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"Ich hatte zu viel Leidenschaft"

„Es regnet“, sagt David Sencar, als ihn LAOLA1 telefonisch erreicht.

Das Wetter passt irgendwie zur Situation, in der sich der Kapfenberger SV derzeit befindet. „Es muss schon ein größeres Wunder sein“, ist dem Steirer bewusst, in welch misslicher Lage sich sein Klub befindet.

Der Kampf gegen den Abstieg ist fast schon verloren, nur noch theoretisch zu gewinnen. Dabei haben die „Falken“ im Frühjahr teilweise ansehnlichen Fußball geboten.

„Aber wir waren zu wenig auf den Endzweck aus, sind in Schönheit gestorben“, meint der Kapitän, der auch über seine Zukunftspläne und Übermotivation spricht.

LAOLA1: 18 Punkte sind noch zu vergeben, euer Rückstand beträgt zwölf Zähler. Wie groß muss das Wunder sein, das euch den Klassenerhalt beschert?

David Sencar: Es muss schon ein größeres Wunder sein. Wir können nicht aufgeben, müssen daran glauben, solange es rechnerisch möglich ist. Wir müssen trotzdem versuchen, jedes Spiel so gut wie möglich zu bestreiten. An unserer Einstellung hat sich nichts verändert, wir arbeiten normal weiter.

LAOLA1: Wie hält Trainer Thomas von Heesen die Motivation hoch?

Sencar: Er bringt eine gewisse Portion Humor rein. Obwohl die Situation nicht so ist, dass wir lustig sein müssten. Aber er lockert die Stimmung zwischendurch immer wieder auf, streut kleinere Witze ein.

LAOLA1: Der Trainer hat gemeint, die Fans würden euch trotzdem feiern, mögen euch als Team. Wie erlebst du das?

Sencar: Unsere Anhänger stehen immer hinter uns, auch, wenn wir am letzten Platz stehen. Bei Rapid oder Austria gibt es gleich einmal Pfiffe oder Stimmungsboykotts. Das ist hier nicht so. Ich finde das lobenswert.

LAOLA1: Dabei hat das Frühjahr mit dem Sieg bei der Austria und dem Remis gegen Sturm doch so gut begonnen. Was ist danach passiert?

Sencar: Im ersten Spiel waren wir die reinste Effizienz. Gegen Sturm war es ähnlich – wir haben offensiv gespielt, wenngleich uns kein Tor gelungen ist. Der Punkt war verdient. Danach haben wir immer mehr an Effizienz verloren. Wir waren zu wenig auf den Endzweck aus. Dann war das Admira-Spiel, das wir nach einer 1:0-Führung noch 1:3 verloren haben. Das war ein Knackpunkt. Und wenn du dann die direkten Konkurrenten auch nicht schlägst, ist es halt sehr schwer…

LAOLA1: Wie kann es einem Tabellenschlusslicht passieren, dass es zu wenig auf den Endzweck aus ist?

Sencar: Wir haben Spielertypen wie Haruna Babangida. Er hat zwar zuletzt zwei Tore gemacht, könnte mit seiner Qualität aber noch mehr zum Tor ziehen. Wir haben oft schön gespielt, sind dann aber in Schönheit gestorben.

LAOLA1: Du sprichst es an: Ihr spielt im Frühjahr phasenweise richtig guten Fußball. Wie traurig wäre es, wenn dieses Team nach einem halben Jahr zerfällt?

Sencar: Das wäre sehr traurig. Wir sind ein super Team. Mich würde es interessieren, wie es von statten gehen würde, wenn wir von Null starten würden. Wir haben von der spielerischen Qualität das Zeug, mit den Großen mitzuhalten. Nicht aber von der Konstanz her.

Sencar wurde im Frühjahr zwei Mal ausgeschlossen

LAOLA1: Wie schätzt du die Lage ein? Sind viele von euch bereit, in die Erste Liga zu gehen?

Sencar: Ich kann in niemanden reinschauen. Als Spieler muss man auch auf sich schauen. Es kommt zudem auf das Budget an. Können die neuen Spieler gehalten werden?

LAOLA1: Wie sehen deine persönlichen Pläne aus?

Sencar: Mein Vertrag läuft noch ein Jahr, gilt auch in der Ersten Liga. Sollten wir absteigen, will ich sofort wieder aufsteigen.

LAOLA1: Ist da irgendwo das Gefühl vorhanden, bei diesem Verein etwas wiedergutmachen zu müssen?

Sencar: Das finde ich schon. Die Struktur ist da, alles ist sehr professionell. Es muss das Ziel sein, sofort wieder aufzusteigen.

LAOLA1: Gegen die Austria kehrst du nach deiner Sperre zurück ins Team. Wie war es, die drei Spiele von draußen mitverfolgen zu müssen?

Sencar: Gar nicht schön. Ich wollte ins Spiel eingreifen, konnte aber nicht. Durch meine dumme Aktion, die keine Absicht war, habe ich uns alle geschädigt. Ich bin nicht stolz darauf. Aber ich muss das abhaken und mich wieder rehabilitieren.

LAOLA1: Bei deinen letzten vier Einsätzen wurdest du zwei Mal ausgeschlossen. Bist du zu motiviert für den Kampf gegen den Abstieg?

Sencar: (lacht) Wahrscheinlich. Ich bin ein Typ, der mit viel Herz und Leidenschaft dabei ist. In diesen Situationen hatte ich zu viel Leidenschaft. Aber ich werde in nächster Zeit entsprechend vorsichtig sein.


Das Gespräch führte Harald Prantl