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"So etwas würde mich schon reizen"

Nach mehreren Jahren im Ausland hat Ronald Gercaliu seine Zelte wieder in Österreich aufgeschlagen.

Aus gutem Grund, wie der mittlerweile 28-Jährige verrät: „Ich wollte einfach wieder bei meiner Familie sein, schließlich habe ich eine Frau und zwei Kinder, die ich zuletzt sehr wenig gesehen habe. Deswegen wollte ich nicht mehr herumreisen.“

Bei seinem neuen Arbeitgeber SCR Altach fühlt sich der „Globetrotter“ bestens aufgehoben.

„Ich hatte bereits bei meinem ersten Mannschaftstraining einen Riesen-Spaß. Ich kenne auch viele Leute, habe mit einigen schon zusammengespielt. Das ganze Team ist super, die Stimmung top“, berichtet Gercaliu.

Im LAOLA1-Interview spricht der Teilnehmer an der EURO 2008 über die teilweise dubiosen Umstände im Ausland, erklärt, warum Damir Canadi ein toller Trainer ist, und erzählt, warum er noch immer voller Tatendrang ist.

LAOLA1: Ronald, nach Jahren im Ausland hast du den Weg zurück nach Österreich gewählt. Was waren deine Beweggründe?

Ronald Gercaliu: Ja, ich war ein paar Jahre unterwegs (lacht). In Deutschland ist es nicht toll gelaufen. Das hat mit meiner Verletzung in Ingolstadt angefangen. Lodz in Polen war okay, ich bin in dem halben Jahr eigentlich regelmäßig zum Spielen gekommen. Dann bin ich zurück nach Deutschland zu Aue. Der Anfang war gut, der Klub hatte einen Plan, doch dieser Plan ist schnell wieder weg gewesen. Dennoch habe ich viele positive Erfahrungen sammeln können. Als nächstes kam Cluj in Rumänien – eine interessante Herausforderung. Jetzt bin ich zurück in Österreich und froh darüber. Ich wollte einfach wieder bei meiner Familie sein, schließlich habe ich eine Frau und zwei Kinder, die ich zuletzt sehr wenig gesehen habe. Deswegen wollte ich nicht mehr herumreisen. Ich bin Altach sehr dankbar, dass ich wieder in meiner Heimat Fußballspielen kann.

LAOLA1: Hätte es noch andere Interessenten gegeben?

Gercaliu: Ich habe mir darüber nicht wirklich Gedanken gemacht. Es hätte bestimmt etwas in Rumänien gegeben, vielleicht auch anderswo. Ich habe mit meinem Berater aber vereinbart, dass ich ein Angebot annehmen würde, wenn es die Möglichkeit gibt, nach Österreich zurückzukommen. Ich war schon während meiner Zeit in Aue mit Herrn Zellhofer (Anm.: Altachs Sportdirektor) in Kontakt. Der Klub war damals aber noch in der Ersten Liga, deswegen ist es ruhig geblieben.

LAOLA1: Apropos Georg Zellhofer. Er war bei der Austria dein Trainer. Hast du eine spezielle Beziehung ihm? War er ein Mitgrund, warum deine Wahl auf Altach gefallen ist?

Gercaliu: Wir kennen uns schon lange, das stimmt. Mir war aber vor allem die Meinung von Trainer Damir Canadi wichtig, schließlich ist es ganz wichtig, welche Vorstellungen der Coach hat. Das Wichtigste ist, dass dich der Trainer in seinem Team haben will und ob du in seine Spielweise passt. Und es hat beides gepasst. Es gab gute Gespräche und nach zwei Tagen im Probetraining ist Herr Canadi zu mir gekommen und hat gesagt, dass er gerne mit mir weiterarbeiten möchte. Georg Zellhofer hat mir das Konzept des Vereins erklärt, wie der Klub tickt und was er langfristig plant.

LAOLA1: Du hast am Anfang von den positiven Erfahrungen im Ausland gesprochen. Kannst du das ein bisschen näher kommentieren?

Gercaliu: Ich habe etwa in Ingolstadt sehen können, wie es läuft. Von der Vereinsführung, den Trainingsmethoden, die taktischen Feinheiten, der mediale Druck. Dort habe ich mitbekommen, wie es ist, einen recht jungen Klub zu etablieren. Aue war das komplette Gegenteil. Dort gab es praktisch kein Geld. Es wurde auch ganz anders gearbeitet. Statt spielerischer Elemente stand die Fitness im Vordergrund. Es waren extreme Unterschiede. Dafür habe ich gelernt, mit der Härte im Zweikampf umzugehen.

LAOLA1: Bei Cluj bist du Stammspieler geworden, dennoch hast du den Klub im Sommer verlassen. Warum?

Gercaliu: Erstens wollte ich - wie bereits erwähnt - zurück nach Österreich und zweitens warte ich noch heute auf Geld aus Rumänien. Ich kenne diesen Umstand aus Polen. In Lodz habe ich sechs Monate lang keinen Cent gesehen. Der Verein ist komplette pleite. Bei Cluj ist einfach nicht das eingetroffen, was mir versprochen wurde. Deswegen wollte ich mir das nicht mehr antun. Ich wollte nicht schon wieder ohne Einkommen dastehen.

LAOLA1: Du bist 28 Jahre alt, hast aber schon recht viel erlebt. Meister, Cupsieger, Teilnehmer an der EURO 2008, Auslands-Engagements, schwere Verletzungen. Welche Ziele verfolgst du noch?

