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"Que viva Austria" - Legionäre aus Spanien

"En las ligas austriacas se habla espanol!"

Wem das (zurecht) Spanisch vorkommt, dem sei gesagt, dass dies die Modesprache in Österreichs Fußball-Ligen ist.

Der spektakuläre Transfer von Jonathan Soriano vom FC Barcelona zu Red Bull Salzburg ist nur das jüngste Beispiel eines aktuellen Trends.

Kicker aus dem Land des regierenden Welt- und Europameisters sind in der Alpenrepublik gefragt wie nie zuvor.

LAOLA1 widmet deshalb eine ganze Woche der österreichisch-spanischen Sportverbindung, die am Freitag auch noch um das Duell im Davis Cup erweitert wird.

Export-Land Nummer eins

Insgesamt acht Legionäre aus dem iberischen Land verdienen ihre Brötchen in der Bundesliga, acht weitere schnüren eine Etage tiefer, in der Ersten Liga ihre Schuhe.


Damit wird sogar erstmals das traditionelle „Gastarbeiter-Land Nummer eins“, Deutschland, das 15 Kicker stellt, übertroffen.

Spitzenreiter mit vier spanischen Akteuren und zugleich eine Art Pionier ist die SV Ried.

Die Innviertler waren die Ersten, die 2008 auf einen Spieler aus dem Land des eben erst gekürten Euro-Champions setzten.

Ignacio Rodriguez Ortiz alias Nacho wechselte im Juli des EM-Jahres von UD Lanzarote in die oberösterreichische Bezirkshauptstadt und ist damit der am längsten dienende „Caballero“.

Keine „Freunderlwirtschaft“

Wer glaubt, dass der 29-Jährige mit Ivan Carril, Guillem und Casanova im Laufe der Zeit seine Freunde um sich geschart hat, um sich nicht so einsam zu fühlen, der irrt.

Angesichts der unterschiedlichen Biografien allein der vier Rieder Spanier wird schnell klar, dass sich die Spieler untereinander wenig bis gar nicht kannten.

Ehe die Frage nach dem Warum geklärt wird, soll folgende Tabelle dies verdeutlichen und einen kleinen Überblick über die Herkunft der Spanien-Legionäre verschaffen:

Name Heimatort letzter Verein bekannteste Station Ankunft
<span style=\'font-weight:bold\'>SV RIED</span style>
Nacho Laredo (Kantabrien) UD Lanzarote Racing Santander 2008
Carril Rebordaos (Galizien) Pontevedra CF Deportivo La Coruna 2010
Guillem Es Mercadal (Balearen) CF Mahones Real Saragossa B 2010
Casanova Las Palmas (Kanarische Inseln) Alicante CF RCD Mallorca B 2011
<span style=\'font-weight:bold\'>WACKER</span style>
Bea Amurrio (Baskenland) Real Murcia Real Valladolid 2010
Merino Bilbao (Baskenland) Albacete Athletic Bilbao 2011
<span style=\'font-weight:bold\'>SALZBURG</span style>
Chema Anton Casas del Senor (Valencia) Betis B Real Madrid B 2011
Soriano El Pont de Vilomara (Katalonien) Barca B RCD Espanyol 2012
Name Heimatort letzter Verein bekannteste Station Ankunft
<span style=\'font-weight:bold\'>ALTACH</span style>
Tomi Santa Cruz (Kanar. Inseln) CD Logrones 2009
<span style=\'font-weight:bold\'>WAC/ST.ANDRÄ</span style>
Solano San Fernando (Andalusien) CD Badajoz Barca B 2012
Jacobo Madrid RSD Alcala Atletico Madrid 2011
<span style=\'font-weight:bold\'>ST.PÖLTEN
Segovia Madrid CD Baleares Rayo Vallecano B 2011
Jano Madrid CD Puerta Bonita Rayo Vallecano B 2012
<span style=\'font-weight:bold\'>GRÖDIG</span style>
Cabrera Las Palmas (Kanar. Inseln) Altach Osasuna B 2010
<span style=\'font-weight:bold\'>BW LINZ</span style>
Tenesor Telde (Kanar. Inseln) LASK 2011
<span style=\'font-weight:bold\'>VIENNA</span style>
Nacho Verdes Valencia CF Gandia UD Levante 2012

„Die Herkunftsorte und Mentalitäten mögen vielleicht unterschiedlich sein, im Endeffekt sind wir aber alle gleich“, erklärt Luis Oliva, selbst Spanier, und als Spielervermittler der Hauptverantwortliche für den Export-Boom.

