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"Es gab Kontakt mit der Austria"

Wer wird der neue Austria-Trainer zur kommenden Saison?

Eine Frage, die laut der Vereinsführung im Idealfall bereits Mitte Mai beantwortet wird.

Einziger Österreicher, der für die Wiener in Frage käme, ist U21-Teamchef Werner Gregoritsch.

Vieles deutet auf eine ausländische Lösung hin. Die Gerüchteküche brodelt. Zuletzt wurden die Namen Zvonimir Soldo, aber auch Mirko Slomka gehandelt.

Ein weiterer potenzieller Kandidat ist Peter Neururer. Der Deutsche, der am vergangenen Sonntag seinen 60. Geburtstag feierte, bestätigt den Kontakt zu den Veilchen.

Im LAOLA1-Interview spricht Deutschlands Kult-Trainer über ein mögliches Engagement in der österreichischen Bundesliga, seine Art Fußball spielen zu lassen und seine geäußerte Kritik an Red Bull.

LAOLA1: Herr Neururer, nachträglich alles Gute zu Ihrem 60. Geburtstag. Hatten Sie eine schöne Feier?

Peter Neururer: Ja, es war wunderbar. So wie es immer meine Art ist. Es war jetzt aber nichts Großes, denn alles im Leben ist relativ. Dennoch war es toll.

LAOLA1: Sind Sie motiviert für neue Aufgaben?

Neururer: Ja klar, ich habe noch bis zum 30. Juni Vertrag beim VfL Bochum, aber es gibt die eine oder andere Anfrage. Ich wäre auch sofort bereit. Ich fühle mich fit, ich fühle mich wohl. So habe ich die letzten 20 Jahre nicht empfunden. Und deswegen bin ich heiß, möchte etwas machen.

LAOLA1: Wie gut kennen Sie eigentlich Franz Wohlfahrt?

Neururer: Franz Wohlfahrt war ein herausragender Tormann beim VfB Stuttgart. Er war ein außergewöhnlicher Spielertyp, der im Stande war, das auszudrücken, wofür er gestanden ist. Ich weiß, dass er jetzt Sportdirektor bei der Wiener Austria ist und versucht, den Verein wieder dort hinzuführen, wo er hingehört. Der Klub war unter Peter Stöger zuletzt Meister, doch seither läuft es nicht ganz so gut.

LAOLA1: Die Austria sucht einen Trainer. Sie haben erst kürzlich in einem Interview gesagt, dass es aus der österreichischen Bundesliga Interesse gibt. Hat Franz Wohlfahrt Sie kontaktiert?

Neururer: Ich habe eine gute Beziehung nach Österreich, weil ich mit einigen Leuten befreundet bin - speziell aus der Wintersport-Szene. Ich bin seit über 20 Jahren jeden Winter im Skiurlaub in Österreich. Daher habe ich mehrere sehr gute Kontakte. Daher war eine Affinität zu Österreich immer gegeben - keine Frage. Ich habe mich auch oft mit meinem ehemaligen Co-Trainer Thomas Kristl (Hannover, Anm. d. Red.) unterhalten. Er ist ja Assistent bei Sturm Graz. Ich habe mich also immer für den österreichischen Fußball interessiert und weiß, was dort los ist.

LAOLA1: Sie sind jetzt sehr elegant der Frage ausgewichen. Daher noch einmal: Hat es Kontakt mit der Austria gegeben?

Neururer: Das versuche ich immer wieder (lacht). Es gab über mehrere Mittelsmänner und Querverbindungen Kontakt zum Verein. Aber ich habe nicht konkret mit Franz Wohlfahrt gesprochen. Aufgrund der Interessensbekundungen aus dem Umfeld des Klubs habe ich mir die letzten Spiele der Wiener auch angesehen.

LAOLA1: Wäre die Austria eine reizvolle Aufgabe?

Neururer: Ich habe mich vor Jahren ganz klar positioniert: Es kommen für mich in Österreich nur wenige Vereine in Frage. Dazu gehört Rapid, wo mein ehemaliger Kapitän von Schalke 04, Andreas Müller, jetzt Manager ist. Dann Sturm Graz, Casino Salzburg und die Wiener Austria. Wobei ich Salzburg mittlerweile ausklammern muss, weil man dort von der Tradition und vom sportlichen Grundgedanken abgekommen ist. Also bleiben die anderen drei. Sturm ist mit Franco Foda belegt, bei Rapid weiß ich es nicht. Und eben die Austria. Andere Vereine kommen für mich nicht in Frage. Das hätte keinen Sinn, denn Dinge zu machen, zu denen man nicht persönlich steht, bringen gar nichts, weil man nichts über- bzw. vermitteln kann, da man nicht authentisch wäre. Man braucht doch den Leuten nichts vorgaukeln, wenn man selber nicht dazu steht. Wenn morgen – und das meine ich nicht respektlos – SV Ried ankommt und mir ein Millionen-Angebot macht, kann man dieses Angebot noch mit Mal drei multiplizieren – ich würde immer noch Nein sagen. Und zurück zur Frage: Die Austria ist interessant – absolut.

LAOLA1: Apropos Salzburg. Sie sind kein Fan von Red Bull, haben vor einiger Zeit gesagt: „RB Leipzig ist die größte Wettbewerbsverzerrung“.

