LAOLA1:Ist dieses Tohuwabohu für die UEFA peinlich?

Sauer: Ich glaube schon. Sie wird zwar sagen, sie könne nichts machen, weil sie Fenerbahce und Kharkiv ja regelkonform ausgeschlossen hatte. Das stimmt vordergründig, da ist insbesondere der CAS mit seinen Entscheidungen in der Verantwortung. Trotzdem muss man sich fragen, ob die UEFA die Fälle nicht zu spät in die Hand genommen hat. Der Fall Kharkiv datiert aus 2008, jener von Fenerbahce aus der Saison 2010/11 - jetzt haben wir die CL-Saison 2013/14. Sicher müssen auch bestimmte Urteile und Beweise zugrunde gelegt werden, aber in beiden Fällen - ohne alle Details zu kennen - muss die UEFA eigentlich früher agieren, um für den laufenden Bewerb Rechtssicherheit für alle Vereine zu haben. Das ist unbefriedigend. Es muss in den Regularien stehen, ob in so einem Fall sofort oder im Vorgriff auf den nächsten Wettbewerb entschieden wird. Das sind Fragen, die geregelt gehören und den Vereinen kommuniziert werden müssen.

LAOLA1: Sie als Jurist, wäre solch ein Vorgehen im "normalen" Gerichtsleben überhaupt denkbar?

Sauer: Wir haben mit dem CAS ein privates Schiedsgericht, dem sich alle am Wettbewerb Beteiligten unterworfen haben. Das ist auch absolut richtig, weil sie jedes sportliche Verfahren besser beurteilen kann, als ein staatliches. Zudem gibt es einen schnelleren Verfahrensablauf, der im Sport natürlich notwendig ist. So muss ich verlangen können, dass sie schnell Entscheidungen trifft. Im Vergleich zu einem staatlichen Verfahren sind sechs Wochen schnell, aber im Verhältnis zu Sportwettbewerben ist es einfach zu langsam. Bei Olympischen Spielen gibt es, wenn etwa ein Diskuswerfer den Ring übertritt und Unklarheit herrscht, dann vom CAS dort Sofort-Richter, die vor der nächsten Runde entscheiden. Das sollte auch in diesem Fall so sein. Das ist im Moment aus juristischer Sicht unbefriedigend.

LAOLA1: Ist Kharkiv, das im Gegensatz zu Fener nicht antreten durfte, das i-Tüpfelchen?

Sauer: Das war am Ende auch der Grund, warum wir mehr Gas gegeben haben. Denn der Fall ist von außen gesehen ähnlich zu jenem von Fenerbahce. Wiederum kann ich keine abschließende Beurteilung abgeben, weil ich nicht alle Details kenne. Da muss ich auch wieder verlangen, dass das den Vereinen entsprechend kommuniziert wird, warum das alles so ist. Da brauchen sich die UEFA und der CAS dann auch nicht wundern, warum auf der einen Seite spekuliert wird und warum auf der anderen Seite sich betroffene Vereine mit Händen und Füßen wehren.

LAOLA1:Am 1. September sind Sie ein Jahr im Amt. Trainer Roger Schmidt meinte kurz vor Ende seines ersten Jahres über die Bundesliga: "Das muss man schon erlebt haben." Wie sehen Sie sie?

Sauer: Die positiven Erlebnisse haben sicherlich überwogen. Ich muss sagen, ich habe mich damals relativ kurzfristig entschieden und hatte mich im Vorfeld jetzt nicht bis ins letzte Detail mit der Bundesliga oder dem österreichischen Fußball befasst. Man kennt natürlich den Fußball hier und verfolgt ihn auch. In Wolfsburg hatten wir auch österreichische Spieler. Man hat viele Spiele gesehen und Spieler gescoutet. Ich habe jetzt hier nicht großartig positive oder negative Überraschungen erlebt. Im Gesamten finde ich hier in Salzburg sehr professionelle Strukturen vor, da gibt es im Grunde keine Unterschiede zu Vereinen in der deutschen Bundesliga. Was die Dimensionen angeht, ist hier natürlich alles kleiner, aber das muss bei der Größe des Landes auch so sein. Überrascht hat mich, dass in Österreich eine sehr lebhafte Diskussion herrscht, ob der Fußball richtig organisiert ist oder nicht. Sicher gibt es diese Diskussion in anderen Verbänden auch, aber es ist bemerkenswert, intensiv und wie fortlaufend diskutiert wird. Mit den aktuellen Strukturen sind nicht alle zufrieden, viele wollen etwas voranbringen. Klar ist aber, wenn alle in verschiedene Richtungen rennen, wird es schwer, das österreichische Profi-Fußball-Produkt zu verbessern. Das Potenzial wäre allerdings definitiv da.

