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"Ich will mir einfach diese Sicherheit behalten"

Gerhard Schweitzer ist Freitagabend kurz angebunden. Eine Spielbeobachtung steht an.

Für LAOLA1 nimmt sich der interimistische Trainer der SV Ried am Telefon kurz Zeit. Das Gespräch ist für eine Zeit von sieben Minuten veranschlagt. Letztlich dauert es fast neun.

Zu oft muss hinsichtlich seiner Zukunft nachgehakt werden.

Die Vorgeschichte wurde diese Woche oft genug durchgekaut. Cheftrainer Paul Gludovatz wird die Oberösterreicher mit 31. März verlassen, de facto ist der 65-Jährige schon nicht mehr im Verein tätig.

Nur interimistisch

Der Burgenländer übernimmt ab 10. April das Amt des Geschäftsführers Sport beim regierenden Meister Sturm Graz. Schweitzer („Es geht nicht um mich“) ist seit Anfang der Woche und bis Saisonende Cheftrainer der SV Ried.

Und dann? Eines ist klar, der 48-Jährige wird dieses Amt 2012/13 nicht mehr bekleiden.

„Es ist ganz einfach“, fängt der langjährige Gludovatz-„Co“ seine Ausführungen an. „Ich habe als Chef- und als Co-Trainer um die 250 Spiele in Ried miterlebt, habe den Europacup mitgemacht. Ich weiß aber nur zu gut, was es bedeutet, wenn nach zwei, drei Monaten der Misserfolg eintritt.“

Schweitzer will im Innviertel nichts riskieren. Schließlich arbeitet der Oberösterreicher. Nicht nur im Fußball, sondern auch im „normalen“ Leben – in der Lenzing AG, 37 Stunden die Woche.

„Ich will mir einfach diese Sicherheit behalten. Ich will dann nicht im Oktober von Vorarlberg bis nach Wien fahren müssen, um die Präsidenten um einen Cheftrainer-Posten bitten zu müssen. Das brauche ich mir nicht anzutun, warum?“, erklärt Schweitzer.

„Entscheidung ist zu akzeptieren“

Für den akribischen Arbeiter der zweiten Reihe gibt es zwei Möglichkeiten. In erster Linie der Verbleib in Ried als Co-Trainer samt weiterer Tätigkeit in Lenzing.

Das Angebot zur Vertragsverlängerung liegt dahingehend seitens der Innviertler vor. Manager Stefan Reiter hätte ihn auch gerne als Chefcoach gesehen, „aber seine Entscheidung ist zu akzeptieren.“

Hier sind die Würfel noch nicht gefallen, denn Schweitzer hat sich zwei, drei Wochen Bedenkzeit erbeten.

„Ich möchte diese, denn vielleicht gibt es bei einem anderen Klub eine Möglichkeit. Wenn ja, dann überlege ich mir das. Wenn nein, dann weiß Stefan Reiter, dass ich bei ihm im Büro stehe.“

Sturm mit seinem langjährigen Kollegen und Freund, Paul Gludovatz, könnte eine Möglichkeit sein. Oder woanders Mann in der ersten Reihe zu werden?

„Das wäre dann eine andere Art der Entscheidung, nämlich Profi-Cheftrainer zu werden. Dafür muss dann alles passen“, hält Schweitzer fest.

In Ried jedenfalls nicht. Dort, wo er alles und jeden in- und auswendig kennt. Dort, wo ein Wiedereinstieg als Cheftrainer ein leichtes wäre. Wirklich nicht?

„Ich kann mir vorstellen, irgendwo außerhalb von Ried Cheftrainer zu sein. In Ried nicht, weil ich hier aufgrund der Nähe in der Lenzing AG weiter arbeiten will. Das kann ich hervorragend kombinieren.“

Fehlt der Mut zum Risiko?

Am Samstag wird er dieses Amt wie schon am Mittwoch beim 2:1-Sieg gegen die Admira auch in Wiener Neustadt interimistisch ausüben. Wie die restlichen neun Spiele danach ebenso.

Interessant wird es, sollte sich bis Saisonende dauerhafter Erfolg einstellen. Nicht zu vergessen: Ried liegt aktuell auf Rang drei und hat nur fünf Punkte Rückstand auf Platz 1 – trotz Frühjahr-Fehlstarts.

Doch für Schweitzer ist diese Entscheidung gefallen, „und die muss ich nicht revidieren.“ Auch wenn die Rieder Fans ihn nur allzu gerne als Cheftrainer in der Saison 2012/13 sehen würden.

 Bleibt nur mehr die Frage: Fehlt hier nicht ein wenig der Mut zum Risiko?

„Nicht der Mut fehlt, der Verstand ist da.“

Alles gesagt.

 

Bernhard Kastler