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Zwei Suchende haben sich endlich gefunden

Zwei Suchende haben sich endlich gefunden

Sie erinnern an ein Liebespaar, das nach langem Suchen endlich zueinander gefunden hat.

Pep Guardiola und Xabi Alonso sind Seelenverwandte. Beide lieben den Ballbesitz. Sie verstehen es, ein Spiel zu lesen und zu dirigieren. Die zwei sind Fußballer vom selben Schlag.

Viele Jahre mussten die beiden auf das Glück ihrer Partnerschaft warten. Einst standen sie sich gar als Rivalen gegenüber. In den Clasico-Duellen zwischen Barca und Real ging es heiß her, nicht nur auf dem Platz, sondern auch daneben. „Früher haben wir gegeneinander gekämpft, jetzt kämpfen wir zusammen“, erklärt Alonso.

>>>El Clasico zwischen Real und Barcelona am Samstag ab 17:30 Uhr bei LAOLA1.tv<<<

Früher ein anderer Spieler

Der spanische Welt- und Europameister galt damals als treuer Schützling von Guardiola-Erzfeind Jose Mourinho. Unter dem Portugiesen spielte der defensive Mittelfeldspieler einen ganz anderen Fußball, als jetzt bei den Bayern.

Wie schon beim FC Liverpool waren bei Real mehr die Defensiv-Qualitäten des „baskischen Beckenbauer“ gefragt. Alonso glänzte mit hervorragendem Stellungsspiel. Offensiv trat er vor allem mit seinen präzisen Diagonalpässen in Erscheinung. Damit leitete er jene gefährlichen Konter ein, die seine Mitspieler in Tore verwandelten.

Mit dieser Spielweise heimste der Kunstliebhaber zwei Champions-League-Trophäen ein. Unter Rafa Benitez gewann er die „Königsklasse“ 2005. Der zweite Titel folgte heuer mit Carlo Ancelottis Real Madrid.

Zwei Suchende finden sich

Dennoch scheint es so, als könnte Alonso seine Qualitäten erst jetzt unter Guardiola so richtig entfalten. Bei den Bayern ist der 32-Jährige mehr als „nur“ ein hervorragender Sechser. Guardiola machte ihn zu einem Metronom, das auf dem Platz sämtliche Pass-Rekorde sprengt.

„Alonsos erste 20 Minuten gegen Schalke waren für mich eine Offenbarung. Verrückt, so etwas habe ich noch nie gesehen. Mit einer halben Stunde gemeinsamen Training so eine Anfangsphase zu spielen, so dominant!“, zeigte sich niemand geringerer als Jürgen Klopp vom Debüt des Taktgebers begeistert.

„Ein Dompteur auf dem Platz“

Das Spiel gegen Schalke, bei dem Alonso in 68 Minuten 90 Prozent seiner Pässe an den Mann brachte, war nur der Anfang. In der sechsten Runde stellte er gegen Köln mit 206 Ballkontakten einen neuen Bundesliga-Rekord auf. Alle 26 Sekunden hatte die Nummer 3 der Bayern den Ball am Fuß.

Der Spieler Alonso hat auf einen Trainer wie Guardiola gewartet. Umgekehrt war es genauso. Auch der katalanische Trainer suchte in München lange nach einem Kicker, der seine Ideen perfekt umsetzt. Pass-Maschinen, wie Xavi oder Sergio Busquets, mit denen der Coach bei Barca das Ballbesitz-Spiel auf eine neue Stufe hob.

Bastian Schweinsteiger, Javi Martinez und Toni Kroos reichten ihm dafür nicht. Guardiola suchte einen wendigeren, noch ball- und passsichereren Spieler-Typus. Deswegen versetzte er Philipp Lahm ins Mittelfeld und verpflichtete Thiago vom FC Barcelona.

Klopp überschlägt sich mit Lob

Der spanische Youngster ist in München jedoch bisher vom Verletzungspech geplagt. Weil auch Martinez mit einem Kreuzbandriss länger ausfällt, rief Guardiola bei seinem spanischen Landsmann in Madrid an.

Alonso soll daraufhin selbst bei Real-Präsident Florentino Perez um einen Transfer nach München gebeten haben. Bereits im ersten Spiel gegen Schalke zeigte das Model einer italienischen Modemarke, warum ihn sein neuer Trainer unbedingt wollte.

„Er ist ein Dompteur auf dem Platz. Über ihn läuft jeder Angriff. Für den Zuschauer ist er ein Augenschmaus, als Gegenspieler ein Graus“, sagte Kölns Matthias Lehmann nach der Partie im „kicker“.

Mittlerweile hält Alonso bei durchschnittlich 167 Ballkontakten und 152 Pässen pro Partie. Zum Vergleich: Bastian Schweinsteiger kam zum selben Zeitpunkt in der letzten Saison „nur“ auf 105 Ballkontakte und 94 Pässe pro Spiel.

Die Kritiker, die die Verpflichtung eines alternden Legionärs anfangs nicht verstehen konnten, ließ Alonso mittlerweile verstummen. Nicht umsonst meint Manuel Neuer über ihn: „Er bestimmt den Rhythmus auf dem Feld.“

„Können ohne Xabi nicht gewinnen“

Alonsos Neo-Mentor Guardiola lässt sich sogar zu folgenden Aussagen hinreißen: „Wir können ohne Xabi nicht gewinnen.“ Tatsächlich scheint momentan niemand im großen Bayern-Kader den groß aufspielenden Dirigenten ersetzen zu können.

Guardiola fürchtet ob der hohen Belastung für den 32-Jährigen um seinen verlängerten Arm auf dem Feld. Alonso selbst beruhigt aber: „Ich bin immer noch fit und stark genug, um viele Spiele zu bestreiten.“

Am Dienstag darf er im Champions-League-Spiel auswärts bei der Roma erneut Regie führen. Im Spätherbst seiner Karriere hat Xabi Alonso seine wahre Bestimmung gefunden – als Schützling von Pep Guardiola.

 

Jakob Faber