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"Ich bin nur ein Trainer, nicht ihr Vater"

„Meine Mannschaft war zu brav. Wenn du unten stehst, musst du auch ungut sein“, sagt Didi Kühbauer.

Nach der starken Vorsaison steht die Admira mit nur einem Punkt Vorsprung auf Schlusslicht FC Wacker auf Rang acht.

Dennoch sagt der Trainer im LAOLA1-Interview: „Wir werden in der Liga bleiben, das garantiere ich!“

Der 41-Jährige spricht außerdem über sein Image, warum er Marcel Sabitzer vielleicht öfter auf die Bank setzen hätte sollen und weshalb die Kritik an Patrick Tischler überzogen war.

LAOLA1: Machen Sie als Trainer aufgrund der Tabellensituation in der Vorbereitung etwas anders, als sie es im Vorjahr gemacht haben?

Didi Kühbauer: Ich versuche immer, etwas Neues reinzubringen. Nur darf es die Mannschaft nicht komplett verwirren. Das Grundgerüst bleibt aber ziemlich gleich. Ich wüsste nicht, was wir großartig verändern müssten. Keine Frage, dass wir uns in der Defensive verbessern müssen – daran arbeiten wir auch.

LAOLA1: Es gab einige Kaderveränderungen. Ist die Integration der Spieler ein entsprechend großes Thema?

Kühbauer: Sicher ist das ein Faktor, den man berücksichtigen muss. Man darf aber nicht vergessen, dass wir einige Spieler verloren haben. Wenn ich mir das Mannschaftsfoto aus dem Herbst ansehe – davon sind sieben Spieler nicht mehr dabei. Die Integration der Neuzugänge ist uns eigentlich immer gut gelungen.

LAOLA1: Haben Sie sich im Dezember schon gesagt: „Ich brauche sechs Neue!“?

Kühbauer: Sechs Neue? Nein. Mir war klar, dass wir aufgrund des Abgangs von Marcel Sabitzer im Offensivbereich etwas brauchen. Durch die Verletzung von Richard Windbichler und dem Abgang von Andreas Schrott hat auch in der Verteidigung Handlungsbedarf bestanden. Wir haben Spieler abgegeben und dafür neue bekommen. Es ist ja nicht so, dass wir riesige Unsummen ausgegeben haben. Das Geld haben wir gar nicht.

LAOLA1: Die Qualitäten von Daniel Lucas Segovia kennt man ja. Aber was kann ihr zweiter Spanier, Tito?

Kühbauer: Er ist ein sehr guter Techniker, hat einen guten linken Fuß, ist schnell, schlägt gute Flanken und ist ruhig am Ball. So kennt man das von den Spaniern. Er kann uns helfen.

LAOLA1: Und wie sieht es mit Matus Mikus aus?

Kühbauer: Er ist eine Investition in die Zukunft. Er war fast ein Jahr verletzt. Bis ihn die Verletzung zurückgeworfen hat, war er slowakischer U21-Teamspieler. Als er zu uns gekommen ist, war sein körperlicher Zustand nicht der beste. Ich will ihm anfangs nicht zu viel Druck machen.

LAOLA1: Haben Sie damals in der Analyse gesagt: „Da haben wir konkret Mist gebaut!“?

Kühbauer: Man darf nicht immer nur auf die Abwehr hinhauen. Aber unser gesamtes Defensivverhalten war nicht gut und nach vorne haben wir kaum eine Chance herausgespielt. Das Gesamte hat nicht funktioniert. Deswegen, weil die Jungs die Situation nicht gekannt haben. Bisher haben sie immer oben mitgespielt. Das ist ein Lernprozess.

LAOLA1: Hat da teilweise auch ein erfahrener Spieler, wie etwa ein Jürgen Macho, der schon viel erlebt hat, gefehlt?

Kühbauer: Ich glaube, es haben Spieler gefehlt, die am Platz – ich will das jetzt nicht so drastisch ausdrücken – zu Mitspielern ein Hund sind. Nicht in dem Sinn, dass sie nur herumschimpfen, sondern dass sie pushen. Ich habe echt eine tolle Mannschaft, aber in dieser Phase war sie für mich zu brav. Und gerade wenn du unten stehst, musst du noch mehr Zähne zeigen, mehr kratzen, beißen und kämpfen. Und auch ungut sein. Das muss sich im Frühjahr ändern.

