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Saison-Vorschau 2014: Sturm Graz

Saison-Vorschau 2014: Sturm Graz

Man kann wohl bald wieder von den "Buam vom SK Stuam" sprechen.

Dass der Sommer 2014 zum Sommer der Abschiede werden wird, war schon vor einem Jahr klar.

Viele Verträge liefen aus, teils von langjährigen Kadermitgliedern. Übertriebene Ambition, selbige zu verlängern, konnte der Vereinsführung nie nachgesagt werden.

Die schwarz-weiße Gegenwart ist geprägt von einem weitestgehend jungen Kader, die vielen Anfang-20er werden punktuell ergänzt von einigen Routiniers.

Dieses "Durchlüften" des Aufgebots war ob der jüngeren Vergangenheit auch dringend notwendig. Seit dem Meistertitel 2011 hat Sturm Graz drei durchwachsene Saisonen hinter sich.

Der vereinsintern und im Umfeld aufgestaute Frust wurde bisweilen schon unerträglich.

In der Vorsaison mutierte dieser Frust bisweilen schon zur Gleichgültigkeit: Das Publikum lief den Steirern in Scharen davon.

So wird es in dieser Saison eine Aufgabe der "Blackies", dieses verlorene Vertrauen wieder zurückzugewinnen - und zwar mit einem anderen Spielstil als zuletzt.

"Wir haben eine sehr junge Mannschaft und normalerweise hat eine junge Mannschaft immer auch mehr Kredit. Von der Spielstrategie möchte ich schon ein Team sehen, das mit mehr Mut spielt, vor allem zu Hause", kündigt Trainer Darko Milanic an.

Zehn Spieler verließen den Verein, neben fünf Neuzugängen füllen zahlreiche Talente aus dem eigenen Nachwuchs den Kader auf.

Ob es dem Slowenen mit dieser Mixtur gelingt, im zweiten Jahr seiner Amtszeit endlich ansehnlichen Fußball spielen zu lassen?

Ballbesitz ist ein wichtiges Element im Konzept des 46-Jährigen, der jedoch viel mehr auf Pressing setzen will als bisher. Eine Kopie anderer Vereine, zum Beispiel Salzburg, werde man jedoch nicht abgeben:

"Ich erwarte diese Saison etwa auch Ried und Austria so wie Salzburg, das bedeutet, dass hohes Pressing und extrem schnell in die Tiefe gespielt wird. Wir wollen keine Kopie sein und unseren eigenen Stil spielen. Wir wollen schön und diszipliniert spielen, viele Abschlüsse suchen. Jedoch nicht immer direkt nach vorne, manchmal muss es auch in die Breite gehen."

Klingt weiter mehr nach Handbremse als nach Spektakel. Aber immerhin kündigt Milanic an, vom System her flexibler agieren zu wollen, was Raum für Alternativen zum von ihm favorisierten flachen 4-4-2 öffnet.

 

WUNSCHELF & KADERBEWERTUNG

 TOR:

Christian Gratzei oder Benedikt Pliquett, Benedikt Pliquett oder Christian Gratzei? Die beiden Sturm-Goalies lieferten sich schon in der Vorsaison ein enges Duell und setzten selbiges im Rahmen der Vorbereitung nahtlos fort. Mit dem vorerst besseren Ende für Gratzei, der beim Saison-Auftakt im Cup den Vorzug erhielt. Mit einer Fangquote von 69,1 Prozent (Pliquett) bzw. 62,3 Prozent (Gratzei) konnten sich beide in der Vorsaison nicht im Spitzenfeld etablieren, Pliquett erarbeitete sich jedoch mit seinem zugänglichen Charakter bei vielen Fans einen gewissen Bonus. Trainiert wird das Duo ab dieser Saison übrigens - ebenso wie die jungen Alternativen Tobias Schützenauer und Pascal Legat - von Martin Klug, der den langjährigen Tormanntrainer Kazimierz Sidorczuk abgelöst hat.

