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1A-Deutsche vs. Schulden-Spanier

1A-Deutsche vs. Schulden-Spanier

Ein Kommentar von Christian Eberle:

 

„Rote Karte gegen Angela Merkel!“ Wer sich schon bei Spruchbändern auf den zahlreichen Manifestationen des Fußballjargons bedient, hebt auch im Champions-League-Halbfinale den klaren Länderkampf Spanien gegen Deutschland hervor. Die deutsche Kanzlerin ist für viele Spanier zu einer Hauptschuldigen der eigenen Wirtschaftskrise und so zu einem Hassobjekt stilisiert worden. Die deutschen Vertreter im Semifinale, FC Bayern und Borussia Dortmund, sind das nicht, vielmehr genießen die beiden Klubs bei Fans, Verantwortlichen und Medien in Madrid und Barcelona höchsten Respekt.

Dennoch oder eben gerade deshalb wäre ein Sieg über die germanischen Kontrahenten von besonderer Bedeutung und unabdingbar. Denn mit einem Erfolg auf dem Fußballfeld kann der Schein der eigenen Leistungsfähigkeit weiter gewahrt werden. Für einige Tage wäre das Volk durch kathartische Genugtuung aufgrund sportlicher Glanztaten nationaler Vertreter befriedet. Krise in der Wirtschaft, ja – Krise im Sport mitnichten. Spanien weist Deutschland in die Schranken.

Dabei genügt ein Blick auf die nackten Zahlen, um zu veranschaulichen, dass die spanische Vormachtstellung ein Ablaufdatum hat. So wie auf wirtschaftlichem Parkett ein Land mit knapp 25 Prozent Arbeitslosigkeit dem mit einem Beitrag von 30 bis 40 Prozent größten Zahler der EU-Finanzhilfen gegenübersteht, so matchen sich auf dem Rasen zwei Teams der iberischen Halbinsel mit einem gemeinsamen Schuldenberg jenseits der 500 Millionen Euro und zwei Vertreter der Bundesliga, von denen einer nach Insolvenz einen beispiellosen Turn-Around schaffte und der andere ohnehin als Paradebeispiel positiven Wirtschaftens gilt (und auch nicht müde wird, sich als solches zu rühmen).

Wenn Prinzipien der Wirtschaftswelt auch im Fußball zu greifen beginnen, was die UEFA mit dem „Financial Fair Play“ versucht, wird der Traum von anhaltenden Sporterfolgen im Land des regierenden Welt- und Europameisters ebenso schnell platzen, wie die Immobilienblase vor wenigen Jahren. Doch so lange die Politik schützend ihre Hand über die Vereine hält, bleibt dem Volk vorerst ein weiteres Horrorszenario erspart. Und den Volksvertretern die „Rote Karte“ gegen die eigene Person.