LAOLA1: Kann man einem Spieler beibringen, nicht mehr so brav zu sein?

Kühbauer: Ich verlange von keinem, seine Grundart zu verändern. Aber Aggressivität ist ein Grundelement des Fußballs, das muss ein Spieler können. Es nutzt mir nichts, wenn einer ein sehr, sehr guter Fußballer ist, bei den nötigen Zweikämpfen aber nur der Zweite ist.

LAOLA1: Welchen Eindruck macht Jürgen Macho bisher?

Kühbauer: Ich schenke keinem Spieler etwas, auch nicht, wenn er ein verdienstvoller Spieler ist. Er befindet sich im Aufbau, man merkt seine Fortschritte. Es ist wichtig, dass wir einen routinierten Tormann, an dem sich Patrick Tischler und Andreas Leitner ein bisschen anhalten können, haben.

LAOLA1: Haben Sie die Kritik an Tischler teilweise überzogen gefunden?

Kühbauer: Absolut! Er hatte nie eine Lobby. Und im Fußball ist es notwendig, die nötige Lobby zu haben. Er hat uns in der vergangenen Saison deutlich geholfen, um einen Europacup-Startplatz zu erreichen – das hat jeder vergessen. Ab der ersten Runde hat er von den Medien wieder Druck gekriegt. Ich habe das nicht verstanden. Dass man den ein oder anderen Fehler macht, ist klar. Als Tormann kann man diese halt nicht mehr ausbessern. Ich wollte ihn jetzt ein bisschen aus der Schusslinie nehmen, weil ich nach wie vor sehr viel von ihm halte.

LAOLA1: Kommen wir zur Analyse der Herbstsaison. Man sagt zwar immer, dass das zweite Jahr das schwierigste ist, daran alleine wird es aber nicht gelegen haben, oder?

Kühbauer: Im Nachhinein betrachtet waren es sicher die Belastungen, die wir nicht gekannt haben. Wir sind super in die Saison gekommen, hatten dann aber in 40 Tagen zwölf Spiele. Das ist für eine Mannschaft nicht so leicht zu verkraften. Außerdem waren wir es immer gewohnt, zu gewinnen. Auf einmal kommen wir in einen Strudel, in dem wir am Anfang knappe Niederlagen haben, anschließend einen Abschuss von Salzburg bekommen und dann haben die Jungs zu viel nachgedacht, jegliches Selbstvertrauen hat gefehlt. Auch Verletzungen und Sperren sind dazugekommen. Leider konnten wir uns davon nicht mehr befreien. Das Team hat die Qualität, aber am Schluss war das nicht mehr die Mannschaft, die ich kenne.

"Das mit den Schiris hat mir leidgetan, das war mein Fehler"

LAOLA1: War es nicht so geplant, gute Spieler abzugeben, aber nicht sehr viele neue Spieler holen zu müssen? Ist das eine Transferzeit, die Ihnen gegen den Strich geht?

Kühbauer: Heuer war es von Nöten. Und das hat mit dem Abstiegskampf nichts zu tun. Ich musste diese Veränderungen machen. Benjamin Freudenthaler hat es nicht gebracht, Rene Schicker hat es für die Bundesliga eben auch nicht mehr draufgehabt, wobei er für mich ein sehr guter Zweitliga-Spieler ist, und Sabitzer musst du verkaufen. Heuer war es nötig. Aber ich bin kein Trainer, der jedes Jahr 17 neue Spieler will. Für mich ist Kontinuität entscheidend.

LAOLA1: Wie sehr hat Sie dieses ewige Transfer-Hickhack rund um Sabitzer im Herbst gestört?

Kühbauer: Es hat ihn am meisten belastet und leider waren seine Leistungen dann auch nicht dementsprechend. Aber er ist 18 Jahre alt – das war für ihn ein Lernprozess. Für uns war das nicht schön, aber ich wollte ihn entlasten, indem ich ihn immer spielen lassen habe. Im Nachhinein betrachtet wäre es für ihn vielleicht besser gewesen, wenn ich ihn das eine oder andere Mal auf die Bank gesetzt hätte. Woche für Woche waren Klubs da, dadurch hatte er einen großen Druck.

LAOLA1: Kann man ihm da als Trainer auch abseits des Platzes helfen? Ihm etwa sagen, er soll mal drei, vier Tage das Handy abdrehen?

