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"Peter Stöger kann den Sprung schaffen"

Wenn James Holland dieser Tage aus dem Fenster sieht, vermisst der 23-Jährige Australien. Kein Wunder, dort herrscht Sommer, in Österreich tiefster Winter.

Zu Weihnachten war der Mittelfeldspieler der Wiener Austria zum ersten Mal seit zwei Jahren wieder zu Hause, bei Familie, Freunden, am Meer und Strand.

„Am meisten vermisse ich den Sinn für Humor“, erklärt der Sonnyboy im entspannten Poolgespräch vor wenigen Wochen im türkischen Lara LAOLA1. Doch auch bei der Austria hat der Defensivmann viel Spaß.

Und der überlegene Winterkönig auch mit dem seit einem Jahr in Wien lebenden Legionär. Unter Ivica Vastic lief es im ersten Halbjahr gar nicht, unter Peter Stöger dann umso mehr.

„Er ist für mich ein perfekter Sechser“, lobt der Wiener seinen Australier in den höchsten Tönen. “Ich kannte ihn vor diesem Sommer nicht so gut. Aber ich war mir nach der ersten Woche ziemlich sicher, dass er für diese Position der ideale Mann ist. Er ist zweikampfstark, sehr laufstark und ein extrem positiver Typ. Was die Passqualität angeht hat er für einen Sechser außergewöhnlich gute Werte.“

Im LAOLA1-Interview gibt James Holland dieses Lob zurück, zudem spricht der Ex-Niederlande-Legionär (AZ Alkmaar, Sparta Rotterdam) über seine enttäuschenden Jahre in Holland.

LAOLA1: Wer die Austria beim Training sieht, der merkt, der Spaßfaktor ist hoch.

James Holland: Wir hatten eine fantastische erste Saisonhälfte und was der Betreuerstab unter anderem sehr gut macht, ist eine tolle Atmosphäre im Team zu schaffen. Es ist einfach immer schön mit den Jungs am Platz zu stehen.

LAOLA1: Herrscht eine Titel-Atmosphäre?

Holland: Wir dürfen nicht zu weit nach vorne schauen, weil es ja noch lange geht. Aber es ist natürlich unser Ziel, das haben wir im Kopf und dafür arbeiten wir wirklich hart. Aber wir schauen von Spiel zu Spiel, nun geht es erst einmal gegen Rapid. Darauf bereiten wir uns vor. Wir spielen um zu gewinnen, folglich spielen wir, um den Titel zu holen.

LAOLA1: Was braucht es dafür in der restlichen Saison?

Holland: Ich denke, wir müssen einfach genau das weitermachen, was wir bislang gemacht haben. Das heißt auch, dass wir an unseren Schwächen arbeiten. Aber das Training ist bei uns ohnehin fantastisch, es läuft sehr gut. Jeder Spieler zieht mit, von der Nummer 1 zur Nummer 25. Wir pushen uns gegenseitig jeden Tag und das müssen wir einfach beibehalten.

LAOLA1: Was sind denn die Schwächen?

Holland: Die kann ich auch nicht wirklich sagen, das ist unser Geheimnis und das ist, dass wir keine haben (lacht). Nein, aber es gibt immer Schwächen und Dinge, die man verbessern kann, egal ob du gewinnst. Natürlich kannst du mehr bei Niederlagen lernen als bei Siegen, nichtsdestoweniger versuchen wir bei unseren Niederlagen immer zu analysieren, was nicht gepasst hat. Das macht unser Betreuerstab in erster Linie und wir sprechen dann darüber. Egal, ob es die Defensive oder die Offensive betrifft. Ich denke, die Vorbereitung war dafür auch ein guter Zeitpunkt, um daran zu arbeiten. Da hatten wir die Zeit.

LAOLA1: Dein Selbstvertrauen war nicht gerade groß, als du nach Österreich gewechselt bist.

Holland: Absolut, vor allem wenn man Jahre kaum gespielt hat. Da kannst du so viel und so hart trainieren, wie du willst, die Spiele sind nicht zu ersetzen und aus denen ziehst du auch dein Selbstvertrauen. Es fühlte sich diese Jahre an, als würde ich auf einer Tretmühle stehen. Hier habe ich die Chance bekommen, habe mich ein halbes Jahr an alles gewöhnt und nun wird an mich geglaubt. Ich bin sehr dankbar für das.

LAOLA1: Würdest du deine Zeit in Holland als verloren betrachten?

Holland: Definitiv nicht. Es hat mich stärker gemacht. Und Holland ist ja nichtsdestoweniger ein Land, wo du dich fußballerisch enorm weiterentwickeln kannst, egal, ob in technischer oder taktischer Hinsicht. Das Coaching ist fantastisch und ich konnte viel lernen. So gesehen war es eine schwierige und eine gute Zeit zugleich.

LAOLA1: Zumal du auch unter bekannten Coaches gearbeitet hast? Wie ist Stöger im Vergleich?

Holland: Ich habe unter sehr guten Coaches wie Louis van Gaal oder vor allem Dick Advocaat trainiert. Er konnte gut mit den Spielern, sie auch führen. Ich denke, das ist auch eine der größten Stärken von Peter. Er kann einfach alles sehr gut lenken und das ist eines der wesentlichen Dinge.

LAOLA1: Ist Teamwork der Schlüssel der Erfolg der Wiener Austria?