Der heute 43-Jährige lebt seit 1995 in Österreich und schloss schnell Bekanntschaft mit dem alpenländischen Fußball.

Beginnend mit dem ehemaligen Vorwärts-Steyr-Profi Hannes Woldeab, für den er 1997 Sichtungs-Trainings in Spanien organisierte, vermittelte der gelernte Kellner vermehrt zwischen seiner alten und seiner neuen Heimat.

Nacho war der erste der "Oliva-Spanier"

Von Spieler-Export zum Import

Anfangs versuchte Oliva, für Talente aus Österreich einen Klub auf der iberischen Halbinsel zu finden. Ein Vorhaben, das nicht den gewünschten Erfolg brachte.

"Den jungen Österreichern fehlte Disziplin. Die physischen Voraussetzungen hatten sie", klärt der Kanare, der etwa beim Transfer von Rexhe Bytici zu UD Las Palmas seine Finger im Spiel hatte, auf.

Nach mehreren misslungenen "Transaktionen" sah der einstige Restaurant-Besitzer vom Export ab und widmete sich fortan dem Import.

Mit Nacho fing es an

2008 war Nacho, wenn auch bei weitem nicht der erste Spanier in der Bundesliga, der erste, der über Oliva den Weg nach Österreich fand.

Es folgten Dutzende Landsmänner des Flügelstürmers, der mit bereits über 100 Bundesliga-Einsätzen Rekordspieler der iberischen Legionäre ist.

Das System ist stets dasselbe: Ein Klub ist auf der Suche nach einer Verstärkung und wendet sich an die Agentur, die Oliva gemeinsam mit seinem 63-jährigen Geschäftspartner gegründet hat.

Dank eines weit verzweigten Scouting-Systems ist das Duo im Besitz einer Liste, auf der sich viele talentierte Fußballer befinden.

In den Niederungen der Segunda B tummeln sich zahlreiche potentielle Auswanderer mit einer hervorragenden Ausbildung und nicht selten einem großen Vereinsnamen im Lebenslauf.

Auge auf den Charakter

"Unsere Geschäfts-Philosophie ist Disziplin. Wir sprechen vorab mit den Spielern, beschaffen uns alle Informationen und machen uns so ein genaues Bild, bevor wir jemanden nach Österreich vermitteln. Wir sind nicht auf das schnelle Geld aus, sondern auf einen Verbleib des Spielers zum Wohle beider Seiten", erläutert der "Fädenzieher" die Sichtweise seiner Arbeit.

Durchaus kein leichtes Unterfangen angesichts der von ihm getätigten Definition des "typischen Spaniers":

"Der spanische Fußballer ist sehr familiär. Jedes Problem beeinflusst ihn stark. Er braucht seine Streicheleinheiten und Wertschätzung."

Persönliche Betreuung

Um diese "Streicheleinheiten" kümmert sich der Familienvater oftmals selbst. Der intensive persönliche Kontakt steht im Vordergrund

"Nach den Partien rufen mich die Spieler an und ich rufe sie an. Vor allem nach schlechteren Spielen. Wenn die Dinge gut laufen, brauchst du eh keine Unterstützung", erklärt der "Aushilfs-Mentalcoach".

Abgesehen von den beiden Spaniern im Dienste von RB Salzburg wurden alle Kicker von Oliva vermittelt, was diese Betreuung zeit- und kostenintensiv werden lässt: "Meine Telefonrechnung ist enorm."

"Österreich ist eine Vitrine"

Dass die Erfolgsquote bei den Spaniern bei "knapp 98 Prozent" liegt, hat auch mit dem oft betonten guten Umfeld in Österreich zu tun.

Die Spieler leben mit ihren Familien in Ruhe und erhalten regelmäßig ihr Gehalt. Eine Tatsache, die im hoch verschuldeten spanischen Fußball schon Jahre vor der Wirtschaftskrise nicht immer der Fall war.

Neben dem geregelten Einkommen ist auch die günstige Lage ein klares Plus. "Österreich ist eine Vitrine für die englische oder deutsche Liga", benennt Oliva die Sprungbrett-Funktion der Bundesliga.

Selbst die Rückkehr in die Heimat ist so durchaus eine Option. Schon jetzt erkundigen sich Vereine aus "La Liga" regelmäßig nach dem Befinden einiger der "verlorenen Söhne".

Sollte der eine oder andere den Sprung tatsächlich schaffen, wäre das auch ein gutes Zeichen für den österreichischen Fußball.

Und Angst um einen Qualitätsverlust muss man sich nicht machen, denn Olivas Liste ist lang...


Christian Eberle