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Auf "Sturm Neu" folgt "Sturm Ganz Neu"

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„Der nächste Elfmeter muss sitzen!“

So verteidigte Christian Jauk, schon vor einigen Wochen, die sich wie ein Kaugummi in die Länge ziehende Suche nach einem neuen sportlichen Geschäftsführer.

Nun ist es soweit. Sturms Präsident hat sich zu einer Lösung durchgerungen. Ob Jauks sinnbildlicher „Elfmeter“ dem Pirlo-Style gleicht oder doch eher der Marke Jonathan Soriano, wird sich in Zukunft weisen.

Fakt ist, dass vom viel gepriesenen Projekt „Sturm Neu“ wenig übriggeblieben ist. Mit dem heutigen Tag darf man wohl von „Sturm Ganz Neu“ sprechen (LAOLA1-Kommentar: Jauk gerät unter Druck).

Goldbrich der neue starke Mann

Denn bei den Grazern bleibt im organisatorischen Bereich kein Stein auf dem anderen. Gerhard Goldbrich, in den 80er-Jahren Kicker bei den „Blackies“, wird als General Manager inthronisiert.

Ihm unterstellt leitet Co-Trainer Ayhan Tumani die sportlichen Agenden, die bisherige Sponsoring-Beauftragte Daniela Tscherk die wirtschaftlichen.

Hier gibt es die komplette Präsentation des Trios als Video!

Eine interne „Dreier-Lösung“ für jene Aufgaben, die zuletzt Christopher Houben im Alleingang verantwortet hat.

Der bisherige wirtschaftliche Geschäftsführer kehrt Sturm nach rund einem halben Jahr im Amt den Rücken und macht damit die personelle Neuaufstellung notwendig.

Kritik an Jauk für Gludovatz-Bestellung

Eine Personalrochade, die einige Fragen aufwirft – in vielerlei Hinsicht.

Besonders strukturell: Jauk präsentierte nach seiner Wahl zum Präsidenten am Anfang dieses Jahres ein Modell, für das er allerorts viel Applaus bekam.

Das Vereinsoberhaupt wollte den damals noch amtierenden Meister weg von der ehrenamtlichen Klubführung hin zu einem modern aufgestellten Vorzeigeverein führen. Zwei Geschäftsführer, einer für den sportlichen und einer für den wirtschaftlichen Bereich, sollten das Tagesgeschäft leiten.

So viel zur Theorie. In der Umsetzung lief einiges schief, wie man heute weiß. Kritiker werfen Jauk vor allem vor, dass er schon bei der Bestellung von Paul Gludovatz zum sportlichen Geschäftsführer seine eigenen Konzepte feinsäuberlich in die Schublade wandern ließ und somit einen haarsträubenden Fehler beging.

Soll heißen: Als ein großer Name wie Gludovatz zu bekommen war, interessierte es nur noch am Rande, ob dieser für einen Schreibtisch-Job mit Personalverantwortung und wirtschaftlicher Haftbarkeit überhaupt geeignet ist.

Gute Transferzeit trotz Interimslösung

Die Zusammenarbeit entpuppte sich schon vor Gludovatz‘ Krankenstand als beiderseitiges Missverständnis. Dass sich der Burgenländer zunehmend unwohl fühlte, dürfte seine vorübergehende Auszeit beschleunigt haben.

Dass sich die Wege der beiden Parteien jedenfalls nicht gesundheitsbedingt trennten, liegt inzwischen längst auf der Hand. Schon wenige Tage nach seinem offiziellen Abschied als Geschäftsführer bezeichnete sich Gludovatz vor laufenden TV-Kameras als „pumperlg’sund“, seither wird der Burgenländer nicht müde zu betonen, dass er sich eine neue Aufgabe im Fußball-Bereich vorstellen könne.

Das Missverständnis mit Gludovatz bedingte wiederum, dass Houben zwei Jobs auf einmal zu bewältigen hatte. Seinen ursprünglichen als Leiter der wirtschaftlichen Agenden auf der einen Seite, und interimistisch auch jenen als Gludovatz-Erbe für den sportlichen Bereich.

