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"Müssen schauen, wie man das Schiff neu ausrichtet"

Fassungslos, die Blicke leer.

Spieler, Trainer und Funktionäre hatten Tränen in den Augen.

Damit hat einfach niemand beim SV Mattersburg  gerechnet.

Nach zehn Jahren in der Bundesliga steigen die Burgenländer ab und treten den grausamen Weg in die Erste Liga an.

Eine 0:1-Heimniederlage am letzten Spieltag gegen die Admira und gleichzeitige Siege von Wiener Neustadt (3:0 bei Sturm Graz) und Wacker Innsbruck (3:2 beim WAC) besiegelten das Schicksal des SVM.

Lederers schlimmster Moment

"Wer rechnet damit, wenn du vor dem Spiel Siebenter bist und nur einen Punkt brauchst", rang Trainer Franz Lederer bei LAOLA1 mit seinen Worten.

"Der Fußball hat heute seine hässlichste Fratze gezeigt. Mir tun die Jungs, die Verantwortlichen und die Zuseher leid. Ich glaube, wir haben heuer und in den letzten Jahren bewiesen, dass wir es verdient hätten, weiterhin ein Bestandteil der Bundesliga zu sein", so der enttäuschte 47-Jährige, dessen schlimmster Moment eingetreten ist.

Selbst Admira-Coach Didi Kühbauer, gebürtiger Mattersburger und 2003 als SVM-Spieler hauptverantwortlich für den Aufstieg, litt mit seinem Herzensklub.

Tränen bei Kühbauer

Der 42-Jährige konnte seine Emotionen nicht verbergen, musste sogar ein TV-Interview abbrechen, als er auf Mattersburg angesprochen wurde.

Auch bei ihm kullerten die Tränen - zu eng ist noch seine Verbundenheit mit dem Verein und Obmann Martin Pucher.

Dieser zeigte sich dagegen gefasster, wenngleich auch ihm der Schock über den überraschenden Abstieg ins Gesicht geschrieben stand.

Aufgewühlt und enttäuscht

"Man ist aufgewühlt, ist enttäuscht. In erster Linie sind wir aber selbst schuld. Wir hatten es in der eigenen Hand, da braucht man nicht bei anderen die Schuld suchen. Es waren genug Chancen für ein positives Resultat vorhanden."

"Den heutigen Tag würde ich gerne aus dem Gedächtnis streichen, aber es kommen wieder andere Tage. Es hat 25 Jahre gedauert bis ich absteige. Jetzt hat es mich erwischt. Der Start war damals in der fünften Leistungsgruppe. Irgendwann erwischt es jeden. Das muss auch ich zur Kenntnis nehmen", resümierte der Big-Boss, dem vor allem die letzten 30 Minuten der Saison zusetzten.

"Als es bei uns 0:0 gestanden ist, stand es in Wolfsberg 2:0 für den WAC. Kurz nach unserem 0:1 gelingt Wacker der Anschlusstreffer und binnen weniger Minuten gehen sie mit 3:2 in Führung. Das trifft einen schon ins Herz", so der 57-Jährige.

"Schauen, wie man das Schiff neu ausrichtet"

Denn die Ausgangslage sprach vor der letzten Runde klar für seinen Klub. Jeder Punktgewinn hätte gereicht, selbst bei einer Niederlage waren die Chancen intakt, schließlich wären dann Siege von Wacker und Neustadt, die bei Teams, die um den Europacup kämpften, antraten, notwendig gewesen.

Doch beide Abstiegskandidaten holten jeweils die drei Punkte und stießen die Mattersburger somit in ein Tal der Verzweiflung.

"Fußball ist ein schnelllebiges Geschäft. Vor einer Woche haben wir einen Sieg gegen Rapid gefeiert, hatten zwei Runden vor Schluss fünf Punkte Vorsprung aufs Tabellenende. Wenn man es selbst nicht schafft, weil man versagt, darf man auch keine Hilfe von anderen erwarten. Wir sind die Verlierer, das muss man realisieren und zur Kenntnis nehmen. Jetzt müssen wir ein, zwei Tage darüber schlafen. Dann können wir schauen, wie man das Schiff neu ausrichtet", analysierte Pucher nüchtern.

Pläne für Erste Liga

Pläne für die Erste Liga konnte beziehungsweise wollte der ehemalige Bundesliga-Präsident (2005-2009) so kurz nach dem verloren gegangenen Abstiegs-Drama keine nennen.

Nur so viel: "Die ganze Mannschaft hat langfristige Verträge. Der Ball liegt bei uns, denn es gibt keine Verträge, die in der Ersten Liga nicht gelten. Es gibt einfach Abschläge, das ist aber klar ausgehandelt. Mehr kann ich dazu heute aber nicht sagen. Erst in ein paar Tagen wird man die Weichen neu stellen. Das Team wird aber ein anderes Gesicht haben - keine Frage."

Zu guter Letzt hatte der Bankier sogar noch aufmunternde Worte für Kühbauer parat. "Ich kann seine Wehmut nachempfinden, denn Didi und ich haben sehr viel gemeinsam erlebt. Es tut ihm sicher leid, dass es uns erwischt hat. Aber er ist jetzt Admira-Coach und hat diesen Sieg für sein Team gebraucht. Er war der Spieler, der den SVM vor zehn Jahren in die Bundesliga geführt hat. Jetzt steigen wir ab - es schließt sich ein Kreis."


Martin Wechtl