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"ich möchte, dass wir uns noch besser präsentieren"

Die Nachfolge von Roger Schmidt als Trainer des FC Red Bull Salzburg anzutreten, war in diesem Sommer sicher nicht die leichteste Aufgabe, lag doch die Latte überaus hoch.

Die „Bullen“ wurden zuvor so früh wie noch nie (im März) österreichischer Meister, kamen international mit dem Erreichen des Europa-League-Achtelfinals so weit wie nie zuvor und spielten nicht zuletzt einen überaus attraktiven Fußball, der über die Landesgrenzen hinaus bekannt wurde.

Die Fußstapfen des nunmehrigen Leverkusen-Trainers waren groß. Das ließ Sportchef Ralf Rangnick kürzlich in seiner Bewertung der Arbeit von Adi Hütter einfließen.

Nicht die dankbarste Aufgabe

„Es ist immer dankbarer zu einem Verein zu kommen, der zuvor nicht seine beste Leistung gebracht hat. Aber das war nicht der Fall. Die Benchmark, die Roger Schmidt hinterlassen hat, war deutlich höher als die, die er hinterlassen hätte, wenn er schon nach dem ersten Jahr gegangen wäre. Wenn man das alles zusammennimmt und auch sieht, dass Adi noch ein junger Trainer ist und im Spitzenbereich vorher noch nicht gearbeitet hat, dann muss man klipp und klar sagen, dass er seine Sache bis jetzt gut gemacht hat“, hielt der Deutsche vor gut zwei Wochen bei LAOLA1 fest.

Das belegen auch die Zahlen. Salzburg hat zur Halbzeit der Bundesliga nur zwei Punkte weniger als in der vorangegangen Spielzeit, schoss dafür drei Tore mehr, kassierte allerdings auch sieben mehr.

In der Europa-League-Gruppenphase wurde wieder in souveräner Manier Platz 1 geholt, dieses Mal gab es fünf Siege und ein Remis. Vergangene Saison blieb man wie schon 2009 ohne Punktverlust.

Im Schnitt noch mehr Treffer

Im Spiel mit dem Ball wurde offensichtlich ein Sprung nach vorne gemacht, denn auch nach dem Abgang eines Top-Scorers wie Sadio Mane trafen die Salzburger wie am Fließband. Vor dem letzten Spiel am Sonntag gegen Rapid (16:30 Uhr) halten die „Bullen“ nun bei 107 Pflichtspiel-Treffern.

In 31 Partien. Der Schnitt im Vergleichszeitraum wurde von 2013 (3,0) auf 2014 (3,4) noch einmal erhöht. Zwar verpasste Salzburg das große Saison-Ziel namens Champions League, an dem Hütter mit seiner unglücklich gewählten Aufstellung in Malmö einen Anteil hatte, doch kratzte man auch nach dem offensichtlichen Hangover die Kurve mit Systemumstellung schließlich eindrucksvoll.

Hütter zeigt sich in seiner Retrospektive auch selbstkritisch, vor allem aber stolz: „Es wurde im letzten Jahr sehr erfolgreich gearbeitet. Meine Aufgabe war es, in den relativ großen Fußstapfen eine eigene Spur zu gehen. Das ist mir vielleicht nicht immer ganz gelungen. Es ist mein erstes halbes Jahr als Salzburg-Trainer und wir haben trotz allem eines geschafft: Nach dem CL-Aus und drei Niederlagen in der Meisterschaft haben wir diese kleine Krise angenommen, den Gegenwind, der möglicherweise auch mir ins Gesicht blies, in Rückenwind umgewandelt.“

 



In der Krise blieb der Vorarlberger ruhig („Ich sehe das als große Herausforderung“), legte beim 2:1-Sieg in Wien gegen Rapid den Grundstein für die Wende. Es wurde nicht mehr so angepresst, wie noch eine Saison zuvor. Das lag auch mitunter am fehlenden Selbstbewusstsein in dieser Phase.

Hütter schraubte an den richtigen Stellen

Salzburg spielte abwartender und beim Erzrivalen so wieder eine gute Partie, die zu einem völlig verdienten Sieg führte. Seit diesem Zeitpunkt gab es nur noch eine Niederlage, eine bittere, aber ob der Belastung und des Verletzungspechs nachvollziehbare 1:4-Pleite in Altach, Hütters Heimatort.

Der 44-Jährige, der im Umgang mit den Spielern etwas distanzierter als sein Vorgänger ist, stellte nach dem Abgang von Sadio Mane schließlich auf ein 4-3-1-2 um, da kein Ersatz zugegen war und Massimo Bruno so auch besser zur Geltung kam. Auch das half merklich. Hütter schraubte an den richtigen Stellen und hatte damit sichtlich Erfolg. Auf manche Kritik war der Ex-Kicker eingestellt.

„Wir stehen hier nun mit acht Punkten Vorsprung in der Meisterschaft und haben uns in der Europa League souverän durchgesetzt. Dass zwischendurch Kritik aufgekommen ist, ist für mich ganz normal. Auch deswegen, weil es bei uns nicht reicht, gute Leistungen zu bringen und zu gewinnen, sondern wenn möglich, sollen wir das auch noch hoch tun. Das ist menschlich nicht möglich.“

Hütter hat in diesem Herbst bewiesen, dass ihm Salzburg keine Nummer zu groß ist. In der Winterpause kann er nun zeigen, dass er in den eigenen Fußstapfen weitere Schritte setzen kann.

Die Vorbereitung als große Chance

Nach den wichtigen drei Wochen mentaler und physischer Erholung („Die Spieler haben ihr Heimprogramm schon bekommen“) kann Hütter in fünf Wochen zeigen, was noch in ihm steckt.

„Ich freue mich auch schon auf die Winterpause. Deswegen weil ich sie dann fünf Wochen für mich habe. Dann möchte ich, dass wir uns noch besser präsentieren. Wir haben nämlich noch Luft nach oben“, so der Coach, der auf das Spiel gegen den Ball anspielt. „Da bin ich nicht ganz zufrieden.“

Salzburg will wieder Power-Fußball spielen, will die Gegner wieder dominieren. Zu Frühjahrsstart wird Kevin Kampl vielleicht nicht mehr dabei sein, wohl aber Valon Berisha nach Kreuzbandriss. Andre Ramalho wird aller Voraussicht nach auch noch im Frühjahr in Salzburg spielen.

Die Vorbereitung darauf ist für Salzburg eine große Chance - vor allem aber für Adi Hütter.

 

Bernhard Kastler