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"Louis hat es im Europacup wieder einmal gerichtet“

Es herrschte Ausnahmezustand!

In der Amsterdam Arena, auf dem Weg zum Flughafen, im Flieger sowie auf dem Flughafen Wien-Schwechat, wo die Mannschaft um 3 Uhr morgens von zahlreichen Fans empfangen wurde.

Viele werden noch einige Zeit benötigen, um den 3:2-Auswärtserfolg nach dem 2:2 in Wien und den damit verbundenen Aufstieg gegen Ajax Amsterdam richtig einordnen zu können.

In den ersten Reaktionen war vor allem eines herauszuhören: Stolz, sowie die Bestätigung, dass der Glaube scheinbar wirklich Berge versetzen kann.

„Unfassbar, was die Jungs geleistet haben“

„Unfassbar, was die Jungs geleistet haben. Hätte ich einen Hut auf, würde ich den ziehen. Das war eine überragende Teamleistung“, konnte es Sportdirektor Andreas Müller nicht fassen.

Jener Mann, der ansonsten auch nicht vor Kritik zurückscheut, konnte bei diesem Meilenstein in der Champions-League-Quali kein Haar in der Suppe finden.

Im Gegenteil. Ein Kaliber wie Ajax in die Schranken zu weisen war aufgrund der Bestätigung des Salzburg-Erfolges vor einem Jahr ein weiterer Beweis, dass Österreich auf dem richtigen Weg ist.

Coach Frank de Boer war nach dem Schlusspfiff eher zurückhaltend. Er hatte recht, als er vor dem Duell meinte: „Rapid ist nicht Salzburg.“ Die Grün-Weißen bewiesen jedoch, dass es auch mit anderen Maßnahmen möglich ist, die Niederländer aus dem Bewerb zu katapultieren.

Eine weitere Sternstunde

„Es war ein richtig großer Tag für uns alle. Wir haben eine richtig tolle, kämpferische Leistung gezeigt, haben, wie vorgenommen, Nadelstiche gesetzt und die Tore natürlich zu richtig guten Zeitpunkten gemacht. Wir sind sehr, sehr stolz drauf, was wir geschafft haben“, strahlte Kapitän Steffen Hofmann.

Für den mittlerweile 34-Jährigen wurde ein weiterer Europacup-Traum Wirklichkeit. In Zukunft wird er Ajax in einem Atemzug mit den Schlachten gegen Rubin Kasan, Lok Moskau oder zweimal Aston Villa nennen.

Der Spielverlauf trug das Übrige zu einer unvergesslichen Nacht bei. 2:0 lag Rapid bereits voran, musste eine Viertelstunde vor Schluss doch noch das 2:2 hinnehmen. Doch statt in weiterer Folge zu hadern, wurde wenig später die richtige Antwort gegeben.

„Toll, wie die Mannschaft nach dem 2:2 noch einmal so zurückgekommen ist“, musste auch Müller anerkennen.

Größte Leistung nach zwischenzeitlichem Frust

Bei Trainer Zoran Barisic herrschte vor der Erlösung jedoch Frust. Weil man sich zu weit hinten reindrängen ließ, und weil der Ausgleich von Ajax seiner Meinung nach nicht zählen hätte dürfen.

„Das 2:2 war für mich ein Foul an Jan. Da habe ich mich fürchterlich geärgert. Trotzdem war ich überzeugt, dass wir die konditionelle Stärke haben, um noch aufzusteigen.“

Der 45-jährige Wiener sollte recht behalten und schlussendlich zugeben: „Es ist die größte Leistung in meiner Ära, ein riesengroßer Tag für Rapid.“

Den Ausschlag gaben zwei Faktoren: Das einheitliche Agieren der Mannschaft im Defensiv- und Offensivverhalten sowie der wiedererstarkte Matchwinner Louis Schaub.

Taktische Verbesserungen waren ausschlaggebend

„Es war ein unglaubliches Spiel von uns. Wir sind überglücklich, dass wir das geschafft haben. Wir haben von der ersten Minute an daran geglaubt, dass wir das noch drehen können“, meinte Florian Kainz und war wie alle anderen stolz auf den Teamspirit.

„Es war ein Muss, das alle geschlossen attackieren, dass wir die Räume viel enger machen. In Wien war die Raumaufteilung nicht gut, das musste verbessert werden.“

So kam Rapid nur Anfang der zweiten Hälfte ein wenig ins Schwimmen. Ansonsten gelang es, die Passwege zuzustellen, bissig zu attackieren, den Ball zur Entlastung in den eigenen Reihen zu halten und Gegenangriffe zu starten.