Gercaliu: Ja, ich habe wirklich viel erlebt. Ich glaube, ich habe schon alles mitgemacht, was im Fußball-Geschäft passieren kann – negativ und positiv. Natürlich stören und ärgern mich die negativen Erlebnisse, aber sie haben mich als Mensch reifen lassen. Ich bin viel ruhiger geworden, was natürlich auch auf meine Familie zurückzuführen ist. Es ist aber so, dass ich nach wie vor den Fußball liebe. Früher ist mir immer vorgeworfen worden, dass ich geldgierig bin. Es ist aber so, dass ich, nachdem ich in Salzburg gutes Geld verdient habe, auf viel Geld verzichtet habe, als ich zu Sturm oder zur Austria gegangen bin. Es war mir nie wichtig, reich zu werden, sondern es war der Spaß am Fußball, der mich angetrieben hat.

LAOLA1: Kannst du dir nach der aktiven Karriere vorstellen, deine Erfahrungen als Trainer weiterzugeben?

Gercaliu: So etwas würde mich schon reizen. Ich würde mich da aber eher in der Jugendabteilung sehen. Da ich schon als sehr junger Fußballer vieles durchgemacht habe, glaube ich, dass ich dem einen oder anderen weiterhelfen könnte.

LAOLA1: Zurück zu Altach: Seid ihr mit dem Saisonstart zufrieden?

Gercaliu: Ja, wir haben intern unsere Ziele und wollen uns als Verein, als Mannschaft weiterentwickeln und uns in der Bundesliga etablieren. Wir haben bisher gezeigt, dass wir einen guten, variantenreichen Fußball spielen können. Gut, dass letzte Spiel mit dem 0:5 bei Salzburg ist bitter, aber die sind einfach in einer eigenen Liga. Sie sind perfekt eingestellt, es macht keinen Unterschied, wer spielt. Dennoch ist es wichtig, gegen so ein Team zu spielen, weil du in dieser Begegnung viel lernen kannst.

LAOLA1: War es eine große Umstellung, eine Art Libero gegen Salzburg zu spielen?

Gercaliu (lacht): Es war der Plan, dass ich eine Art Libero spiele. Man hat gesehen, dass ich als letzter Mann versucht habe, die Räume zuzumachen. Ein Problem hatte ich damit nicht. Ich habe schon bei Sturm mit drei Verteidigern gespielt. Damals war Verlaat in der Mitte, Silvestre rechts und ich links. Es war für mich also nicht das erste Mal, aber ich weiß nicht wie der Trainer weiterplant.

LAOLA1: Über deinen Fitness-Zustand wurde am Anfang deines Engagements gerätselt. Wie würdest du ihn beschreiben?

Gercaliu: Es passt jetzt alles. Ich habe viel an meinem körperlichen Zustand gearbeitet, habe dafür aber Extraschichten schieben müssen. Die Trainings-Methoden waren für mich schon eine Umstellung gegenüber Rumänien, wo ganz anderes trainiert wird. Ich fühle mich jetzt in meinem Körper sehr wohl.

LAOLA1: Zum perfekten Glück fehlen euch nur mehr die Tore, denn da geizt ihr mit lediglich drei Treffern.

Gercaliu: Stimmt. Aber ich habe von Trainer Giovanni Trapattoni gelernt, dass man zumindest einen Punkt hat, wenn man zu Null spielt (lacht). Für ein Tor sind wir immer gut. Es soll nichts Schlimmeres passieren, als nur 1:0 zu gewinnen – siehe das Spiel bei Rapid. Schönen Fußball zu bieten, ist gut und wichtig, noch wichtiger sind für uns aber Punkte.

 

Das Gespräch führte Martin Wechtl

LAOLA1: Und richtig Spaß wird es wohl in Altach machen, schließlich herrscht bei einem Aufsteiger immer große Euphorie?

Gercaliu: Auf jeden Fall. Ich hatte bereits bei meinem ersten Mannschaftstraining einen Riesen-Spaß. Ich kenne auch viele Leute, habe mit einigen schon zusammengespielt. Das ganze Team ist super, die Stimmung top. Die Mischung aus erfahrenen, gestandenen und jungen Fußballern passt perfekt. Dazu ist mit Damir Canadi ein wirklich ausgezeichneter Mann als Coach am Werk. Ich hatte ja schon viele Trainer. Ich muss echt sagen, dass die Jungen froh seinen können, unter so einem Mann arbeiten zu können. Er baut auf die Jungen und setzt sie ein. Das ist sehr wichtig im Fußball. Denn wenn man nicht weiß, wie man mit den Jungen umgeht, kann man sie sehr schnell kaputt machen.

LAOLA1: Zum Thema junge Spieler: Wird in Österreich zu sehr auf die Jugend gesetzt?

Gercaliu: Nein, ich finde es gut, dass so viele Talente zum Einsatz kommen. Früher wurde ganz wenig auf die Jugend gesetzt. Hätte Sturm nicht diese Probleme gehabt, hätten sie wohl nicht auf mich und andere gute Nachwuchsleute gebaut. Jetzt hat es ein Umdenken gegeben. Die Jungen werden nicht mehr vernachlässigt. Auch international kommen immer mehr junge Leute nach. Ich versuche auch viel mit unseren Jungen zu reden. Ich sage ihnen immer, dass sie nicht den Kopf hängen lassen sollen, wenn sie nicht spielen. Das Fußball-Geschäft ist einfach so schnelllebig, dass du jederzeit bereit sein musst. Ich sage ihnen immer, dass ich viel Schlimmeres erlebt habe. Vielleicht nehmen sie meinen Rat an.