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"Im Endeffekt habe ich ein Jahr verschissen"

Es ging auf der Karriereleiter steil bergauf.

Mit 19 Jahren nahm Samuel Radlinger von der SV Ried Abschied, um beim deutschen Bundesligisten Hannover 96 sein Glück zu wagen.

In dem Alter auf der Ersatzbank Platz nehmen zu können, durfte durchaus als Erfolg verzeichnet werden, zudem durchlief der Oberösterreicher diverse ÖFB-Nachwuchsteams.

Bis sein Aufstieg jäh gestoppt wurde. Über sein Leih-Engagement beim SK Rapid sagt Radlinger gegenüber LAOLA1: „Im Endeffekt habe ich ein Jahr verschissen.“

Zu wenig für Radlingers Ansprüche

Tatsächlich verbindet der U21-Teamtorhüter rein sportlich keine sonderlich positiven Erinnerungen mit den Grün-Weißen.

In lediglich einem Pflichtspiel durfte er sein Können unter Beweis stellen, fünf Mal tauchte der Keeper sogar in der Regionalliga für die Amateure ab.

Zu wenig für die Ansprüche Radlingers, der mit dem klaren Ziel nach Wien übersiedelte, sich über kurz oder lang als Nummer eins durchzusetzen.

„Natürlich ist das Jahr nicht so gut für mich verlaufen. Leider durfte ich mich nicht beweisen. Das ist schade, aber so ist der Fußball“, fasst das Torhüter-Talent zusammen.

Rückholaktion nach „verlorenem Jahr“

Hannover nahm von seinem Recht Gebrauch und holte Radlinger schon nach einem, statt der anvisierten zwei Jahre, zurück.

Schließlich gingen sowohl der Keeper selbst als auch sein Arbeitgeber mit anderen Erwartungen in das Leihgeschäft. Nämlich den Erwartungen, Spielpraxis zu sammeln.

„Es ist ein verlorenes Jahr. Es hilft eh nichts, das ist einfach zum Vergessen. Jetzt heißt es, ab Sommer wieder Vollgas zu geben und sich für höhere Aufgaben zu beweisen.“

Trotz allem kann sich der Rückhalt keine Vorwürfe machen und ist davon überzeugt, immer alles gegeben zu haben.

„Mit Novota ist klare Nummer eins gewachsen“

Das Problem war viel mehr, dass er zur falschen Zeit am falschen Ort war. Zu einer Zeit, in der Jan Novota zur klaren Nummer eins erklärt wurde.

„Oder wo eine klare Nummer eins gewachsen ist. Das trifft es, glaube ich, eher“, analysiert Radlinger die immer tragender werdende Rolle seines direkten Konkurrenten.

Radlinger war bei Rapid mittendrin, aber nur selten dabei

Novota gönnt er den Erfolg, auch wenn dieser unmittelbar mit dem Stagnieren der eigenen persönlichen Entwicklung zusammenhängt.

„Wir haben ein sehr gutes Verhältnis, wir wohnen im gleichen Haus und sind Nachbarn. Er ist ein sehr netter Mensch und ich bin sehr gut mit ihm zurecht gekommen. Es war gar nicht so, dass es einen Konkurrenzkampf außerhalb des Platzes gegeben hätte.“

Nachbarschaftliche Freundschaft statt auf Kriegsfuß

Durch das freundschaftliche Verhältnis war der Herausforderer jedoch hin- und hergerissen, meint aber selbst zu der Situation:

„Da gönnt man es dem anderen vielleicht noch ein bisschen mehr, als wenn ich mit Jan auf Kriegsfuß gewesen wäre.“

Zudem muss Radlinger selbst zugeben, dass es eigentlich keinen Grund gab, die über weite Strecken der Saison fehlerlose Nummer eins abzusägen.

„Jan hat halt immer gut gespielt. Ich denke mir selber, warum der Trainer kurzfristig was ändern hätte sollen. So hätte er sich nur selbst eine Baustelle aufgemacht“, so die ehrlichen Worte des Mitstreiters, der keinen Schuldigen für seine Misere suchen will.

„Das war schon ein bisschen komisch“

Trotzdem sah er sich „auf Augenhöhe“ und hätte sich in gewissen Situationen vielleicht die eine oder andere Chance mehr ausgerechnet.

Zum Beispiel nachdem er sich im Dezember beim 0:0 gegen Wiener Neustadt, seinem einzigen Pflichtspieleinsatz für Rapid, nichts zu Schulden kommen ließ.

„Ich hätte mir eigentlich schon erwartet, dass ich die letzten zwei Spiele vor dem Winterurlaub zum Einsatz komme, aber gegen Sturm habe ich einfach wieder nicht gespielt. Das war schon ein bisschen komisch.“

Ausweichmöglichkeiten, um aufzuzeigen, fielen mit dem frühen Aus in der ersten Runde des ÖFB-Cups weg.

Feedback nur über Umwege

Ab und zu hätte sich Radlinger mehr Feedback erhofft. Doch anstatt zu erfahren, was er verbessern könnte, ließ die Kommunikation scheinbar zu wünschen übrig.

„So viel ist mit mir nicht geredet worden. Das ist eher über meinen Berater gegangen, von dem ich erfahren habe, was er mit dem Coach und Tormanntrainer Raimund Hedl besprochen hat.“

Im Team, unter Kollegen und in Wien fühlte er sich stets wohl, genoss die Wohnungslage zwei Minuten vom Stadion entfernt und die Nähe zu seiner Familie.

Doch um die weitere Karriereplanung voranzutreiben, muss er wohl wieder in die Ferne schweifen.

Hannover-Vertrag bis 2017 gibt Hoffnung

In Hannover besitzt er immerhin noch einen langfristigen Vertrag bis 2017.

„Es ist auf jeden Fall einmal gut, dass ich noch einen längeren Vertrag habe. Das hat mir auch gezeigt, dass sie auf mich bauen und gibt mir Selbstvertrauen. Das ist das, was mir noch Hoffnung gibt.“

Zwar stand Radlinger immer wieder in Kontakt mit Tormanntrainer Jörg Sievers. Wie genau in Zukunft mit ihm geplant wird, auch ein erneutes Leihgeschäft ist im Bereich des Möglichen, weiß der 21-Jährige jedoch noch nicht.

Fakt ist, dass der Jungspund das „verschissene Jahr“ schnell abhaken muss, damit es auf der Karriereleiter schnell wieder bergauf geht.


Alexander Karper