LAOLA1-Bewertung: Gratzei und Pliquett verfügen über genügend Routine, um in der Bundesliga zu den besseren Schlussmännern zu gehören. Nur muss man dies auch zeigen. Diese Vorgabe gilt vor allem für Gratzei, der unter massiver Bringschuld steht. In Normalform ist er zweifelsohne ein starker Rückhalt. Verliert er sein Einser-Leiberl jedoch erneut, war es das wohl für ihn bei Sturm.

ZUGÄNGE ABGÄNGE
Tomislav Barbaric (Lokomotiva Zagreb) Robert Beric (Rapid)
Lukas Spendlhofer (Inter Mailand) Nikola Vujadinovic (Ziel unbekannt)
Marko Stankovic (Austria) Manuel Weber (WAC)
Naim Sharifi (KSV) Tobias Kainz (Wiener Neustadt)
Simon Piesinger (Wacker Innsbruck) Andreas Hölzl (Wacker Innsbruck)
Leonhard Kaufmann (Energie Cottbus)
Patrkick Wolf (Allerheiligen)
Milan Dudic (Karriereende)
Philipp Hütter (Ziel unbekannt)
Jelani Smith (Ziel unbekannt)

ABWEHR:

Nikola Vujadinovic ist Geschichte. Als Ersatz wurde der Kroate Tomislav Barbaric verpflichtet, dem in seiner Heimat ob seiner 1,90 m Körpergröße Kopfballstärke, jedoch eine gewisse Durchschnittlichkeit im Spielaufbau nachgesagt wird. Eine interessante Option in der Abwehrzentrale stellt Lukas Spendlhofer dar, der U21-Teamspieler wurde für ein Jahr von Inter Mailand geliehen. Als Kapitän gesetzt erscheint Michael Madl. Den Konkurrenzkampf in der Innenverteidigung aufnehmen wird zudem Andres Pfingstner, der in der Vorsaison die eine oder andere Talentprobe ablieferte, zu Saisonbeginn aber verletzt fehlt. Ebenfalls ein Thema in der Mitte (wie zuletzt im Cup) ist Aleksandar Todorovski, der in seinem Hauptjob als Rechtsverteidiger eine enttäuschende Debüt-Saison im Sturm-Dress hinter sich hat und den Atem von Neuzugang Naim Sharifi im Nacken spürt, über den Milanic schwärmt: "Er ist extrem dynamisch." Der frühere Kapfenberger kann auch links für Christian Klem einspringen. Mit Martin Ehrenreich steht rechts eine routinierte Alternative zur Verfügung, zudem werden die Junioren-Teamspieler Erman Bevab und Benjamin Rosenberger bzw. Felix Schmied an die Kampfmannschaft herangeführt.

LAOLA1-Bewertung: Ob Barbaric die Qualität von Vujadinovic hat, bleibt abzuwarten. Zumindest stehen in dieser Saison mit Spendlhofer oder Sharifi mehr Optionen zur Verfügung. Denn notwendigen Druck auf die Stammbesetzung konnten Abgänge wie Milan Dudic oder der langzeitverletzte Leo Kaufmann in der Vorsaison nicht ausüben. Vor allem Klem, der in seiner Entwicklung steckengeblieben ist, tut Konkurrenzkampf gut.

  MITTELFELD:

Ob Anel Hadzic und Florian Kainz noch im Kader stehen, wenn das Transferfenster geschlossen ist? Anhören wird man sich entsprechende Angebote bei Sturm... Der im Vorjahr heiße Konkurrenzkampf im zentralen Mittelfeld hat sich ein wenig entspannt. Derzeit haben Hadzic und Daniel Offenbacher die besten Karten. Mit Simon Piesinger wurde eine dringend benötigte Absicherung engagiert, der U21-Teamspieler muss nach enttäuschender Saison in Innsbruck wieder in die Spur finden. Links ist Kainz - sofern fit - gesetzt. Solange der 21-Jährige an einer Blessur laboriert, wird der vielseitige Marko Stankovic dort einspringen. Dieser könnte auch rechts auflaufen, bringt seine Stärken jedoch im Zentrum am besten zur Geltung. Man darf gespannt sein, wo ihn Milanic langfristig ins System eingliedert. Vor hat der Slowene jedenfalls einiges mit dem Neuzugang: "Stankovic soll mit seiner Erfahrung und Qualität eine Führungsrolle übernehmen." Rechts hat zudem David Schloffer gute Karten, Shootingstar Marc-Andre Schmerböck ist auf beiden Flügeln ein Thema. David Schnaderbeck schnupperte schon in der Vorsaison in die Kampfmannschaft hinein, mit bereits 22 Jahren geht er aber nur bedingt als Talent durch. Fraglos als solches gilt der erst 16-jährige Sandi Lovric im zentralen Mittelfeld. Auf den Junioren-Teamspieler hält man vereinsintern große Stücke.