Und dies mitten in der heißen Transferzeit, die der 31-Jährige unterstützt von Trainer Peter Hyballa gekonnt meisterte. In dieser Phase verpflichtete Spieler wie Richard Sukuta-Pasu oder Rubin Okotie, dessen Verbleib in Graz geregelt werden konnte, entpuppten sich als Verstärkung. Auch Innenverteidiger Nikola Vujadinovic hat sich inzwischen in der steirischen Landeshauptstadt akklimatisiert.

Die Suche nach dem „Anti-Gludovatz“

Durchaus munter mischten in dieser Phase auch Jauk selbst und Friedrich Santner, als Aufsichtsratsvorsitzender eigentlich der Chef des Kontrollorgans, im Tagesgeschäft mit.

Gerhard Goldbrich ist der neue "starke Mann" bei Sturm

Nicht wirklich fündig (oder tätig?) wurde dieses Duo während des gesamten Sommers in der Suche nach einem Gludovatz-Nachfolger. Während Hyballa immer lauter darauf aufmerksam machte, dass es im Idealfall nicht zu seinen Hauptaufgaben zählen sollte, täglich mit einer hohen Anzahl an Spielervermittlern zu telefonieren und verhandeln, geschah nichts.

Abgesehen von der Veröffentlichung des Anforderungsprofils für den gesuchten Mann, das sich – wie böse Zungen meinen – ein bisschen nach „Anti-Gludovatz“ anhört:

  • Profunde Ausbildung im Management, vorzugsweise Sportmanagement mit Schwerpunkt Fußball
  • Führungsqualität und Managementerfahrung
  • Internationale Erfahrung und gute Kontakte im Fußballumfeld
  • Kommunikationsprofi mit Erfahrung im Umgang mit Medien
  • Interesse an einer längerfristigen Aufbautätigkeit
  • solide Englischkenntnisse
  • Teamfähigkeit und Bereitschaft zur Weiterbildung
  • Bereitschaft, den Lebensmittelpunkt nach Graz zu verlegen

Monatelange Suche nach Personal, das längst für Sturm arbeitet

Gerade letzterer Punkt sollte nun das geringste Problem darstellen. Denn die monatelange Suche nach neuem Personal ergab schließlich eine Lösung mit Angestellten, die ausnahmslos bereits für Sturm tätig sind.

Goldbrich wechselt zwar formal von seinem bisherigen Job als Marketingleiter der Holding Graz zu Sturm, war jedoch schon zuletzt eine präsente Figur im Verein.

Zwar nicht wie ursprünglich geplant als Vorstandsmitglied – sein Mandat war offiziell ruhend gestellt -, aber „beratend“, wie es in solchen Fällen so schön heißt.

Wie verhält sich Jauk?

Ob es dem fest in der Grazer Szene verankerten Ex-Kicker gelingt, Ruhe in den Verein zu bringen, ist eine spannende Frage, die es in den kommenden Monaten zu beantworten gilt. Eine seiner ersten Aufgaben wird es auch sein, die, vorsichtig formuliert, als angespannt geltende Stimmung im Sturm-Büro zu heben.

Möglicherweise gelingt dies durch die Abkehr vom „Zwei-Geschäftsführer-Modell“ hin zu einem „starken Mann“, dem beide Bereichsleiter berichten müssen.

Viel wird dabei auch von der Herangehensweise Jauks abhängen. Während Hyballa die „Blackies“ inzwischen sportlich auf Kurs gebracht hat, entpuppte sich die strukturelle Taktik des Präsidenten bislang nämlich als Eigentor.

Möglicherweise auch deshalb, weil der hauptberufliche und öffentlichkeitsaffine Banker seine Taktik auch nicht so kompromisslos durchzieht wie Hyballa seine auf dem Feld…

Peter Altmann