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"Man hat noch die Handschrift Fodas gesehen"

Als Sturms Interims-Trainer Thomas Kristl das 2:2 gegen Salzburg analysierte, rutschte ihm ein „meine Mannschaft“ heraus.

„Entschuldigung, ich meinte unsere Mannschaft“, unterbrach der Deutsche in der Sekunde, „es ist nicht meine Mannschaft, es ist die Mannschaft von Franco Foda.“

Der Schock der Cup-Blamage gegen Hartberg, der unschöne Abgang des Langzeit-Trainers, der Stimmungs-Boykott der Nordtribüne in der ersten Halbzeit – keine Frage: Die turbulenten Ereignisse der vergangenen Tage waren allgegenwärtig.

„Nach dem Mittwoch hat’s uns die Stimme verschlagen… In diesem Sinne: Gebt alles und verdient euch unsere Stimme!“, hieß es auf einem Transparent der Fans zum temporären Liebesentzug.

„Bezüglich der Einstellung ein Sieg“

In der Tat gaben die Grazer diesmal von der ersten bis zur sprichwörtlich letzten Minute alles. Schon früh, in der dritten Minute, gelang der Führungstreffer durch Florian Kainz, in der letzten Minute der Nachspielzeit schließlich der Ausgleich durch einen Kopfball von Patrick Wolf nach einer Freistoßflanke von Darko Bodul.

„Bezüglich der Einstellung der Mannschaft und der Bereitschaft, die sie an den Tag gelegt hat, kann man von einem Sieg sprechen“, fand Kristl, betonte jedoch, dass er nicht überrascht gewesen sei, wozu die Mannschaft fähig ist:

„Es war klar, dass nach so einem Spiel wie gegen Hartberg eine Reaktion kommt. Das war immer so. Allerdings haben wir noch nie so ein schlechtes Spiel wie gegen Hartberg abgeliefert.“

Der bald 49-Jährige (Geburtstag am kommenden Mittwoch) schickte seine Elf in einem 4-1-4-1-System auf das Feld. Zu den ohnehin zahlreichen Ausfällen gesellten sich kurzfristig auch noch Manuel Weber und Georgi Popkhadze.

„Mannschaft hat sich selbst aufgestellt“

„Ich bin mit 16 Feldspielern ins Hotel eingerückt, konnte gar nicht viel machen. Im Endeffekt hat sich die Mannschaft selbst aufgestellt“, meinte Kristl.

Bezüglich Spielfreude, Kombinationsvermögen und Aggressivität war Sturm auch dezimiert im Vergleich zu den letzten Auftritten nicht wiederzuerkennen.

Vor allem Kainz erwischte einen hervorragenden Tag, aber auch andere Akteure wie zum Beispiel Christoph Kröpfl, der erstmals seit seiner Rückkehr nach Graz von Beginn an auflief und den Führungstreffer wunderbar einleitete, überzeugten. Ohne Fehlentscheidung des Schiedsrichter-Teams um Gerhard Grobelnik beim „Abseitstor“ von Rubin Okotie wäre Sturm nach sechs Minuten sogar 2:0 in Führung gelegen.

„Auf das ganze Spiel gesehen finde ich es schade, dass wir nur einen Punkt gemacht haben, weil wir uns gut präsentiert haben“, erklärte Wolf. Zwischenzeitlich schlichen sich jedoch wieder für diese Saison typische Fehler ein, wie bei den beiden Gegentoren.

„Wenn man als Mannschaft so doof ist…“

Oder nach dem 2:2, als David Mendes problemlos durch die Grazer Reihen spazieren konnte, und es Goalie Christian Gratzei zu verdanken war, dass unter dem Strich nicht eine bittere Niederlage stand.

„Ich denke schon, dass man nach sechs Jahren Franco Foda noch seine Handschrift gesehen hat“, erklärte Gratzei.

„Mannschaft hat bewiesen, dass sie noch zu Foda steht“

Kristl behauptete sogar, dass die Mannschaft ihrem Ex-Trainer, mit dem das Verhältnis zuletzt alles andere als friktionsfrei gewesen sein soll, „den Punkt gewidmet“ hätte: „Die Truppe ist charakterlich in Ordnung. Das Einzige, was sich geändert hat, ist, dass der Cheftrainer nicht mehr da ist. Das ist schade, vor allem wie das Ganze abgelaufen ist. Aber ich denke, die Mannschaft hat bewiesen, dass sie noch voll und ganz zu ihm steht.“

Eines soll sich jedoch definitiv ändern – beginnend mit dem Gastspiel bei Rapid am kommenden Wochenende, nämlich die Konstanz. Kristl hofft, dass es endlich gelingt, eine gute Leistung im folgenden Match zu bestätigen:

„Es darf nicht sein, dass wir immer zuerst verlieren müssen, um dann im nächsten Spiel so eine Leistung  abzuliefern.“

Beherzigt „seine“ Mannschaft dies, kann es noch mit einem Europacup-Startplatz klappen…

Peter Altmann

„Wenn man als Mannschaft so doof ist und in der letzten Szene der Nachspielzeit noch so eine Riesen-Möglichkeit zulässt, brauchen wir nicht vom Gewinnen reden“, ärgerte sich Kristl, der auch den schnellen Ausgleich aus einer Standardsituation monierte: „Es sind schon noch Dinge da, die kritikwürdig sind.“

Über allem schwebten jedoch die jüngsten Vorkommnisse. Große Euphorie wollte trotz des Last-Minute-Erfolgserlebnisses nicht aufkommen – im Gegenteil, die Stimmung wirkte dennoch gedämpft, zu tief steckte das Erlebte in den Knochen.

„Es war ganz schwierig für uns, das muss man ehrlich sagen“, gab Gratzei zu, „als Profi probiert man das auszuschalten, aber so viele negative Sachen kratzen schon an einem.“

„Ich bin es meiner Ehre schuldig“

Nach den zahlreichen Vorwürfen von allen Seiten in den vergangenen Tagen fand der Keeper deutliche Worte:

„Ich habe die letzten Tage nur gehört: ‚Wir sind etwas schuldig!‘ In erster Linie sind wir niemandem etwas schuldig außer uns selbst und dem Verein. Ganz oben steht Sturm Graz, alles andere ist zweitrangig. Die Zuschauer mögen es mir verzeihen, aber ich bin auch nicht dem Publikum etwas schuldig, sondern ich bin es meiner Ehre schuldig, dass ich besser auftrete, als wir es gegen Hartberg gemacht haben, und einfach das Beste für einen tollen Verein wie Sturm gebe.“

Und nach 15 Jahren im Verein und knapp sechs Jahren als Trainer war natürlich auch die Personalie Foda omnipräsent. Binnen zwei Tagen war der Meistercoach selbstverständlich nicht vergessen.