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"Diese Kulisse hätte ein geileres Spiel verdient"

Mut kann man bekanntlich nicht kaufen. Ein Ticket brauchte man nicht zu kaufen, zumindest wenn man ein rotes Kleidungsstück am Körper trug.

Das 0:0 zwischen der Admira und Wiener Neustadt wäre das Eintrittsgeld auch kaum wert gewesen. Zu mager war die Kost, die die beiden Kontrahenten im Kampf um den Klassenerhalt auftischten.

Immerhin 8219 Zuschauer waren in die Südstadt gepilgert, um eine Antwort in der Abstiegsfrage zu bekommen. Sie verließen das Stadion mit gleich vielen offenen Fragen wie vor dem Showdown der beiden angeschlagenen Boxer.

Nicht gänzlich unerwartet.

„Beiden Mannschaften war zu bewusst, was am Spiel steht“

„Ich glaube, dass beiden Mannschaften zu bewusst war, was am Spiel steht. Beide Trainer-Teams haben im Vorfeld versucht, ein bisschen Druck von ihrer Mannschaft zu nehmen – jeder auf seine Art und Weise. Wie man gesehen hat, hat beides nicht so prickelnd funktioniert“, gestand Admira-Coach Oliver Lederer.

Auch sein Gegenüber Helgi Kolvidsson war überschaubar überrascht: „Das war uns schon im Vorfeld bewusst, dass es auf beiden Seiten nicht viele Torchancen geben würde. Wenn es so eng ist, entscheiden Kleinigkeiten. Es war nicht der absolute Leckerbissen. Ein Punkt ist wenig. Aber die Chance lebt!“

Letztlich war es für beide Trainer eine Frage des Risiko-Managements, die beide gleich beantworteten. Keiner wagte es in diesem niederösterreichischen Abstiegs-Poker, All-in zu gehen und voll auf Sieg zu spielen.

Die Admira lebte und lebt im Bewusstsein, mit drei Punkten Vorsprung plus besserer Tordifferenz ein zusätzliches Ass im Ärmel zu haben. Wiener Neustadt wiederum hätte mit drei Punkten zwar viel gewinnen, mit einer Niederlage jedoch im Prinzip schon alles verlieren können.

Das Ergebnis dieser Rechnungen: Man spürte, wie lähmend Abstiegskampf sein kann.

Die vergebliche Hoffnung auf einen Lucky Punch

Beide Teams agierten denkbar vorsichtig, bemühten sich ja nichts zuzulassen und setzten lange Zeit auf das Prinzip Hoffnung, vorne einen Lucky Punch zu landen – bevorzugt aus einem Standard.

Wiener-Neustadt-Routinier Herbert Rauter bestätigte: „Es war sehr verhalten. Wir waren im Endeffekt in der Situation, dass es verdammt schwer wird, wenn wir ein Tor kassieren. Wir haben diesmal zumindest aus einer gesicherten Abwehr gespielt, die Null musste stehen. Mit ein wenig Glück gewinnst du 1:0.“

„Man merkt in solchen Partien, dass man sicher das Risiko zurücknimmt und zuerst versucht, kein Tor zu kassieren. In solchen Spielen gibt es nur ein, zwei Möglichkeiten und die musst du eiskalt nutzen. Das haben wir leider nicht geschafft“, meinte Admira-Kapitän Richard Windbichler.

Vereinzelt gab es besagte Möglichkeiten. Etwa durch Konstantin Kerschbaumer auf Seite der Hausherren oder durch Dominik Hofbauer für die Gäste.

„Ich mag das Wort nervös nicht“

„Alle hätten darauf gewartet, dass irgendjemand das Tor macht. Leider ist es nicht geglückt. Wir haben auch nicht so gut gespielt. Wir hatten ein wenig Angst, dass wir vielleicht einen Fehler machen, ein Gegentor kriegen und dem nachlaufen müssen“, schilderte Benjamin Sulimani den Druck, der diesmal besonders spürbar gewesen sei:

„Im Training waren wir eigentlich locker drauf, auch vor dem Spiel war die Stimmung sehr gut. Aber beim Aufwärmen hat man schon gemerkt, dass die Nervosität beim einen oder anderen steigt. Das hat man dann auch im Spiel gesehen. Bei einigen Spielern war die Nervosität mehr da, bei anderen ein bisschen weniger.“

Abstiegskampf ist eben auch eine Frage der Nerven. Windbichler teilte so gesehen Sulimanis Eindruck:

„Ich mag das Wort nervös nicht, ich nehme lieber aufgeregter und angespannter. Die Situation war sicherlich sehr angespannt, weil jeder gewusst hat, was auf dem Spiel steht. Deswegen haben sich beide Mannschaften neutralisiert, weil keiner zu viel riskieren und einen frühen Gegentreffer hinnehmen wollte. Je länger das Spiel gedauert hat, umso mehr war eigentlich jeder mit einem Punkt zufrieden.“

„Aus meiner Sicht war es sinnstiftender, den Punkt mitzunehmen“

Letzteres traf auf beide Trainer zu. „Wenn du das Spiel verlierst, ist es vorbei. Das ist der Grund“, antwortete Kolvidsson trocken auf die Frage, warum er nicht mehr Risiko genommen hat, „mit diesem Wissen im Gepäck, kannst du nicht sagen: ‚Riskieren wir alles, gehen wir aufs Ganze!‘ Man muss abwägen, in welcher Situation man steckt.“

Lederer wiederum entschied sich sogar lieber für relativ defensive Wechsel, als offensiv den Versuch zu starten, in diesem „Sechs-Punkte-Spiel“ die Vorentscheidung herbeizuführen.

„Ich verstehe natürlich die Überlegungen, offensiver zu tauschen, aber es steht sehr viel auf dem Spiel. Die Entscheidung hatte ich am heutigen Tag so zu fällen. Aus meiner Sicht war es sinnstiftender, den Punkt mitzunehmen“, verdeutlichte der 37-Jährige, der gleichzeitig auch die Akteure beider Teams in Schutz nahm:

„Man muss die Spieler auf dem Platz verstehen. Ganz so leicht ist es nicht. Im Vorfeld ist von auf dem Spiel stehenden Existenzen gesprochen worden, und dann sollen die Spieler mutig und entschlossen spielen. Das ist nicht ganz so einfach, das kann man mir glauben. Aber ich denke, dass beide Mannschaften trotzdem in ihrem Rahmen versucht haben, zu gewinnen – ohne das Letzte zu riskieren. Die Kulisse hätte definitiv ein geileres Spiel verdient.“

„Für die Admira ist es bitterer als für uns“

Während über die passive Herangehensweise beziehungsweise über die Gerechtigkeit des Remis weitestgehend Einigkeit herrschte, konnte man nur darüber trefflich streiten, wem der Punkt mehr oder weniger nützte.

„Ich glaube, dass es für die Admira bitterer ist als für uns, weil sie 8000 Fans im Rücken hatten und mit dieser Partie eine Vorentscheidung schaffen wollten. Das ist ihnen nicht gelungen. Es wird ein Krimi bis zum Schluss“, prophezeite Hofbauer.

Admira Wr. Neustadt
Ballbesitz 54,5% 45,5%
Zweikämpfe 48,5% 51,5%
Eckbälle 1 5
Torschüsse 16 8
Torschüsse außerhalb Strafraum 13 5
Torschüsse innerhalb Strafraum 3 3
Kopfballchancen 1 1
Abseits 3 2
Fouls 21 14

Im Lager der Südstädter baut man indes auf das Punktepolster. „Wir können wahrscheinlich zufriedener sein als Wiener Neustadt. Wir haben auf alle Fälle die bessere Ausgangsposition als sie. Aber wir müssen auf der Hut sein und so viele Punkte wie möglich mitnehmen. Dann geht es sich aus“, meinte Markus Katzer.

Aus dem direkten Duell wird nun wieder ein Fernduell – und in diesem mangelt es nicht mehr an Selbstvertrauen.

„Wir sind um einen Tick die bessere Mannschaft“

Warum die Admira „unabsteigbar“ bleibt? Windbichler: „Weil wir drei Punkte Vorsprung haben und, wie ich glaube, die doch um einen Tick bessere Mannschaft sind. In den letzten Spielen hatten wir einen eindeutigen Aufwärtstrend und Wiener Neustadt nicht.“

In Wiener Neustadt setzt man indessen darauf, sich auch heuer wieder als Überlebenskünstler hervorzutun. Hofbauer: „Speziell in den letzten Jahren hat man gesehen, was in den letzten Runden noch möglich ist.“

Tobias Kainz versprach: „Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass in der Mannschaft genügend Qualität steckt, um Bundesliga zu spielen. Wir werden bis zum Schluss kämpfen, um drinnen zu bleiben.“

Auch Durchhalteparolen gibt es in dieser Phase einer Saison stets gratis.

Peter Altmann