Holland: Eine der großen Stärken der Mannschaft ist auf jeden Fall das Teamwork. Jeder Spieler ist involviert, alle vom Betreuerstab sind dabei und jeder fühlt sich einfach daran beteiligt. Das ist in einer Gruppe einfach sehr wichtig, wenn jeder für den anderen arbeitet. Egal, ob Spieler von der Bank oder Spieler am Feld. Dahingehend sind wir sicherlich ein meisterliches Team.

LAOLA1: Im ersten halben Jahr bist du kaum zum Zug gekommen, nun bist du nicht wegzudenken. Was ist der Unterschied?

Holland: Es ist immer schwierig, mitten in der Saison zu einem neuen Team zu kommen. Vergangene Saison war etwas eine Achterbahnfahrt, es gab Positives, es gab Negatives, aber man konnte auch gut lernen. Nun spiele ich regelmäßig, auch weil man sich an alles besser gewöhnt hat. Man kommt besser ins Spiel und man lukriert Selbstvertrauen. Die Trainer geben dir Selbstvertrauen, was gut für einen Spieler ist. Ich versuche, mich jeden Tag zu verbessern, genauso wie sie schauen, dass ich mich jeden Tag verbessere. Das ist einfach fantastisch für mich.

LAOLA1: Klingt so, als wäre das unter Ivica Vastic nicht so der Fall gewesen?

Holland: Das ist immer schwierig zu sagen. Natürlich hat das Team jetzt Erfolg, man hat es damals eben auf einem anderen Weg versucht und das hat nicht ganz so funktioniert. Peter (Stöger, Anm.) hat sicherlich positive Dinge hereingebracht, die aufgegangen sind. Ich freue mich natürlich, dass ich jetzt spiele, am Ende zählt aber das Team.

LAOLA1: Österreich hat kaum Trainer im Ausland. Kann Stöger den Sprung schaffen?

Holland: Daran habe ich keinen Zweifel, dass er irgendwann mal im Ausland landen kann. Ich denke, er ist ein fantastischer Coach. Was er mit der Austria gemacht hat, ist einfach toll. Er kann sicherlich mal zu einem größeren Team ins Ausland gehen.

LAOLA1: Dein Karriere-Plan sah in wohl nicht vor von Holland nach Österreich zu gehen, oder?

Holland: Damals war in meinem Kopf AZ und dann sicherlich der nächste Schritt in der Kategorie von deutscher Bundesliga oder Premier League. Aber manchmal laufen die Dinge nicht so, wie man sie sich wünscht. Der Weg ist dann ein anderer und man muss ihn anders gehen. Dieser hat mich nach Österreich geführt und ich kann sagen, so weit, so gut. Ich bin immer offen für neue Erfahrungen und ich beschwere mich nicht.

LAOLA1: Joey Didulica hat dich mehr oder minder zur Austria transferiert.

Holland: Wir haben bei AZ gemeinsam gespielt, wir sind beide Australier und haben natürlich viel Zeit miteinander verbracht. Er hat mir über seine Zeit bei der Austria erzählt und auch, dass es wohl seine schönste Zeit in der Karriere war. Jene, die er am meisten genossen hat. Und ja, er hat gewusst, dass ich nicht viel spiele, hat einen Telefonanruf getätigt, weil er wusste, dass die Austria einen Spieler auf meiner Position suchen würden. Das war für mich interessant. Zu diesem Zeitpunkt brauchte ich einfach einen Wechsel. Es war perfekt zu diesem Zeitpunkt, ich bin Joey dafür sehr dankbar. Wir telefonieren auch einmal pro Monat, er will immer wissen, was in Wien so los ist. Er ist nach wie vor durch und durch Austrianer, er hat mir erzählt, der Rasen in seinem Garten ist nicht mehr grün sondern violett. (lacht)

LAOLA1: Du kommst aus Australien, warst in den Niederlanden – was wusstest du vor deinem Wechsel über Österreich?

Holland: Joey hat mir schon erzählt, dass Wien eine der schönsten Städte ist, in denen er bislang war, und ich wusste, dass Österreich über eine wunderschöne Landschaft verfügt. Ich war zuvor auch schon einmal in St. Anton auf Snowboard- und Party-Urlaub. So war ich auch stolz darauf, dass ich bei der Austria unterschreiben durfte.

LAOLA1: Du warst nach zwei Jahren wieder einmal in Australien. Was vermisst du am meisten?

Holland: Aktuell die Sonne, die Strände. Ich liebe es immer, unterschiedliche Kulturen kennenzulernen, aber ich genieße es schon sehr, zu Hause mit meinen Freunden zu sein und ihren Sinn für Humor. Das ist ja immer so, wenn du eine neue Sprache lernst, dann ist das der schwierigste Part zu begreifen. Dafür vermisse ich Australien auf jeden Fall.

LAOLA1: Du bist während des vergangenen Jahres in die Nationalmannschaft zurückgekehrt.

Holland: Ja, das ist immer eine tolle Sache, für Australien zu spielen. Ich war einige Jahre nicht dabei und bin froh, jetzt wieder dabei zu sein. Wir sollten uns natürlich qualifizieren, aber das ist nicht immer einfach. Wir spielen in Asien in anderen Klimazonen, residieren in komischen Hotels und begegnen komischen Referees (lacht). Auf dem Papier sollten wir uns für die WM qualifizieren. Wenn das klappt, geht es nicht besser für mich.

 

Das Gespräch führte Bernhard Kastler