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Avdijaj: "In Deutschland regiert eben der Neidfaktor"

Avdijaj:

Wiki, Transfermarkt, Auto - Das sind jene drei Begriffe, die einem Google ausspuckt, wenn man sich nach Donis Avdijaj erkundigen möchte.

Mit seinen 18 Jahren hat der Offensivspieler schon mehrere Seiten des Fußballgeschäfts kennengelernt.

Nach zahlreichen Toren im Nachwuchs des VfL Osnabrück flattern vor vier Jahren Angebote von Bayer Leverkusen, VfL Wolfsburg, VfB Stuttgart und Bayern München ins Haus. Entschieden hat er sich letztlich für Schalke 04.

Dort schoss sich Avdijaj erst so richtig in diverse Notizblöcke. Alleine in der U17 kommt er in 53 Einsätzen auf 59 Tore und 15 Assists, bei der U19 sind es 17 Treffer und vier Assists in 24 Einsätzen.

Als internationale Spitzenteams die Fühler nach dem aufstrebenden Ausnahmekönner ausstrecken, erhält er auf Schalke einen Jungprofi-Vertrag mit einer stattlichen Ablösesumme von 49 Millionen Euro.

Der Saisonstart in der U23 verläuft plangemäß mit weiteren Einträgen in die Schützenliste. Nach einem Autounfall bekommt aber auch das Image des Torjägers Kratzer.

Zunächst ist von überhöhter Geschwindigkeit und einem illegalen Rennen die Rede. Behauptungen, die sich später als Boulevard-Erfindung entpuppen, jedoch bis heute ihre Spuren hinterlassen haben.

Da aber auch die Einstellung des beidfüßigen Talents zu wünschen übrig lässt, ist der Weg in die Kampfmannschaft versperrt. Also machen sich die Königsblauen auf die Suche nach einem neuen Klub.

Warum der nun für maximal eineinhalb Jahre Sturm Graz heißt, er seinem Nachwuchstrainer widerspricht und was er seinem neuen Arbeitgeber verspricht, erzählt Avdijaj im LAOLA1-Interview.

LAOLA1: Mit deinen ersten Auftritten hast du einen gelungenen Einstand gefeiert. Wie ist es dir dabei gegangen?

Donis Avdijaj: Ganz gut. Ich muss mich erst ein bisschen herantasten und die Mannschaft kennenlernen. Für mich waren es die ersten Spiele nach vier Wochen und es waren gleich schöne Törchen dabei - da kann man nicht klagen.

LAOLA1: Was ist dein erster Eindruck vom Verein und seinem Umfeld hier?

Avdijaj: Hier stehen alle sehr nah beieinander, jeder ist für den anderen da. Das ist mein erster Eindruck, weitere stehen noch bevor. Das wird sich alles noch ergeben. Grundsätzlich bin ich aber sehr positiv gestimmt.

LAOLA1: Hast du den österreichischen Fußball bislang in irgendeiner Art und Weise verfolgt?

Avdijaj: Meiner Meinung nach ist es eine gute Liga, viele unterschätzen sie auch. Man sieht, dass viele Spieler aus Österreich jedes Jahr zu Topklubs wechseln. Die Liga ist auch technisch versiert, man versucht heraus zu spielen und lässt den Ball gerne auf dem Boden. Das ist auch eine Spielweise, die die Liga weiterbringt.

LAOLA1: Vergangenen Sommer hast du auf Schalke deinen Vertrag für die Kampfmannschaft unterzeichnet. Hand aufs Herz: Hättest du dir jemals gedacht, ein halbes Jahr später in Österreich zu landen?

Avdijaj: Nein. Am Anfang lief ja alles gut. Ich habe in der Vorbereitung auf Schalke sechs Tore geschossen. Dass sich das jetzt so ergeben hat, war nicht vorhersehbar. Aber gut, es ist der nächste Schritt. Und darauf muss ich mich konzentrieren.

LAOLA1: Was glaubst du, waren die Gründe dafür, dass es in der ersten Mannschaft bei Schalke nicht geklappt hat?

Avdijaj: Das ist aus meiner Sicht schwer zu sagen. Das resultiert aus einer Beurteilung, die nicht von mir gemacht wird, sondern vom Trainer.

LAOLA1: Würdest du sagen, dass du mit dem Trainer gut ausgekommen bist?

Avdijaj: Ja, da war alles super. Aus Sicht des Trainers habe ich vielleicht einen Schritt zurück gemacht. Man wird sehen, wie es weitergeht. Ich versuche natürlich immer mein Bestes zu geben, beurteilen müssen das dann andere. Wenn es dann nicht gereicht hat, darf man nicht aufhören, weiterzuspielen.

Avdijaj bestizt in Graz einen Leih-Vertrag bis Juni 2016

LAOLA1: Wo siehst du dich am Feld beheimatet? Rein als hängende Spitze oder auch ganz vorne? 

Avdijaj: Ich bin eine klassische hängende Spitze, auch wenn ich offensiv eigentlich alles spielen kann. Hinter dem Stürmer fühle ich mich aber am meisten zuhause.

LAOLA1: Apropos zuhause. Du hast, obwohl du diverse Nachwuchsnationalteams Deutschlands durchlaufen hast, gesagt, für Albanien spielen zu wollen. Warum ist dir das so wichtig? 

Avdijaj: Auch das ist nicht ganz richtig dargestellt worden. Ich bin einfach stolz darauf, zwei Möglichkeiten zu haben. Aber zunächst ist wichtig, dass man versucht, auf sich aufmerksam zu machen und den Leuten zeigt, dass man irgendwann diese Ausstiegsklausel auch wert sein kann. 

