit mit der Mannschaft trainiert hat.“

Darin zeigt sich aber auch gleich eine der großen Stärken des Primgeigers, die Flexibilität. „Ich fühle mich vorne überall wohl. Stürmer, hinter den Stürmern, links, rechts – alles kein Problem. Hauptsache ich bin am Ball“, meinte Bodul zuletzt auf „sturm12.at“

Ein Einsatz in der Startformation kommt wohl noch nicht infrage, aber es wäre nicht das erste Mal, dass Foda alle überrascht. So wurde beispielsweise letztes Jahr Florian Kainz gegen Juventus Turin einfach ins kalte Wasser geworfen. Gegen die Georgier zu spielen wäre natürlich eine Riesenerfahrung, wie Dragan Bodul betont: „Für einen jungen Spieler wie Darko bedeutet es immer eine Zusatzmotivation, wenn man Champions League spielen kann.“

Top-Lehrjahre in den Niederlanden

Vorbereitet auf diesen großen Schritt wurde der Stürmer in den Niederlanden. Von der Vienna, wo er in einem Jugend-Dreamteam mit Marko Arnautovic und Yasin Pehlivan kickte, lotste ihn Heerenveen mit 14 Jahren weg, um die fußballerische Ausbildung in den Niederlanden zu genießen.

Fünf Jahre später ging es weiter in die Talenteschmiede von Ajax Amsterdam, wo er unter einem gewissen Marco van Basten in der Eredivisie debütierte. Ein Jahr darauf wurde er an Sparta Rotterdam verliehen, um Praxiserfahrung zu sammeln.

Über seine Zeit im Land des Vize-Weltmeisters weiß sein Bruder zu schwärmen: „In Holland hatte er es wirklich gut. Er war zwar noch jung, aber das Training bei Ajax und Heerenveen war sehr gut. Es wurde immer mit dem Ball gearbeitet.“

Erste Anweisungen für Fodas Neuen

„Ein Spieler mit viel Potential“

Ehe er bei Sturm landete, bekam er noch eine Chance bei Nacional Funchal in Portugals oberster Spielklasse, konnte aber dort nicht überzeugen: „Der Trainer, der ihn von Ajax geholt hat, ist nach vier Spielen gegangen. Am Anfang spielte er, aber der neue Trainer hat viele Spieler aus Brasilien geholt und da war es schwer. Er wollte dort einfach nicht mehr bleiben.“

So wirklich durchgesetzt hat sich der Edelzangler also noch nirgends. Mit 22 Lenzen kann ein Profi aber schön langsam daran denken, Fuß zu fassen, weshalb Bodul auch nach Österreich zurückkehrte. „Zu einem der österreichischen Top-Vereine wollte er sofort, auch wenn er hier weniger Geld bekommt. Ich habe ihm zu Sturm geraten, es war einfach die beste Alternative.“

„Es ist ein Neustart für ihn. Er muss jetzt beißen, Gas geben und den Trainer überzeugen, denn das Wichtigste ist, dass er spielt. Haas und Muratovic sind ja schon älter, Kienast und Szabics haben letzte Saison viele Tore gemacht, aber Darko kann auf vielen Positionen spielen und Foda sagt, dass er ein guter Spieler mit viel Potenzial ist“, erklärt der Ex-Profi die Entscheidungsfindung.

Trainingsfreude und Youtube-Videos

Bei der eingeschworenen Mannschaft der Blackies ist der 1,83-Meter große Offensivspieler gleich gut aufgenommen worden, wie Bodul zuletzt erwähnte: „Vor jedem Training begrüßt man hier die Kollegen per Handschlag. Ich war ein halbes Jahr in Portugal, da geht jeder Spieler seinen eigenen Weg. Bei Sturm siehst du einfach, dass es eine Familie ist, dass der Zusammenhalt gegeben ist.“

Vielleicht ist der Austro-Kroate deswegen gleich gut angekommen, weil er fußballerisch für jeden Spaß zu haben ist. Im Internet kursieren etliche Videos, die die feine Klinge der Neuverpflichtung unter Beweis stellen. Sehr zur Freude des Hauptakteurs, wie sein Bruder betont: „Er ist sehr stolz auf die Videos und freut sich auch darüber. Am Beginn des Trainings wird immer getrickst. Da zeigt jeder, was er kann. Man kann sagen, es ist Spaßfußball.“

Entscheidung für den ÖFB

Eine Art Fußball, die sonst so gar nicht österreichisch ist. Sollte das Nationalteam aber je ein Thema werden, hat er sich schon festgelegt, für welches Land er auflaufen möchte - Österreich. Von der U17 bis zur U21 durchlief er noch sämtliche Jugend-Auswahlen von Kroatien.

Vor kurzem war es dann soweit, er musste sich für einen Pass entscheiden und wählte den österreichischen, auch wenn einer der Beweggründe war, die EU-Bürgerschaft zu behalten, wie Dragan Bodul ehrlich zugibt: „Auch wegen der Nationalmannschaft habe ich ihm zu Sturm geraten. Er hat den kroatischen Pass abgegeben, ist Österreicher und möchte auch für Österreich spielen. Dafür ist er jetzt besser im Fokus.“

Darko Bodul ist also ein Spieler der schon viel erlebt hat. Nach seiner Spitzen-Ausbildung in Holland, will er jetzt in Österreich so richtig durchstarten. Vielleicht bekommt er gleich in der Champions-League-Qualifikation in Tiflis die Möglichkeit, sein Potenzial am Platz umzusetzen.

 

Andreas Aigner