LAOLA1: Nachdem vorige Saison ein Umbruch stattgefunden hat, meinten Sie im April, das Schwierigste sei vorbei. In welcher Phase befindet sich Ihr Team nun?

Schmidt: Es ist eine permanente Entwicklung und auch nie zu Ende. Es ist nicht so, dass man irgendwann fertig ist und nur noch diese Spielweise verwaltet. Man entwickelt sie, ist damit - so wie wir im Moment - erfolgreich und dann tun sich eben wieder neue Aufgaben auf. Etwa, weil der Gegner versucht, sich auf uns einzustellen. Da muss man neue Optionen schaffen. Jeder weiß, dass wir bei Ballbesitz oder durch schnelles Umschaltspiel versuchen, mit tiefen, flachen Bällen durch Kombinationen vor die Abwehr zu kommen. Das haben die Gegner irgendwann registriert, haben versucht, die Mitte kompakt zu machen und sind hoch gestanden, um wenig Räume vor der Abwehr zuzulassen. Mittlerweile haben wir uns so weiterentwickelt, dass wir dafür sehr gute Antworten parat haben. Gegen Ried hatten wir etwa sehr guten Tiefgang und haben einfach den Block überspielt. Durch unsere schnellen Spieler kamen wir in Situationen, auf die der Gegner so nicht vorbereitet war. Wir haben ein glasklares Gerüst, was auf aggressives nach vorne Verteidigen und richtig gutes Gegenpressing nach Ballverlust basiert. Jeder weiß, wie Salzburg spielt. Das hat Wiedererkennungswert. Das sind Kernelemente, auf die wir jetzt sehr flexibel aufbauen.

LAOLA1: Wieviel Risiko steckt im Salzburger Spiel?

Schmidt: Es ist in dem Moment mit Risiko behaftet, in dem man es nicht konsequent macht. Das, was wir spielen, ist mittlerweile schon so gut, dass das Risiko relativ gering ist. Wir bekommen das sehr geschlossen als Mannschaft hin. Das frühe Attackieren ist relativ gut abgesichert. Da haben wir einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht. Es ist die Herausforderung, den eingeschlagenen Weg um Details zu verbessern. Dazu gehören das Absichern in die Tiefe sowie das konsequente nach vorne Verteidigen im hinteren Bereich. Die Situationen, in der der Gegner zu klaren Chancen kommt, werden immer geringer.

LAOLA1: Sie betonen stets, wie intensiv diese Spielanlage für die Spieler ist. Das geht freilich auch an die mentale Substanz, vor allem wenn man sich als Salzburg de facto keine Patzer leisten darf.

Schmidt: Wir müssen eben beweisen, dass wir auf jedes einzelne Spiel fokussiert sind. Und wir müssen unsere Spielweise umsetzen. Das kann nicht immer zu hundert Prozent funktionieren, deswegen müssen ab und an auch 80 oder 90 reichen, um zu gewinnen. Das ist eine Herausforderung für uns alle, weil der Anspruch an uns ein hoher ist. Aber wenn man hohe Ziele hat, muss man mit ihnen wachsen. Das letzte drei Viertel Jahr tut uns sehr gut, weil wir bis wenige Ausnahmen sehr stabil waren. Wir sind gewachsen.

LAOLA1: Entsprechende Entwicklung braucht Zeit, Jürgen Klopp hat etwa drei Jahre benötigt, um Dortmund zum Meister zu machen. Was darf man sich, wenn man etwas weiter denkt, von Salzburg im dritten Jahr erwarten?

Schmidt: Es ist kein Selbstläufer, wir befinden uns nicht auf Schienen. Wir müssen weiter konsequent arbeiten, den Spielern wird viel abverlangt, sie müssen sich da viel einbringen. Aber das macht ihnen Spaß. Sie leben die Spielweise, sie möchten gar nicht mehr anders spielen. Wenn man das als Trainer erreicht, ist das die beste Grundlage, um auf diesem Weg zu bleiben. Wenn wir eine gute Meisterschaft spielen und in der Europa League ein gutes Bild abgeben, dann glaube ich, dass wir kommende Saison mit den Erfahrungen noch weiter sein werden und eine Herausforderung wie die CL-Quali bestehen können. Das ist unser aller Traum und wenn wir so weitermachen, ist das nicht unrealistisch.

