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"Unsere Hoffnungen im Winter sind nicht aufgegangen"

LAOLA1: Wie knapp fiel die Entscheidung, mit Bjelica in das Frühjahr zu gehen, aus?

Kraetschmer: Natürlich gab es im Herbst viel Kritik. Doch wir dachten, dass es im Frühjahr durch die gesetzten Maßnahmen besser wird. Wir wollten mit Bjelica längerfristig arbeiten, das zeigt auch seine Vertrags-Konstellation. Und 2013 war mit dem Erreichen der Champions League sehr erfolgreich. Doch das Jahr ist vorbei. Das haben wir auch den Spielern gesagt. Es muss in ihre Köpfe hinein. Und jetzt ist auch die Mannschaft gefordert.

LAOLA1: Apropos Mannschaft. Das Verhältnis zwischen Spielern und Trainer soll – sagen wir es nett - nicht besonders gut gewesen sein. War es auch ein Mitgrund für das Ende der Zusammenarbeit?

Kraetschmer: Wir haben die Umstände mitbekommen. Wir als Vorstände schauen genau zu. Auch deswegen kam es zur Trennung, denn nach langen und intensiven Gesprächen sind wir zu der Überzeugung gekommen, dass wir in dieser Konstellation Mannschaft/Trainer unser Saisonziel wohl nicht schaffen werden. Wir haben gedacht, dass alle Profis sind und zusammen arbeiten können. Niemand verlangt, dass man jeden Tag auf ein Bier geht und wir alle die besten Freunde sind. Doch die letzten zwei Spiele zwangen uns, neue Impulse zu setzen.

LAOLA1: Sie haben gesagt, dass sie das Verhältnis zwischen Trainer und Team sehr wohl mitbekommen haben. Hätte sie da nicht schon früher in irgendeiner Form eingreifen müssen?

Kraetschmer: Letztendlich sind wir in einem Ergebnis-Sport. Unzufriedenheit kommt, wenn du wenig Erfolg hast. Man darf aber nicht vergessen, dass wir in einer schwierigen Situation begonnen haben. Peter Stöger hat uns relativ kurzfristig und überraschend verlassen. Wir mussten reagieren und haben uns für Nenad Bjelica entschieden. Und letztendlich haben wir mit dem Erreichen der Champions League einen  Riesen-Erfolg gefeiert. Am 17. August hat das ganze Stadion „Bjelica, Bjelica“ gerufen. Dass man den Weg zueinander finden muss, wurde von Beginn an gesagt. Dann gab es eine schwierige Situation. In der Champions League wurden tolle Erfolge gefeiert, die Ziele sogar übertroffen. Doch in der Meisterschaft ist es nicht optimal gelaufen. In unserer Analyse haben wir aber gesehen, dass es nicht nur der Austria so geht. Dafür gibt es in ganz Europa Beispiele. Pilsen, Moskau, Frankfurt – alle hinken den Erwartungen in der Liga hinterher. Wir waren der Meinung, dass wir mit Bjelica einen sehr guten Trainer haben. Und auch der Kader sehr gut ist. Zudem wurde versucht, dass das Verhältnis zwischen Trainer und Spieler auf eine zielorientierte Basis gelegt wird. Die Ergebnisse haben aber weiterhin nicht gestimmt. Wir haben heute der Mannschaft gesagt, dass es fatal wäre zu glauben, dass nun alles wieder gut ist und nur der Trainer die Schuld für die Misere hatte. Alle stehen in der Pflicht. Egal wer auf der Trainerbank sitzt - mit Leistungen wie gegen Neustadt muss sich jeder einzelne hinterfragen, ob er den Ansprüchen gerecht wird.

LAOLA1: Glauben Sie, hat die Mannschaft schlussendlich gegen den Trainer gespielt?

Kraetschmer: Nein. Das zu sagen, ist für mich einfach eine Schablone, die immer wieder verwendet wird. Die Mannschaft hat nicht nur gegen Neustadt, sondern auch schon in der zweiten Hälfte im Derby enttäuscht. Wenn ich gegen Neustadt nach dem Seitenwechsel nur eine Konter-Chance vorfinde, ist es viel zu wenig. Ich glaube jedenfalls nicht, dass sie bewusst gegen den Trainer gespielt haben – sie haben einfach ihre Leistung nicht abgerufen. Denn dass dieses Team Qualität hat, hat es ja schon bewiesen. Im Fußball ist der Trainer aber das schwächste Glied und wenn man Impulse setzen will, kann es nur den Trainer erwischen. Doch Thomas Parits hat heute noch einmal ganz besonders die Mannschaft in die Pflicht genommen. Wir werden uns ganz genau ansehen, wie sich die Spieler verhalten und weiterentwickeln. Es kommt der Sommer und da gibt es einige wichtige Vertrags-Entscheidungen zu treffen.

Seit Sonntag-Vormittag gehört die Ära von Nenad Bjelica als Austria-Trainer der Vergangenheit an.

Bis Saisonende übernimmt der bisherige Chefcoach der Amateure Herbert Gager (alle Infos).

Anzeichen für ein Ende der Zusammenarbeit mit dem 42-Jährigen gab es bereits im Herbst. Trotz der tollen Erfolge in der Champions League blieben beim Meister die Ergebnisse in der Bundesliga aus.

Zudem galt das Verhältnis zwischen Teilen der Mannschaft und dem Kroaten als angeknackst.

Doch trotz der Anzeichen und sämtlicher Nebengeräusche entschloss sich die Austria-Führung, angeführt von den AG-Vorständen Markus Kraetschmer und Thomas Parits, mit dem Kroaten das Frühjahr in Angriff zu nehmen.

