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"Die Zeit müssen uns die Leute geben"

Ein Jahr ist es her, da machte das geflügelte Wort "Kernöl-Tiki-Taka" in Graz die Runde.

Euphorisch fieberte die steirische Landeshauptstadt dem Saisonstart entgegen. Die Erwartungshaltung war groß: Auf nichts weniger als erfolgreichen und schönen Fußball waren die Fans des SK Sturm eingestellt.

Nicht unbeteiligt an der Aufbruchstimmung war der damalige Trainer Peter Hyballa. „Mit Aussagen von offensivem und attraktivem Fußball will ein Trainer ja auch etwas auslösen bei den Zuschauern. Wichtig ist, dass diese Sprechblasen mit Inhalt gefüllt werden“, verdeutlichte der Deutsche. Gerade am Inhalt fehlte es in der Folge allerdings, Hyballas Sprechblasen blieben leer.

Im Sommer 2013 befindet sich Sturm in einer ähnlichen Situation wie zwölf Monate zuvor. Ein neuer Coach hat das Zepter übernommen und Sturm wird ein Übergangsjahr bescheinigt. Diesmal werden in Graz vor dem Saisonstart aber zurückhaltendere Töne angeschlagen und Zeit für die Entwicklung der Mannschaft eingefordert.

Milanic will mehr

Auf starke Sprüche verzichtet der sachliche Coach Darko Milanic, stattdessen legt er immer wieder den Finger in die Wunde und fordert permanente Weiterentwicklung seiner Spieler.

Selbst ein Testspiel-Sieg gegen Paris St. Germain entlockt dem Slowenen keinen vorpreschenden Sager, wichtiger ist es ihm, auf das einzugehen, was sich noch verbessern muss. „Wir haben Fortschritte gemacht, aber wir haben auch von Anfang an sehr ängstlich gespielt. So etwas will ich nicht mehr sehen, dass meine Mannschaft Angst hat zu spielen“, fordert Milanic mehr Mut von seiner Truppe.

Milanic will seine Mannschaft mutiger sehen

Jenen, die durch den Sieg über PSG möglicherweise die Bodenhaftung zu verlieren drohen, schiebt Hölzl gleich einen Riegel vor. „Man soll jetzt nach einem Sieg nicht nur jauchzend herumrennen. Wir wissen, wie wir den Erfolg einzuordnen haben und müssen weiter Gas geben im Training, weiter zusammenwachsen“, mahnt der Tiroler zum Realismus.

Die Rückkehr der Enttäuschten

Nach, auch verletzungsbedingt, nur 18 Einsätzen in der vergangenen Spielzeit, blickt Hölzl einer besseren Saison entgegen: „Wenn ich meine Leistung bringe, bin ich davon überzeugt, dass ich in der Stammelf sein werde, aber man darf nicht locker lassen und muss immer Gas geben. Das habe ich im vorigen Jahr versucht und das werde ich auch heuer wieder versuchen.“

In dieser Saison wieder voll angreifen will auch Christian Gratzei. Der Keeper hatte im Vorjahr unter Hyballa seinen Stammplatz verloren, präsentierte sich in den letzten Testspielen aber in starker Form und so darf sich der Kapitän Hoffnungen machen, als Nummer eins zu starten.

„Ich habe auch letzte Saison mein Bestes gegeben, aber das wurde eben anders gesehen. Es gab viele Dinge, aber das ist vorbei, ich schaue nicht auf die Vergangenheit, für mich zählt nur die aktuelle Mannschaft“, lässt der 31-Jährige das Geschehene ruhen.

Auch der Routinier sieht sein Team noch nicht bei einhundert Prozent angekommen und weiß, dass noch viel Arbeit auf ihn und seine Kollegen zukommt. „Wir haben einen Schritt nach vorne gemacht, aber wir sind noch lange nicht am Ziel, wir müssen uns jeden Tag im Training neu beweisen. Wir haben viele neue Spieler und einen neuen Trainer, es braucht Zeit, bis sich alle zurechtfinden.“

Stürmer-Duo macht Hoffnung

Zwar zeigt sich der Coach mit der Kompaktheit in der Defensive und dem Kampfgeist seiner Mannschaft zufrieden, die spielerische Komponente ist für ihn aber noch nicht befriedigend. „Ich will, dass meine Mannschaft spielt. Wenn man immer wieder Angst hat und zurückspielt, dann ist das nichts. Es waren schon gute Momente dabei, wir waren auch effizient, aber ich will mehr.“

Um die Qualität seiner Spieler macht sich der 45-jährige dabei keine Sorgen. Die Defizite sieht Milanic im mentalen Bereich begründet: „Ich weiß, dass sie es können, das zeigen sie im Training. Aber ich weiß auch, dass Training etwas anderes ist. Darum müssen wir weiter arbeiten, dann werden wir auch mental stark sein. Im Moment sind war das noch nicht.“

„Nicht nur jauchzend herumrennen“

Mit Erfolgserlebnissen, ist sich Milanic sicher, kommt die spielerische Leichtigkeit aber von selbst. „Siege sind die beste Medizin, wir müssen weiter gewinnen, dann wird das immer besser“, kennt er das richtige Rezept.

Dass es aber dauern kann, bis sich das Team mit den zahlreichen Neuzugängen und dem neuen Trainer findet, ist den Spielern klar, daher fordern sie auch Geduld aus dem Umfeld. „Das braucht alles seine Zeit, aber die müssen uns die Leute geben“, hofft Andreas Hölzl auf die notwendige Ruhe im und um den Verein, die sich auch Franco Foda im Gespräch mit LAOLA1 für seinen Ex-Klub wünscht.

Zwei die sich bereits gefunden haben sind die Neuzugänge Marco Djuricin und Robert Beric. Insgesamt erzielten die beiden in der Vorbereitung sechs Treffer und auch die Harmonie im neu formierten Angriffsduo scheint, nach nur wenigen gemeinsamen Spielen, zu stimmen.

Speziell gegen Paris St. Germain klappte das Zusammenspiel schon recht gut. „Natürlich müssen wir noch an den Abläufen arbeiten, aber wir haben uns schon besser verstanden. Es wird von Tag zu Tag besser“, erklärt Djuricin.

Der Slowene und der ehemalige Deutschland-Legionär scheinen auf einer Wellenlänge zu liegen. „Er ist ein sehr guter Spieler“, streut Beric seinem Sturm-Partner Rosen, „und wir sind auch zusammen sehr gut.“

Beric und Djuricin, das passt auf Anhieb und das ist einer jener Punkte, die in Graz Hoffnungen auf eine gute Saison weckt. Auch wenn man weiß, dass die Mannschaft Zeit braucht.

 

Christoph Kristandl