LAOLA1: Können Sie den einen oder anderen Spieler, der bald wieder Angebote bekommen wird, basierend auf dieser Grundlage zu einem Verbleib überreden?

Schmidt: Viele absolute Leistungsträger haben ihre Verträge bereits verlängert. Das ist ein gutes Zeichen. Natürlich kann es sein, dass der eine oder andere die Chance wahrnimmt, wenn er auf eine höhere Ebene gelangen kann und verkauft wird. Aber wenn man die Basis im Kader hat, die die Spielweise verinnerlicht hat, dann kann man auch ein, zwei richtig gute Spieler austauschen. Am Ende des Tages ist jeder Spieler ersetzbar. Bestes Beispiel ist Dortmund, wo man nach dem Götze-Abgang den Eindruck hat, die sind jetzt noch stärker.

LAOLA1: Umgemünzt auf Sie: Würden Sie nach einer erfolgreichen Spielzeit deswegen einem reizvollen Angebot widerstehen?

Schmidt: Das ist hypothetisch und damit schwierig zu beantworten. Fakt ist: Der Ist-Zustand ist sehr positiv, ich fühle mich sehr wohl in Salzburg und in Österreich generell. Es macht mir sehr viel Spaß, im Verein zu arbeiten und mit der Mannschaft zu trainieren. Ich bin Trainer aus Leidenschaft und wenn man etwas aufgebaut hat, an Details arbeitet und nicht immer von Neuem beginnen muss, dann ist das eine Herausforderung, die sehr viel Spaß macht. Wenn es so weiterläuft, dann ist es sehr gut möglich , dass ich hier bleibe. Dafür muss sich aber in erster Linie der Verein entscheiden, dafür ist noch nicht der Zeitpunkt. gekommen.

LAOLA1: Nun steht erst die Europa-League-Gruppenphase vor der Tür. Sie haben einen großen, starken Kader. Wird mit Beginn dieser Phase auch vermehrt rotiert?

Schmidt: Es wird sich automatisch ergeben und wird von Spiel zu Spiel entschieden. Einen Plan gibt es dafür nicht. Ziel ist es, die bestmögliche Formation aufs Feld zu schicken. Das kann auch bedeuten, dass ein müder Spieler durch einen frischen ersetzt wird. Aber es ist keine Selbstverständlichkeit, dass elf Spieler, die am Donnerstag nicht gespielt haben, danach spielen.

LAOLA1: Der Aufstieg ist das Ziel. Was erwarten Sie unabhängig davon?

Schmidt: Einen guten Fußball. Einfach dass die Mannschaft mit viel Überzeugung und Mut ihr Spiel durchzieht, dann sind wir alle guter Dinge, dass wir erfolgreich sein werden. Wir haben gesehen, dass wir gegen internationale Gegner dominant auftreten können.

LAOLA1: Wie realistisch ist der Gruppensieg?

Schmidt: (grinst) Das ist ja ein Spiel der Medien, die Ansprüche von Red Bull Salzburg so hoch zu schrauben, dass man überhaupt nicht mehr positiv überraschen kann. Das ist jetzt nicht anders, ich habe ja sogar schon gelesen, dass der Gruppensieg Pflicht ist. Das ist schon ein Automatismus, dass nur das maximal Erreichbare für Red Bull das Ziel sein darf. Und wenn es erreicht ist, haben sie es ja nur erreicht, weil sie viel Geld haben. Aber auf das Spiel lasse ich mich nicht ein.

LAOLA1: Ist Besserung in Sicht?

Schmidt: Es wandelt sich schon ein bisschen, die Art und Weise unseres Fußballs wird mittlerweile geschätzt wird. Ich denke, dass wir auch die Kritiker von Red Bull Salzburg überzeugen können, dass wir auf einem guten Weg sind.

 

Das Gespräch führte Bernhard Kastler