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„Wichtig, Gefühl des Gewinnens kennenzulernen“

„Wichtig, Gefühl des Gewinnens kennenzulernen“

Heimsieg mit Handicap.

Was in der Welt der Fußballwetten ein beliebter Tipp ist, machte der SC Wiener Neustadt im Heimspiel gegen den Wolfsberger AC zur Realität.

Nach nur 33 Sekunden stand es 0:1, die Partie wurde also mehr oder weniger mit einem Rückstand gestartet.

"Ich war kurz etwas perplex", gab Trainer Heimo Pfeifenberger nach dem Kopfballtreffer von Manuel Kerhe zu, "aber gleich danach war schon das Gefühl: weiter geht's. Und diese Stimmungslage auf der Bank hat sich auch auf das Feld übertragen."

Turbulente Anfangsphase

Ehe die Elf des ehemaligen Rapid- und Salzburg-Stürmers zur Wende ansetzte, hieß es allerdings noch einmal zittern. In Minute sechs schlug Sandro Gotal eine Flanke von links, Kerhe stand erneut völlig allein, verpasste mit seinem Abschluss aber das Ziel.

"Die zweite Aktion war haargleich wie das 1:0. Da hätten wir die Partie abstecken müssen", lamentierte Verteidiger Boris Hüttenbrenner. Kurz darauf sollte der 27-Jährige den Gastgebern mit einem Zieher an Thomas Pichlmann im Strafraum auf die Sprünge helfen.

"Dass der Schiri ein Foul gab, hat mich selbst überrascht", erklärte der Übeltäter. "Es war ein Duell im Sechzehner, da muss ich hingehen, sonst bekommen wir eines." Dies erledigte in Folge Neustadt-Kapitän Peter Hlinka, der per Elfmeter das 1:1 besorgte.

Hitze bleibt tonangebend

Nach der aufregenden Anfangsphase verflachte die Partie sichtlich, was durch die knapp 40 Grad im Stadion allerdings leicht erklärt werden kann.

"In Anbetracht der Hitze war es von beiden Seiten eine super Partie. In den ersten 20 Minuten jeder Hälfte wurde ein hohes Tempo gegangen, die restlichen 25 dementsprechend weniger", analysierte Flügelspieler Kerhe, der dennoch auf für ihn "normale" fünf Flanken und darüber hinaus zu fünf Torschüssen kam.

Der Aktivposten im Angriffsspiel der Kärntner freute sich zwar, dass zum ersten Mal in dieser Saison wieder vermehrt über die Seiten gespielt wurde, Mängel gab es aber zuhauf: "Die Chancenauswertung stimmt nicht, der letzte Pass kommt nicht. Wenn zwischen den beiden Abwehrreihen Pässe gespielt werden, fehlt die Kommunikation."

Letzter Punkt sei angesichts tropischer Außenverhältnisse umso entscheidender. Schließlich "hängt viel von der Kommunikation ab. Wer mehr redet, muss weniger laufen."

Martschinko rehabilitiert sich selbst

Und zu laufen hatten die Gäste aus dem Lavanttal noch viel, vor allem auf den Außenbahnen, über die Wiener Neustadt immer wieder geschickte Konter fuhr.

Ein solcher führte dann auch zum 2:1 für die Blau-Weißen und letztlich zum Endstand. Christoph Martschinko, beim Gegentor und der nachfolgenden Chance von Kerhe als Schuldiger in der Neustädter Hintermannschaft ausgemacht, bügelte nach seiner Hereingabe, die zum Elfer führte, seine Fehler endgültig aus.

"Ich muss ehrlich zugeben, dass ich mental schon etwas angeschlagen war. Es hat weh getan, dass ich wieder am Tor schuld bin. Dass ich das mit der Flanke ausgleichen kann und mir dann auch noch das Siegestor gelingt, bringt mich nach vorne", freute sich der Außenverteidiger über den satten Schuss, der WAC-Keeper Christian Dobnik schlecht aussehen ließ.

Kein Schlussspurt der Gäste

Im Unterschied zu vergangenen Spielen waren die Wolfsberger nicht in der Lage, in der Schlussphase noch einmal zuzusetzen. „Durch die Hitze nicht mehr den Druck erzeugen, wie wir es sonst getan hätten", so Trainer Slobodan Grubor, der ein „teilweise gutes Spiel“ seiner Elf gesehen hat.

Da am Sechzehner zumeist jedoch Schluss war, wartet der Aufsteiger des letzten Jahres weiter auf den ersten Saisonsieg, während beim Gegner selbiger bejubelt wurde.

„Ich habe gar nicht mehr gewusst, wie man in Österreich einen Sieg feiert“, schmunzelte Pichlmann und verwies auf die Mannschaftsleistung: „Wir haben Moral gezeigt, Gas gegeben und letztlich verdient gewonnen.“

Pfeifenberger schlug in dieselbe Kerbe: „Für meine Mannschaft ist es wichtig, dieses Gefühl des Gewinnens kennenzulernen. Wir haben nach den ersten beiden Niederlagen sehr viel Wert darauf gelegt, das Wir-Gefühl herauszukehren. Jeder hat sich für den anderen eingesetzt und das war der Schlüssel zum Erfolg.“

„Mit den Teams auf Augenhöhe“

Ein „Wir-Gefühl“ der Wiener Neustädter als Schlag ins Gesicht aller, die die Niederösterreicher wieder zum Abstiegskandidaten Nummer eins erklärt haben und sich nach den zwei klaren Niederlagen gegen Salzburg und Rapid bestätigt sahen.

„Für uns und vor allem für die neuen Spieler, die jetzt in der Bundesliga Fuß fassen müssen, ist es wichtig zu spüren, mit anderen Teams auf Augenhöhe zu sein“, erklärte Pichlmann.

Der Italien-Rückkehrer, der auf sein erstes Bundesliga-Tor seit Mai 2007 noch warten muss, spricht dem 2:1 großen Wert zu: „Wir haben gesehen, dass wir es selbst in der Hand haben, den Klassenerhalt zu schaffen.“

Ob mit Handicap oder ohne.

Christian Eberle

Wiener Neustadt Wolfsberg
Torschüsse Pichlmann 5 Kerhe 5
Torschuss-Vorlagen Pollhammer 6 Sollbauer, Liendl, De Paula, Gotal je 2
Ballkontakte Hlinka 115 Liendl 98
Zweikampfquote Berger, Martschinko je 77,8 % (7/2) Jovanovic (77,2 % (7/2)
Passquote Pollhammer 97,4 % (37/1) Topcagic 100 % (7/0)