LAOLA1-Bewertung: Milanic ist gefordert. Das Sturm-Mittelfeld gewährte der Konkurrenz in der Vorsaison oftmals viel zu viel Raum. Das Personal, um vom System her flexibler zu agieren, ist ebenso vorhanden wie ob vieler Akteure Anfang 20 genügend Potenzial: Offenbacher (22) muss den nächsten Schritt machen, auch Kainz (21), Schloffer (22) oder Schmerböck (20) haben noch Luft nach oben. Stankovic sollte mit seinen 28 eine routinierte Bereicherung sein.

ANGRIFF:

Beric war besser als sein Ruf, sein Abgang könnte so gesehen schmerzen. Marco Djuricin hat im Frühjahr jedoch gezeigt, warum man ihn verpflichtet hat. Er ist erst 21, ist also prädestiniert für den nächsten Karriereschritt. Spannend wird die Positionierung von Daniel Beichler. Spielt Milanic ein 4-2-3-1, ist der 25-Jährige ein Thema für die Reihe hinter Djuricin, im klassischen 4-4-2 sein Sturm-Partner. Da auch der 19-Jährige Andreas Gruber eher ein Flügelstürmer ist, darf man davon ausgehen, dass man im Angriffszentrum bis Transferschluss noch nachrüstet.

LAOLA1-Bewertung: Djuricin macht Hoffnung. Auch Beichler weiß, wo das Tor steht (zehn Saisontreffer). Ansonsten tummeln sich im Kader jede Menge Flügelstürmer. Deutschland hat bei der WM bewiesen, dass es auch ohne eine Vielzahl klassischer Stoßstürmer geht, dennoch braucht dieser Kader noch einen kopfballstarken Angreifer zum schnellen Djuricin, der zudem in seiner jungen Karriere zu oft von Verletzungen aus der Bahn geworfen wurde. Diese fehlende Dichte gibt vorerst einen Punktabzug.

TRAINER:

Darko Milanic kam als vierfacher Meistermacher von Maribor zu jenem Verein, bei dem er schon als Spieler Erfolge feierte. Die Hoffnungen waren groß und wurden umso brutaler enttäuscht. Er habe eine "tote Mannschaft" übernommen, rechtfertigte sich der Slowene stets. Nun verkündet er: "Die Chemie stimmt, wir leben!" Für den 46-Jährigen ist es fraglos an der Zeit, zu liefern. War er in der Vorsaison ob seines gut dotierten Dreijahres-Vertrags im Prinzip unkündbar, wird ihm ein erneut schwacher Herbst tendenziell nicht mehr verziehen. Dafür wird Milanic wohl auch mehr System-Flexibilität beweisen müssen. Sein starres Festhalten am 4-4-2 erwies sich als Fehler, zu pomadig und mutlos gestaltete sch das Auftreten.

LAOLA1-Bewertung: Es wäre ein Fehler, den Fußball-Lehrer aus Slowenien abzuschreiben. Möglicherweise passte der Kader in der Vorsaison wirklich nicht zu dem, was Milanic vor hatte - ganz abgesehen von atmosphärischen Schwierigkeiten. In Jahr zwei ist die Zeit der Ausreden vorbei. Der Umbruch ist vollzogen, im Kader tummeln sich viele junge Akteure, die man als Trainer formen kann. Ohne klar erkennbare Fortschritte in Spielstil und Ergebnissen wird es eng für Milanic.


Anmerkung: Als Bewertungsgrundlage gibt es 1 bis 10 Bälle, wobei 10 das Maximum darstellt.