Ein Fehler, wie sich nun herausstellt. Im LAOLA1-Interview spricht Kraetschmer über die Trainer-Beurlaubung, gesteht Irrtümer ein und erklärt, warum Herbert Gager mehr als eine Notlösung ist.

LAOLA1: War es eine schwere Entscheidung, Trainer Nenad Bjelica zu beurlauben?

Markus Kraetschmer: Es war keine leichte Entscheidung. Thomas Parits und ich haben noch am Samstag-Abend viele Gespräche geführt. Es wurde mit dem Trainerteam das Match und mit Präsident und Aufsichtsrat-Vorsitzenden Wolfang Katzian die Situation analysiert. Unser Entschluss war, dass wir einen Impuls setzen müssen. Deshalb wurde noch in der Nacht der Aufsichtsrat informiert, dieser hat am Sonntag seine Zustimmung für die Beurlaubung von Nenad Bjelica und Rene Poms gegeben. Gleichzeitig haben wir uns entschlossen, dass Herbert Gager für die restlichen 13 Spiele das Traineramt übernimmt.

LAOLA1: Gab es noch Fürsprecher für Bjelica? Immerhin führte er den Klub erstmals in die Champions League?

Kraetschmer: Nein. Der Beschluss war einstimmig. Alle haben unserem Vorschlag zugestimmt. So wie wir sehen alle diese Entscheidung als notwendig.

LAOLA1: Welche Auswirkungen hat die Beurlaubung auf den laufenden Bjelica-Vertrag?

Kraetschmer: Bejlica hat einen Zweijahres-Vertrag bis 2015. Aber es gibt für beide Seiten die Möglichkeit, den Vertrag aufzulösen. Dies wird geltend, wenn wir uns in dieser Saison nicht für den Europacup qualifizieren. Diese Option ist grundsätzlich noch da.

LAOLA1: Der Trainer war bereits vor der Winterpause nicht unumstritten. Hätte man da nicht schon reagieren können, um mit einem neuen Mann in die Vorbereitung gehen zu können?

Kraetschmer: Am Montag weiß man immer, wie das Wetter am Sonntag war. Die Halbsaison wurde sehr intensiv analysiert. Wir dachten, dass mit dem Wegfall des Europacups und der Tatsache, dass wir uns nur mehr auf die Meisterschaft konzentrieren können, eine neue Situation da ist. Zudem waren wir am Transfermarkt tätig, haben für frisches Blut im Kader gesorgt. Es wurden Maßnahmen gesetzt, damit wir wieder in die Erfolgsspur zurückkehren. Nach den ersten zwei Spielen gegen Rapid und Neustadt müssen wir aber klar sagen, dass diese Hoffnungen nicht aufgegangen sind. Daher mussten wir jetzt handeln, damit unser Minimal-Ziel Europacup-Platz erreicht wird.

LAOLA1: Herbert Gager übernimmt bis Saisonende. Eine logische Entscheidung, weil man kurzfristig handeln musste?

Kraetschmer: Wir haben uns ja nicht auf diesen Tag vorbereiten können. Gestern war Nenad Bjelica unser Trainer und wir wollten einen Erfolg gegen Neustadt. Heute sieht die Welt anders aus. Wir haben die Arbeit von Herbert Gager in den letzten Jahren genau beobachtet. Ob in der Akademie, bei den Amateuren oder zuletzt international in der Youth Legaue – er arbeitet sehr erfolgreich und steht für die Philosophie der Austria. Wir wollen ihn voll unterstützen, deswegen soll er die letzten 13 Spiele absolvieren.

LAOLA1: Ist ein längerfristiges Gager-Engagement bei den Profis vorstellbar?

Kraetschmer: Selbstverständlich. Wenn wir nicht davon überzeugt wären, dass Gager hier gut arbeiten kann, hätten wir eine andere Entscheidung getroffen. Dann hätten wir gesagt: „Du machst das jetzt ein paar Tage und wir suchen in der Zwischenzeit einen neuen Trainer“. Das ist definitiv nicht der Fall. Gager hat unser Vertrauen. Das wurde dem Aufsichtsrat auch vorgetragen und einstimmig befürwortet. Wenn er bis zum Sommer gut arbeitet, ist er auch ein Kandidat auf den Trainerposten in der kommenden Saison. Er muss auf der nächsten Stufe beweisen, dass er seine Arbeit erfolgreich bei den Profis fortsetzen kann.

LAOLA1: Dennoch seid ihr natürlich gezwungen, vorbereitet zu sein, falls es mit Gager schief läuft? Namen wie Adi Hütter, Franco Foda oder Manfred Schmid geistern ja schon länger umher.

Kraetschmer: Definitiv nicht. Noch einmal: Herbert Gager hat 13 Spiele unser vollstes Vertrauen. Es interessiert mich jetzt noch überhaupt nicht, wer im Sommer Austria-Trainer ist. Für uns zählt das Jetzt. Wir wollen uns auf das Spiel gegen den WAC konzentrieren. Das ist richtungsweisend. Und wir werden rechtzeitig eine Entscheidung bezüglich des Sommers bekanntgeben. Ich unterhalte mich nicht über Namen aus dem In- oder Ausland.

LAOLA1: Wie ist es um die Amateure bestellt? Wer folgt Herbert Gager als Chefcoach?

Kraetschmer: Diese Entscheidung und jene des künftigen Co-Trainers bei der Kampfmannschaft werden in aller Ruhe in den nächsten Tagen getroffen. Bei den Amateuren ist sowohl eine interne als auch externe Lösung vorstellbar. Natürlich wollen wir auch hier eine rasche Lösung, damit Klarheit herrscht und in allen Mannschaften fokussiert weitergearbeitet werden kann.

 

Das Gespräch führte Martin Wechtl