Neururer: Richtig. Dazu stehe ich. Ich habe aber nichts gegen die Dinge, die Didi Mateschitz im Profi-Fußball macht. Das finde ich klasse. Ich finde die Arbeit, die in Leipzig und in Salzburg gemacht wird äußerst professionell. Doch ich kritisiere durch mein traditionelles Denken ganz scharf, dass es Statuten gibt, die es diesen Vereinen ermöglichen, an anderen Vereinen vorbei Transfergeschäfte zu tätigen. Das kann nicht sein.

LAOLA1: Wäre es für Sie ein besonderer Reiz gegen Salzburg zu spielen?

Neururer: Sollte es dazu kommen, wäre es sehr, sehr reizvoll. Das wäre ein Duell von Fußball-Tradition gegen ein aufgeblasenes Ding. Das wären Reize, die für mich interessant wären, nach Österreich zu gehen.

LAOLA1: Haben Sie sich bei ihrem ehemaligen Schützling Michael „Franzl“ Gregoritsch zusätzliche Informationen über Österreich geholt?

Neururer: Ich habe in Saalfelden und in Wien die Fortbildung der österreichischen Fußball-Trainer gemacht. Ich hatte daher jahrelang guten Kontakt nach Österreich. Daher muss ich mich nicht über die Liga informieren. Michael Gregoritsch ist jedenfalls ein sehr, sehr interessanter Spieler. Ich hatte ihn unter meinen Fittichen und dadurch seinen Vater, U21-Teamchef Werner Gregoritsch, den ich auch fortgebildet habe, besser kennengelernt. Seither stehen wir in Kontakt. Ich kenne auch seine Aussagen in Bezug auf die österreichische Liga.

LAOLA1: Sie waren zuletzt auch in Hannover ein Thema. Warum ist kein Engagement zustande gekommen?

Neururer: Weil ich noch bis 30. Juni in Bochum unter Vertrag stehe, doch Hannover einen Mann benötigte, der sofort zur Verfügung steht. Das Angebot von Hannover war gigantisch. Ich wäre zum dritten Mal dort Trainer geworden. Der Verein hat sich toll verhalten, aber es war eben nicht machbar.

LAOLA1: Sie hatten im Juni 2012 einen Herzinfarkt, lagen im Koma – wie hat Sie dieses Ereignis verändert?

Neururer: Das müssen Sie meine Frau fragen. Die weiß das vielleicht besser als ich. Ich habe bei diesem Event (Golfspielen) damals – vielleicht unterbewusst – meine letzte Zigarette geraucht. Seither habe ich meinen Lebensstil nicht großartig geändert. Mir geht es wunderbar, besser kann es nicht gehen. Mir fehlt nur der Fußball. Ich werde zwar noch von Bochum gut bezahlt, sitze aber nur herum und darf nichts tun. Das geht mir auf den Geist. Daher bin ich heiß darauf, so schnell wie möglich einen vernünftigen Job zu machen.

 

Das Gespräch führte Martin Wechtl

LAOLA1: Sollten Sie tatsächlich Austria-Trainer werden, auf welchen Fußball könnten sich die Fans einstellen? Für welchen Fußball stehen Sie?

Neururer: Genau diese Frage beantworte ich, wenn ich dort Trainer werden würde. Natürlich könnte ich sagen, für welche Art von Fußball ich stehe. Aber solche Aussagen tätigen nur Schwachmaten. Warum? Dann fragt mich irgendein Präsident: Herr Neururer, stellen Sie bitte einmal ihr Konzept vor. Und dann sagt der Verein: Hey, das hört sich super an, was Sie sagen, aber wir haben leider keine Spieler dafür. Also muss ich das umändern. Grundsätzlich ist es so, dass mir der Verein sagen muss, welche Möglichkeiten er hat. Dann kann ich sagen, ob ich der richtige Mann dafür bin und was ich daraus machen kann. Meine Idealvorstellung ist es ein klassisches  4-3-3 zu spielen bzw. ein 4-2-4 im eigenen Ballbesitz. Also den offensivsten Fußball, den man sich vorstellen kann. Doch das habe ich in meinen 30 Jahren im Trainergeschäft nur ein einziges Mal geschafft, weil ich das nötige Spielermaterial dafür hatte. Aber wenn diese Leute nicht zur Verfügung stehen, kann ich nicht von irgendwelchen Gedanken und Träumen von mir ausgehen und sagen, das möchte ich spielen. Natürlich kommt es großartig an, wenn man sagt, man möchte attraktiven Offensiv-Fußball zeigen. Wenn ich sage, diese Mannschaft, dieser Trümmerhaufen ist so blind, aber ich bin trotz der Mittel erfolgreich, weil ich ein klassisches Catenaccio spielen lasse, Beton anrühre, durch eine Standardsituation immer das 1:0 erziele und damit Meister werde, sagen alle: Das ist der Welttrainer. Aber das will keiner hören.

LAOLA1: So gesehen wäre es wünschenswert, dass Sie bald über ihre Zukunft Bescheid wissen, damit Sie die Kaderplanung mitbestimmen könnten.

Neururer: Das wäre sehr schön. Wobei ich davon überzeugt bin, dass Franz Wohlfahrt, so wie ich ihn  in den letzten Wochen mitbekommen habe, eine Mannschaft zusammenstellen wird, zudem er den passenden Trainer findet. Natürlich ist es immer schön, wenn man im Vorfeld dabei ist, wenn eine Mannschaft zusammengestellt wird und man die eigenen Ansprüche bzw. Gedanken einfließen lassen kann. Das wäre natürlich Honigschlecken.