SCHLÜSSELSPIELER:

Marco Djuricin: Wäre die vergangene Saison besser verlaufen, wenn Djuricin den Herbst nicht wegen einer Kreuzband-Verletzung verpasst hätte? Vermutlich ja, wenn man seine Frühjahrs-Leistungen als Bewertungs-Grundlage zu Rate zieht. Sechs Tore und fünf Assists standen in den letzten elf Saison-Spielen zu Buche. Sturm wird auch in dieser Saison auf die Treffsicherheit des 21-Jährigen angewiesen sein - noch dazu, wo das Kapitel Robert Beric Geschichte ist und sich an vorderster Front nicht allzu viele etablierte Alternativen tummeln.

 

Florian Kainz: Nach hartnäckiger Formkrise deutete der 21-Jährige im Frühjahr wieder an, welches Potenzial in ihm steckt. Diese Leistungssteigerung weckte natürlich Begehrlichkeiten, nicht nur Rapid wurde Interesse am linken Flügel nachgesagt. Auch wenn er sich gegen Vorbereitungsende verletzte: So lange Kainz den Sturm-Dress trägt, sind seine technischen Fähigkeiten und sein Ideenreichtum wichtige Faktoren für das Offensivspiel der Grazer.

UNTER DRUCK:

Christian Gratzei: Gleich zwei Mal hat Christian Gratzei in der vergangenen Saison den Status als Nummer eins an Benedikt Pliquett verloren. In der Saison davor wurde er von Johannes Focher aus dem Tor verdrängt. Der Ruf des Urgesteins - einer der wenigen verbliebenen Meister von 2011 - ist inzwischen ein wenig ramponiert. Vielleicht hilft es, dass er als Kapitän abgelöst wurde und sich wieder ausschließlich auf die eigene Leistung konzentrieren kann, um in die Spur zurückzufinden. Gratzeis Vertrag läuft nach dieser Spielzeit aus.

 

Michael Madl: Apropos Kapitän. Dieses Amt bekleidet nun Michael Madl. Wirkte er in der Vorsaison von der hartnäckigen Krise besonders genervt, gilt es nun positiv voranzugehen. Doch nicht nur als Sprachrohr wird der 26-Jährige gefordert sein. Nach dem Abgang von Nikola Vujadinovic ist Madl der neue Chef einer Abwehr, die sich 2013/14 trotz kompakter Spielanlage als zu anfällig erwiesen hat. 55 Gegentore waren zweifelsohne zu viel.

MANAGER-SCHNÄPPCHEN:

Spieler, die 700.000 wert sind, haben im Bundesliga-Manager den Vorteil, dass sie im Wert erheblich steigen, sobald sie einen Einsatz bekommen. Sturm hat den Kader mit vielen Talenten aufgefüllt. Der eine oder andere wird früher oder später seine Chance bekommen. Wir entscheiden uns für Sandi Lovric, dem besonders großes Potenzial nachgesagt wird.

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DAS LAOLA1-FAZIT:

Gelingt diesmal die Trendwende? Am Papier haben sich schon in der jüngeren Vergangenheit diverse Maßnahmen nicht so schlecht gelesen, ehe unterm Strich doch wieder eine gehörige Portion Desillusion herausgekommen ist. Der Kader wurde einem Facelifting unterzogen, das Gesicht der Führungsriege um Präsident Christian Jauk, GM Gerhard Goldbrich und Trainer Darko Milanic ist jedoch dasselbe. Ob man diesem Trio den nächsten Fehlschlag verzeihen würde? Zumindest in einem Punkt hat man gelernt. Ließ man zuletzt großen Worten kaum Taten folgen, präsentiert man sich vor dieser Saison wesentlich bescheidener. Für Milanic ist das Ziel die Europacup-Qualifikation - niedriger kann man die Latte in einer Saison, nach welcher die halbe Liga international spielen wird, als Traditionsverein mit gewissen Ansprüchen ohnehin nicht anlegen. Dennoch kein Fehler, lieber auf dem Platz als durch PR-Maßnahmen beweisen zu wollen, dass "der Weg stimmt"...

 

Peter Altmann