Kühbauer: Ich bin nur ein Trainer. Ich kann ihm einen Rat geben. Aber als Trainer darf man nicht so weit gehen,  zu bestimmen, was sie in ihrer Freizeit machen. Man kann nur mit ihnen reden. Ich bin nicht ihr Vater.

LAOLA1: Auch Sie als Trainer waren noch nie in so einer Situation. Was haben Sie in diesem Herbst gelernt?

Kühbauer: Dass es nicht immer schön ist. Aber das habe ich ja gewusst. Als wir Erfolg hatten, habe ich nie erwähnt, dass ich alles richtig mache. Ich weiß aber auch ganz genau, dass ich jetzt immer noch dasselbe mache. Jetzt rennt es halt nicht. Ich bin da aber sehr entspannt. Ich glaube an die Mannschaft, ich glaube an mich und bin überzeugt davon, dass es reichen wird.

LAOLA1: Die Admira liegt nur einen Punkt vor dem letzten Platz. Ist der Abstieg dennoch kein Thema?

Kühbauer: Wir dürfen nichts schönreden! Ich bin der Letzte, der sagt: „Nein, nein, wir haben so viel Qualität, wir werden noch nach oben kommen.“ Wir werden in der Liga bleiben, das garantiere ich! Aber natürlich müssen wir die Qualität jetzt am Platz beweisen.

LAOLA1: Was im Herbst auch ein Thema war, war der Abgang von Philipp Hosiner. Was ist Ihnen durch den Kopf gegangen, wenn Sie gesehen haben, dass er für die Austria wieder einmal drei Tore gemacht hat?

Kühbauer: Das sind einfach die Mechanismen im Fußball. Im Sommer hätten wir für ihn kein Geld mehr gekriegt und er wollte wechseln. Geld stinkt nicht und die Austria ist ein größerer Klub als die Admira. Aber ich kann es nicht ändern, ich kann ihm nicht nachweinen. Als kleiner Klub, der nicht so viel Geld hat, müssen wir mit diesem Spiel leben.

LAOLA1: Erfreulich ist, dass die Admira die Verträge von Spielern wie Stefan Schwab und Issiaka Ouedraogo, die auch das Interesse anderer Vereine geweckt haben, verlängern konnte.

Kühbauer: Das ist schön! Wenn sie sich für uns entschieden haben, kann nicht alles schlecht sein. Unser Fußball geht in eine Richtung, bei der man sagen kann, da ist Leidenschaft drinnen. Die Jungs honorieren das.

LAOLA1: Zu Ihnen persönlich: Im Herbst haben Sie mit dem Konflikt mit Salzburgs Roger Schmidt und der Pressekonferenz, in der Sie auf die Schiedsrichter geschimpft haben, für zwei Aufreger gesorgt. Ist es einer Ihrer Neujahrs-Vorsätze, sich nicht mehr so zu präsentieren?

Kühbauer: Nein. Das mit den Schiris hat mir leidgetan, das war mein Fehler. Bei Schmidt weiß jeder, der dabei war, ganz genau, wie es war. Ich bin halt schlechter aus dieser Geschichte ausgestiegen. Mit mir kann man halt immer Storys machen und sie lang ausarbeiten – egal, ob es stimmt oder nicht. Damit muss ich leben. Der Journalismus wird immer aggressiver, vielleicht muss ich diesbezüglich etwas lernen.

LAOLA1: Über Jose Mourinho sagt man, er provoziert teilweise bewusst, um die Mannschaft aus der Schusslinie zu nehmen.

Kühbauer: (lacht) Nein, das habe ich nicht gemacht. Bei mir wird das immer aufgebauscht. Ich kann gegen mein Image nichts mehr machen. Mein Name ist gut dafür, um aus einer Mickey-Mouse-Geschichte eine Top-Story zu machen. Schuld bin immer ich. Trotz allem schlafe ich gut. Was mich aber stört: Wenn absolute Unwahrheiten geschrieben werden! Etwa die Geschichte über das Begräbnis von Herbert Oberhofer. Da wurde geschrieben, dass ich währenddessen ein Training angesetzt habe. Aber ich habe gar nichts von dem Begräbnis gewusst. Das hat mich am meisten getroffen.


Das Gespräch führten Harald Prantl und Bernhard Kastler