LAOLA1: Sollte Sturm dank deiner Hilfe Platz zwei erreichen, wäre zumindest ein Schritt dorthin getan. Unmöglich scheint das nicht, oder? 

Avdijaj: Unser Ziel ist, die Champions-League-Qualifikation zu schaffen - das ist ganz klar. Ich werde versuchen, mein Können unter Beweis zu stellen und damit die Mannschaft nach vorne zu bringen. 

LAOLA1: Hast du im Verlauf deiner weiteren Karriere auch noch eine Wunschdestination? 

Avdijaj: Natürlich ist es mein Traum, eines der Angebote, die es schon einmal gegeben hat, wahrzunehmen und dort auch zu spielen. Die großen Klubs mag ich aber alle, weil jeder davon eine gewisse Faszination für sich hat. Am Ende ist der Klub, der mich am besten aufnimmt und bei dem ich spiele, der beste. 

 

Das Interview führte Andreas Terler

LAOLA1: Dein Nachwuchstrainer Jürgen Luginger hat im Herbst nach einer Niederlage in der Regionalliga gesagt, dass du mit dir erst ins Reine kommen müsstest, bevor du der Mannschaft wieder helfen könntest. Hat er damit recht?

Avdijaj: Ich weiß nicht, was er damit genau gemeint hat. Ich denke, er müsste es positiv meinen. Wenn er es aber so meint, wie er zitiert worden ist, liegt er völlig falsch. In seiner Mannschaft damals war ich ziemlich erfolgreich und habe die meisten Tore geschossen. Am Ende konzentriere ich mich auf meine Leistung und halte mich von den Urteilen anderer raus. Wenn er das so gesehen hat, muss ich versuchen, das zu ändern.

LAOLA1: Warst du mit deinen Einsatzzeiten in der U23 im Herbst zufrieden?

Avdijaj: Es war auch eine Verletzungspause dabei, als ich eine Zerrung hatte. Die letzten Spiele habe ich dann aber wieder gemacht.

LAOLA1: Seit der Vertragsunterzeichung auf Schalke geistert immer diese astronomische Ablösesumme von 49 Millionen Euro durch die Medien. Wie gehst du damit um, laufend in Verbindung mit dieser Summe genannt zu werden?

Avdijaj: Viele haben die Absicht, darauf herumzuhacken. In Deutschland regiert eben der Neidfaktor. Anstatt Leute fair zu beurteilen, hackt man darauf herum. Da ist dieser Faktor ein gefundenes Fressen für manche. Ich bin aber ein Typ, der nicht darauf schaut, was die Menschen darüber sagen oder denken. Das kann mir egal sein. Wenn einer sagt: Schieß' ein Tor für Graz, dann liegt das am Ende immer an mir, schließlich bin ich es, der auf dem Platz steht. Ich entscheide, was ich mache und niemand anderes. Ich habe in der Jugend bei Schalke weit mehr als 140 Tore geschossen. Da gab es dann Angebote von Topklubs aus aller Welt. Vonseiten des Vereins war diese Ablösesumme letztlich eine Art Sicherheitsmaßnahme, um sich gegen diese Klubs zu wehren.

LAOLA1: Dazu kam im Herbst auch dieser Autounfall, der medial - sagen wir - spannend dargestellt worden ist. Wie bist du damit umgegangen?

Avdijaj: Das war natürlich eine Bürde für mich, weil viele gedacht haben, dass es stimmt, so wie es zunächst beschrieben worden ist. Allerdings habe ich mir dann auch gedacht, dass jeder, der diesen Bericht für wahr gehalten hat, nicht ganz klar im Kopf sein kann. Schließlich kann man nicht mit 160 km/h einen Unfall bauen und dann ganz locker aus dem Auto aussteigen.

LAOLA1: Man hat sich aber von dieser Version der Geschichte zunächst nicht abbringen lassen, oder? 

Avdijaj: Ja, das hat man so gebracht. Als dann durch das Auto-GPS aber herausgekommen ist, dass ich mit Tempo 24 gefahren bin, hat das die "Sportbild" dann auch geschrieben. Aber das hat die meisten nicht mehr so interessiert wie die große Schlagzeile davor. So sind Medien, da kann ich nichts machen. Damit muss man eben klarkommen.

LAOLA1: Dein neues Kapitel beginnt jetzt in Graz. Warum ist es ausgerechnet Sturm geworden?

Avdijaj: Es hat einige Angebote aus allen möglichen Ländern gegeben, da waren auch viele Topklubs dabei. Ich musste aber dorthin, wo es für mich und meine Entwicklung am besten ist. 

LAOLA1: Aber die Entwicklungsmöglichkeiten in Graz hast du nicht gekannt.

Avdijaj: Den Verein habe ich gekannt, der Name ist ja kein kleiner im Fußball. Dazu waren Verantwortliche in meinem Verein hier aktiv. Die Entwicklung stand immer im Vordergrund. Und das heißt nicht, dass man zu einem Topklub geht und mit lauter Topspielern zusammentrainiert, sondern das heißt für mich, dass man mit guten Spielern in einer guten Liga viele Spielminuten sammelt und dabei auf sich aufmerksam macht. 

LAOLA1: Mit welchen Erwartungen ist Sturm an dich herangetreten?

Avidijaj: Sie wissen, was ich kann. Dementsprechend erwarten sie auch von mir, dass ich das zeige. Und ich kann ihnen versprechen, dass ich das machen werde, weil ich ebenfalls weiß, was ich zu leisten imstande ich bin.