 

Muss man gesehen haben! Kurz vor der Landung nach dem Triumph in Amsterdam!

Posted by SK Rapid Wien on Dienstag, 4. August 2015

Vor allem aber funktionierte neben der stabilen Zentrale um Thanos Petsos und Schwab-Ersatz Srdjan Grahovac das Verteidigen auf den Außenbahnen, da der noch im Hinspiel überforderte Stephan Auer sowie Stefan Stangl tatkräftige Unterstützung bekamen und fast immer für eine Doppelung des Gegenspielers gesorgt wurde.

Alle freuen sich mit Louis Schaub

Das machte etwa Louis Schaub besser als Philipp Schobesberger im Hinspiel. Der 20-jährige Mittelfeldmotor war an diesem Abend aber ohnehin überall zu finden und sollte für eine weitere Sternstunde in seiner Karriere sorgen.

„Für unseren Matchwinner Louis freut es mich natürlich besonders, ein sensationelles Tor“, nahm Müller Bezug auf das entscheidende 3:2, bei dem der Gewinner der Vorbereitung den Ball nach einem Solo unhaltbar unter die Latte beförderte.

Der Doppeltorschütze wusste im ersten Moment selbst nicht, wie ihm geschieht. „Ich glaube, es wird noch ein, zwei Nächte dauern, das zu realisieren.“

Der „Man of the Match“ stand im Mittelpunkt, nicht zum ersten Mal im Europacup. Denn international hat er schon viele wichtige Tore zu Buche stehen.

Der Mann für die wichtigen Europacup-Tore

„Louis hat es wieder einmal im Europacup gerichtet“, streute auch Florian Kainz seinem Teamkollegen Rosen.

2013 schoss Schaub Rapid mit zwei Toren daheim gegen Asteras Tripolis sowie jeweils einem Tor daheim und auswärts gegen Dila Gora im Playoff fast im Alleingang in die Europa League.

2014 reichten insgesamt drei Tore gegen HJK Helsinki nicht zum Aufstieg in die Gruppenphase.

Dass der schon lange bei den Profis weilende Youngster aktuell wieder gut in Schuss ist, kommt den Grün-Weißen zugute.

„Das wird eine ganz große Mannschaft werden“

Für Trainer Barisic war es absehbar, dass Schaub nach einer Zeit, wo viel – vielleicht zu viel – auf ihn einprasselte, irgendwann wieder zu alter Form finden würde.

„Bei Schaub vergessen viele, dass er als ganz Junger explodiert ist und schon vor längerer Zeit großartige Leistungen gebracht hat. Dann bist du in einer Schutzglocke, bis der Druck größer wird und die Erwartungen steigen. Er hat sich zuletzt nach seiner Verletzung super zurückgearbeitet. Jetzt haben wir schon gewusst, dass er ein Joker ist, der sticht.“

Dieser war nicht nur mitverantwortlich, dass Rapid ein Geldregen von rund 5,4 Millionen Euro bereits sicher ist, sondern dass neben der bereits fixierten Gruppenphase noch ein absolutes Highlight im CL-Playoff wartet.

„Eine Gruppenphase war unser Hauptziel. In der Europa League sind wir mindestens, aber wir freuen uns auf jeden Fall auf den Gegner im Playoff, das wird eine ganz große Mannschaft werden. Da werden wir auch kämpfen, dass wir vielleicht das nächste Wunder schaffen. Aber wir wissen natürlich auch, dass es eher schwieriger als leichter wird“, merkt Hofmann an.

Einfach nur genießen

Bei Namen wie Manchester United, Valencia, Leverkusen, Sporting sowie einem aus dem Trio Shakhtar Donetsk, ZSKA Moskau oder Lazio Rom ist das durchaus zu erwarten.

„Alle Gegner, die wir bekommen können, sind unglaublich. Wir freuen uns auf die zwei Spiele, wir haben wieder nichts zu verlieren. Wir werden klarer Außenseiter sein, egal, gegen wen wir spielen. Aber wir waren auch jetzt Außenseiter und haben gesehen, dass wir einiges erreichen können“, blickt Kainz schon voraus. Die Auslosung erfolgt am Freitag ab 12 Uhr in Nyon.

„Jetzt haben wir acht tolle Spiele im Europacup vor uns – mindestens! Das ist eine tolle Sache, weil wir daraus wieder viel lernen können“, meinte Barisic.

Sportchef Müller betont hingegen, dass man den Erfolg gegen Ajax erst einmal genießen müsse. Der Ausnahmezustand wird nämlich schneller als gewünscht wieder in den Bundesliga-Alltag übergehen.


Alexander Karper