news

"Wir haben die richtige Antwort gegeben"

Fußball kann manchmal sehr bizarr sein.

Da fährt das stark ersatzgeschwächte Red Bull Salzburg mit lediglich 16 Spielern (!) nach Wien, um beim zuletzt vier Mal erfolgreichen Rapid nicht noch tiefer in die Liga-Krise zu geraten – und dann wird das Spiel ausgerechnet von der Bank (mit Laimer und Caleta-Car) aus zugunsten der „Bullen“ entschieden.

Joker Massimo Bruno traf nur 13 Sekunden mit seiner ersten Ballberührung zum 1:0. Der ebenfalls eingewechselte Nils Quaschner war sowohl beim 1:0 als auch beim 2:0 maßgeblich beteiligt.

„Manchmal hat man einfach das Goldhändchen“, konnte Salzburg-Trainer Adi Hütter nach dem 2:1-Sieg aufatmen. „Beide Spieler haben dafür gesorgt, dass aus einem Punkt drei Punkte wurden.“

Verdienter Befreiungsschlag

Und während das Remis für Rapid schmeichelhaft gewesen wäre, ist der Salzburger Sieg nun hochverdient. Auch wenn die Entscheidung erst in den letzten Minuten fiel. 20:5-Torschüsse sind dafür Beweis genug.

Schon unter der Woche machten die Salzburger mit dem 12:1-Rekordsieg beim Wiener Sportklub den ersten Schritt und landeten nun mit dem nächsten Auswärtssieg den richtigen Befreiungsschlag.

„Wir hatten am Mittwoch Selbstvertrauen getankt, das war jetzt ein anderes Kaliber. Und es freut uns einfach sehr, dass wir mit so vielen Ausfällen das so gut über die Bühne gebracht haben“, jubelte Valentino Lazaro, der wie schon 45 Minuten in Hernals auch in der Leopoldstadt als Rechtsverteidiger gekonnt aushalf.

„Das war der richtige Befreiungsschlag. Wir haben Anfang der Woche viele Gespräche geführt, wollten unter der Woche den ersten Schritt machen, das ist uns bravourös gelungen. Heute wollten wir nachlegen. Wenn man das Spiel gesehen hat, dann war es die richtige Reaktion auf die letzten Wochen“, hielt Marcel Sabitzer fest, der für den 1:0-Torschützen ausgewechselt wurde.

Nicht nur für Sabitzer hochverdient

Die beim Abgang des Ex-Rapidlers einmal mehr niveaulosen Sprechchöre seiner ehemaligen Fans vernahm der 20-Jährige, gab aber später die richtige Antwort: „Das hört man natürlich, aber im Endeffekt ist es wurscht, es zählt nur der Sieg.“

Spurlos vorbei ging die Wiener Rückkehr für den Linksaußen, der viel in der Mitte unterwegs war, allerdings nicht: „Es war ungewohnt für mich. Ich hatte vor dem Spiel schon ein ungutes, komisches Gefühl, im Endeffekt habe ich es aber gut hinübergebracht. Es war halb so schlimm.“

Für den Steirer waren die drei Punkte mehr als verdient: „Wenn der Sieg nicht gerecht war, dann kenne ich mich auch nicht mehr aus. Rapid hatte vorne wenig bis gar nichts, bis auf den Schuss von Steffen Hofmann in der ersten Hälfte. Wir hatten gute Chancen, das Spiel früher zu entscheiden.“

Hütter gefiel indes die mannschaftliche Reaktion auf die drei Liga-Niederlagen nach Malmö („Der Knacks ist verständlich“) und lobte das Auftreten seiner Truppe: „Wir haben die richtige Antwort gegeben, auch was die letzten Leistungen betreffen. Es herrschte vor dem Spiel eine angespannte Situation, weil der WAC sechs Punkte vor uns lag und Rapid drei hinter uns war. Deswegen war es ein ganz wichtiger Sieg, aber auch ein sehr verdienter.“

Veränderte Taktik ging auf

Der war auch deswegen verdient, weil Salzburg wie von Hütter am Freitag angekündigt die Taktik änderte. „Wir sind momentan nicht in der Lage, so hoch zu pressen, weil die Sprintbereitschaft nicht so war, wie sie sein sollte. Deswegen musste man die Schlüsse ziehen, sich zurückziehen und kompakt stehen. Rapid spielte zu Hause und hatte einen Schwung. Ich war neugierig, wie Rapid mit dieser Situation umgeht und finde, dass mein Team das taktisch sehr gut gemacht hat.“

Sabitzer sah offenkundig in überraschte Gesichter seiner Ex-Kollegen: „Rapid hat unsere Taktik vielleicht so nicht erwartet, nämlich dass wir ein wenig abgewartet haben. Ihnen ist wenig eingefallen, meistens kamen nur die Diagonalbälle. Ich denke, wir haben das gut gelöst.“

Überrascht und nicht überrascht

Rapid-Trainer Zoran Barisic erwartete Salzburgs Spiel: „Das hat ja Adi davor angekündigt. Auch die Aufstellung war keine Überraschung. Wir waren heute einfach die unterlegene Mannschaft.“

Seine Spieler erwarteten das abwartende Verhalten der Salzburger aber offenbar nicht.

