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"Nicht das Gefühl, dass alle alles gegeben hätten"

Unerfüllte Sehnsucht oder verpasste Lebenschance.

Wie auch immer man es nennen mag: Der SK Sturm hat am Mittwochabend die riesige Möglichkeit liegen gelassen, Österreich nach sechs Jahren wieder auf die Champions-League-Landkarte zu bringen.

„Momentan herrscht einfach nur Leere. In der Kabine ist jeder gesessen, keiner hat richtig etwas gesagt. Ich glaube, uns wird erst in den kommenden Tagen bewusst, welche Chance wir vergeben haben“, brachte Jürgen Säumel die Gemütslage auf den Punkt.

Totengräberstimmung statt Goldrausch also nach der 0:2-Heim-Pleite gegen BATE Borisow, die nach dem 1:1 in Weißrussland den Aufstieg der Grazer in die Gruppenphase der Königsklasse verhinderte.

„Borisow besser, zielstrebiger und schneller“

Dabei wäre alles angerichtet gewesen für ein weiteres Fußball-Fest in schwarz-weiß. Die Stimmung im ausverkauften Liebenauer Stadion glich einem Hexenkessel.

Die Leistung der Sturm-Kicker wurde der Atmosphäre an diesem Abend nicht gerecht. Auch wenn Borisow keine unüberwindbare Hürde darstellte, war es letztlich vor allem eine Qualitätsfrage, wie auch Trainer Franco Foda eingestehen musste: „Borisow war besser, viel zielstrebiger, hat viel schneller gespielt. Das war einfach der Unterschied.“

Laut Meinung des Deutschen hätte seine Mannschaft „zwei Mal 90 Minuten am Limit spielen müssen“, damit der ganz große Wurf gelingt. Dies sei jedoch nur auswärts in Minsk 70 Minuten lang gelungen, und beim Heimspiel in den ersten 15 Minuten.

Individuelle Klasse und mentale Qualität fehlte

Gerade nach dem ersten Gegentor („Das kann im Fußball passieren, da muss man trotzdem ruhig und sachlich weiterspielen“)  seien Defizite zu Tage gekommen:

„Zweite Halbzeit hat die Mannschaft alles versucht, das Spiel noch zu drehen, aber da hat uns leider die individuelle Klasse gefehlt, ebenso die mentale Qualität trotz des Rückstands in Ruhe weiterzuspielen, und auch der Speed. Ich hatte auch nicht das Gefühl, dass alle alles gegeben hätten.“

Harte Worte des 45-Jährigen, der nach Schlusspfiff seine gesamte Offensivabteilung in die Pflicht nahm: „Weder Hölzl, Wolf, Bukva noch Szabics oder später Haas und Muratovic konnten dem Spiel nach vorne Impulse geben. Das war insgesamt zu wenig.“

„Leider schießen wir im Moment wenig Tore“

Besonders trauerte Foda Hölzls hundertprozentiger Chance in der 9. Minute nach. Der Schuss des Tirolers fiel mit dem schwachen linken Fuß  jedoch zu ungefährlich aus, um Goalie Aleksandr Gutor zu gefährden.

Das 0:2 fiel wie schon in Minsk aus einer Standardsituation. „Anscheinend sind das die kleinen Unterschiede. Auf internationaler Ebene wird man dafür bestraft“, gab Hölzl zu.

Überhaupt so weit, CL zu spielen?

Säumel fand dennoch nicht, dass Sturm über beide Spiele betrachtet die schlechtere Mannschaft gewesen sei: „Im Gegenteil. Aber auf internationalem Niveau bekommt man für eine schlechte Phase wie jener in der ersten Halbzeit gleich die Rechnung präsentiert.“

Apropos internationales Niveau: So sehr das durch die Lappen gegangene Startgeld von 7,2 Millionen Euro wirtschaftlich schmerzt, so sehr darf man sich fragen, wie Sturm in der Champions League sportlich abgeschnitten hätte. Das tat angesichts der Performance gegen Borisow auch Foda:

„Die Frage wäre sowieso gewesen, ob wir schon so weit gewesen wären, um in der Champions-League-Gruppenphase zu spielen.“

Neuzugang wäre außerhalb des Budgets

Somit bleibt den „Blackies“ die Teilnahme an der Gruppenphase der Europa League als Trostpreis. „Ein ganz kleiner Trostpreis“, fand Hölzl, Burgstaller meinte dazu: „Gerade ist gar nichts ein Trost, da wir die ganz große Liga verpasst haben.“

Dass Sturm für die „kleine Liga“ noch einmal auf dem Transfermarkt tätig werden wird, ist eher unwahrscheinlich.

Foda: „Da müsste es eine Zusage des Präsidenten geben, weil es außerhalb des Budgets wäre. Deswegen kann ich diese Frage zu diesem Zeitpunkt nicht beantworten.“

Zum aktuellen Zeitpunkt überwiegt ohnehin die Trauer über die verpasste Lebenschance…

Peter Altmann

„Im Spiel ging es sehr schnell. Ich wollte eigentlich fest ins lange Eck schießen, der Schuss war jedoch zu wenig platziert – natürlich enttäuschend, wenn man so eine Chance hat und nicht 1:0 in Führung geht“, ärgerte sich Hölzl.

„Leider schießen wir im Moment nicht so viele Tore“, nannte Thomas Burgstaller eines der aktuellen Hauptprobleme Sturms. Mit einer frühen Führung im Rücken wäre auch der Spielplan der Grazer leichter durchzuziehen gewesen.

„Wir wollten es ähnlich wie auswärts angehen und aus einer stabilen Abwehr immer wieder Angriffe nach vorne starten“, erläuterte Burgstaller.

Fehlerkette beim 0:1

Nach gutem Start riss der Faden jedoch komplett, wie Säumel monierte: „Wir waren in der ersten Halbzeit phasenweise zu passiv, wollten das Ergebnis nur verwalten, waren nicht aggressiv genug.“

Als Paradebeispiel für diese Einschätzung kann man das Gegentor zum 0:1 hernehmen – ein wunderbarer Weitschuss von Aleksandr Volodko, bei dem der Schütze jedoch nicht entscheidend attackiert werden konnte.

Säumel: „Das war eine Fehlerkette. Zum einen müssen wir in der Mitte kompakter stehen, zum anderen müssen wir versuchen, in den Zweikampf zu kommen und in weiterer Folge den Schuss zu blocken.“