LAOLA1: Das Produkt stand schon schlechter da. Die Nationalmannschaft hat Chancen auf die WM-Qualifikation, die Austria steht in der CL-Gruppenphase und in der Europa League ist Salzburg so gut wie dabei und Rapid hat gute Chancen.

Sauer: Absolut! In der Nationalmannschaft spielt die erste Elf ausnahmslos in großen Ligen und bei renommierten Klubs. Es gibt auch in Österreich viele gute Spieler und viele Talente. Es ist zudem absolut positiv und wir haben uns gefreut, dass die Austria nun in der CL steht. Aber ich glaube eben, dass die ganzen positiven Aspekte nicht so gesehen werden und man eher pessimistisch an die Sache herangeht. Man traut sich nicht zu, was man eigentlich packen könnte. Man sagt eher es geht nicht, die Liga sei zu klein, es gäbe zu viele kleine Mannschaften und zu wenige Zuschauer kommen ins Stadion. Ich denke, das ist die falsche Sichtweise. Denn es gibt genügend Indikatoren, die das Gegenteil beweisen. Deswegen bin ich der Meinung, dass man noch viel mehr weiterentwickeln könnte und den österreichischen Fußball und auch die Liga auf eine andere Stufe heben kann.

LAOLA1: Sie sind Geschäftsführer bei einem Klub, dessen wichtigste Entscheidungen der Eigentümer trifft. Wie würden Sie ihren Aufgabenbereich beschreiben?

Sauer: Ich bin außerhalb des sportlichen Bereichs für alle administrativen Bereiche im Fußball-Klub zuständig und verantwortlich. Das fängt mit dem Stadionbetrieb an, geht über Marketing und Sales, Öffentlichkeitsarbeit bis hin zu den Finanzen. Ich habe zusammen mit Ralf Rangnick die Verantwortung für den Klub. Wir sind auf einer Ebene und arbeiten auch eng zusammen. Alle Entscheidungen werden im gemeinsamen Sinne, sowohl in sportlicher als auch in finanzieller Hinsicht, getroffen. Natürlich in enger Abstimmung mit dem Eigentümer (Dietrich Mateschitz, Anm.). Das ist aber normal, das war auch in meinem Fall in Wolfsburg mit VW so und ist bei anderen Vereinen nicht anders. Es gibt eine klare Struktur und die funktioniert wunderbar.

LAOLA1: Mit Gerard Houllier gibt es noch den Global Sports Director bei Red Bull. Vom Franzosen ist nichts zu hören und nichts zu sehen. Wie läuft die Zusammenarbeit? Macht er alles aus Paris?

Sauer: Man nimmt ihn vielleicht nicht so oft in der Öffentlichkeit wahr, aber das ist in seiner Rolle auch nicht unüblich. Als Global Sports Director ist er für mehrere Projekte verantwortlich. Es geht bei ihm in erster Linie darum, die koordinative Aufgabe, den Austausch der Fußball-Klubs zu fördern und er steht auch als Berater und Ratgeber zur Verfügung. In alle Entscheidungen, bei denen wir den Eigentümer informieren, ist auch Gerard involviert. Wir telefonieren fast jeden zweiten, dritten Tag, ebenso Ralf Rangnick. Wenn es gilt, Synergien der Klubs zu nützen, ist Gerard dabei und trifft die Entscheidungen. Wir haben gerade fünf brasilianische Testspieler aus unserer Akademie hier. Er macht auch nicht alles von Paris aus, war zuletzt alle zwei, drei Wochen in Salzburg. Er hat sich das Fenerbahce-Spiel ebenso wie Liefering und die Next Generation Trophy angesehen. Er ist viel unterwegs und gemessen daran, dass er auch in New York oder in Brasilien zu tun hat, ist er oft hier. Auch in Leipzig ist er präsent.