„Sie sind überraschenderweise sehr tief gestanden. Aber sie hatten zuletzt auch nicht viele Erfolgserlebnisse, deswegen haben sie uns anlaufen lassen“, meinte etwa Mario Sonnleitner.

Kapitän Steffen Hofmann ergänzte: „Sie haben uns nicht ganz vorne attackiert, wie sie es sonst immer tun. Sonst haben sie so gespielt, wie wir sie erwartet haben. Spielentscheidend war es nicht.“

Für Barisic waren ebenfalls andere Dinge entscheidender: „Es war ein verdienter Sieg, weil sie präsenter, robuster und handlungsschneller waren. Sie haben auch viel mehr Chancen kreiert. Wir hingegen haben uns in der ersten Reihe überhaupt nicht durchsetzen können.“

Junge Helden aus der zweiten Reihe

Salzburg hat zwar nicht sein altes Gesicht als Pressingmaschine gezeigt, aber ein deutlich schöneres als in den vergangenen Wochen. Ohne dem 1:2 in der Schlussminute nach einer Ecke hätten die Gäste auch zum ersten Mal seit 23. August (5:0 gegen Altach) zu Null gespielt. Doch die „Bullen“ hatten die schwachen Hausherren ansonsten im Griff.

„Wir waren um einiges kompakter als zuletzt, die Abstände waren kürzer und wir kamen mehr aus der Organisation heraus. Wir haben nicht so wild den Ball attackiert wie sonst. Das hat uns auch einmal ganz gut getan. Wir haben uns die Kräfte gespart und sie dann in der Offensive ausgespielt“, analysierte Lazaro, der wie Benno Schmitz auf linker Seite auf einer ungewohnten Position spielte.

Der Deutsche ist normalerweise nur rechts zu Hause. Mit Stefan Ilsanker und Andre Ramalho spielte wie schon die zweite Hälfte gegen den Sportklub eine aus der Not geborene Viererkette.

Die jungen Helden aus der zweiten Reihe bekamen von Trainer Hütter positives Feedback: „Es gilt Schmitz und Lazaro ein Lob auszusprechen. Sie haben ihre Aufgabe sehr gut gemacht, obwohl sie nur einmal zuvor auf diesen Positionen gespielt haben. Das hat mir imponiert.“

  Rapid Salzburg
Ballbesitz 46,5% 53,5%
Zweikämpfe 50,5% 49,5%
Eckbälle 6 6
Torschüsse 5 20
Torschüsse außerhalb Strafraum 2 9
Torschüsse innerhalb Strafraum 3 11
Kopfballchancen 2 2
Abseits 4 1
Fouls 8 14

Hütter flüsterte Bruno zu

Der Vorarlberger gab zudem Bruno die richtigen Worte auf den Weg, erzählte grinsend: „Ich habe ihm gesagt: Geh rein und schieße das entscheidende Tor. Und es hat nicht lange gedauert.“

Der Belgier dankte es mit dem wichtigen Führungstreffer: „So schnell habe ich noch nie getroffen. Es war ein tolles Gefühl für mich und die Mannschaft, denn das Selbstvertrauen ist nun wieder da.“

Alle zusammen hielten dem Druck stand und Hütter bewies wie schon in Grödiger Zeiten, dass der 44-Jährige auch mit einer Rumpfmannschaft und adaptierter Spielidee erfolgreich sein kann.

Der Coach dachte vor allem an die Spieler. „Die Mannschaft hat zuletzt ein paar Hiebe bekommen, man muss aber auch mit berechtigter Kritik umgehen können. Zwölf Tore bei einem Regionalligisten sind nicht üblich, wir wollten diesen Schwung mitnehmen. Hier bei Rapid, das zuletzt sehr gut gespielt hat, verdient zu gewinnen, das war sehr beeindruckend und hat mir sehr gut gefallen.“

Salzburg hat sich mit zwei erfolgreichen Spielen in Wien selbst aus der Krise gehievt.

 

Bernhard Kastler